Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
davon.«
»Das erwähnten Sie bereits am Telefon.« Thomas Gabrillani wischte sich einige Schweißtropfen von der Stirn. »Aber wieso ist unsere Befragung so dringend? Und was genau hat mein Vater mit den Morden zu tun? Halten Sie den todkranken Mann etwa für den Täter?«
»Natürlich nicht. Allerdings gibt es einen Zusammenhang zwischen ihm und den Opfern.«
»Der da wäre?«, schaltete sich nun seine Schwester ein, die Pielkötter ziemlich exaltiert vorkam. Über den angemessenen Zeitraum für schwarze Kleidung ließ sich streiten, aber ihr schrilles Outfit wenige Tage nach der Beerdigung eines so nahen Verwandten fand er schon etwas gewöhnungsbedürftig. Zudem erschienen ihm ihre High Heels durchaus mordwaffentauglich.
»Nun, Ihr Vater hat die beiden Opfer nicht nur gekannt, er besaß auch den gleichen Narbenkreis mit denselben Buchstaben wie sie.«
Schweigend sahen sich die Geschwister an, als endlich Barnowski den Raum betrat.
»Wenn ich wählen darf, nehme ich die Dame mit«, erklärte er, ohne sich vorzustellen, dafür aber mit einem breiten Grinsen. An scheinend kam der Spruch bei Belinda Gabrillani sogar gut an. Jedenfalls erhob sie sich mit einem Lächeln und folgte Barnowski in den Nebenraum.
»Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte Pielkötter, nachdem die Tür sich geschlossen hatte.
»Nein danke, ich hoffe, es dauert nicht so lange. Schließlich muss ich noch zur Arbeit zurück, und meine Firma liegt in der Es sener Innenstadt.«
Pielkötter ging nicht darauf ein. »Wissen Sie, ob Ihr Vater Feinde hatte? Oder hat ihn vielleicht etwas belastet?«
»Natürlich hat ihm die Krankheit Sorgen bereitet«, erwiderte Thomas Gabrillani traurig. »Wie fühlt man sich schon, wenn man weiß, dass man nicht mehr lange zu leben hat? Feinde hatte er jedenfalls nicht. Und ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass er etwas mit den Morden zu schaffen gehabt hat.«
»Genau das möchten wir herausfinden«, erklärte Pielkötter in äußerst sachlichem Ton. »Wann haben Sie Ihren Vater übrigens zum letzten Mal vor seinem Tod gesehen?«
»Am Tag zuvor. Ich war nachmittags für etwa zwei Stunden bei ihm.«
»Deutete da schon etwas auf den nahen Tod hin?«
»Laut Auskunft seiner Ärzte mussten wir jederzeit mit seinem Ableben rechnen. Deshalb fiel es mir auch schwer, einen Tag später auf eine Dienstreise zu gehen. Aber dazu ist es sowieso nicht mehr gekommen. Ich war noch in der Firma, als der Anruf vom Krankenhaus mich erreicht hat.«
»Wie war eigentlich das Verhältnis zu Ihrem Vater?«, fragte Pielkötter, während er sein Gegenüber genau beobachtete.
»In der letzen Zeit wirklich gut«, erklärte Thomas Gabrillani, wobei er offensichtlich vermied, ihn anzusehen. »In früheren Jahren gab es natürlich gewisse Spannungen, aber das ist wohl normal.«
»Und wie standen Ihre Schwestern zu ihm?«
»Offen gestanden war ihr Verhältnis zu unserem Vater nicht so gut«, antwortete er nach einer kleinen Pause.
»Woran lag das?«
Thomas Gabrillani zuckte mit den Schultern. »Am besten erkundigen Sie sich selbst bei meinen Schwestern danach.«
»Wissen Sie, was ich seltsam finde?«, fragte Pielkötter mit durchdringendem Blick. »Sie haben mich überhaupt nicht nach den Namen der beiden Mordopfer gefragt.« Zeigte sich in Gabrillanis Miene der Anflug von Unsicherheit oder bildete er sich das nur ein?
»Warum sollte ich?«, antwortete er nach einigen Sekunden mit einer Gegenfrage. »Der Kommissar, der vorhin hier war, hat mir die Namen am Telefon genannt. Und zwar, als wir diesen Termin vereinbart haben. Übrigens kannte ich keinen der beiden. Deshalb habe ich sie auch wieder vergessen. Selbst wenn ich sie jetzt noch einmal hören würde, fiele mir dazu nichts ein. Diese angeblichen ehemaligen Freunde hat mein Vater nie erwähnt.«
»Seltsam, oder nicht?«
Thomas Gabrillani zuckte erneut mit den Schultern. »Mein Vater war schon recht introvertiert«, erklärte er schließlich. »Deshalb hatte er auch kaum Kontakte. Das haben Sie ja mit eigenen Augen auf der Beerdigung gesehen.«
Aha, dachte Pielkötter, er hat mich also während der Beisetzung registriert. Kein Kunststück bei einer so überschaubaren Trauergemeinde.
Plötzlich klopfte es an der Tür, und nach einem kurzen »Ja«, streckte Barnowski seinen Kopf mit dem dunklen Haarschopf herein. »Chef, ich bin fertig mit der Befragung.«
»Okay, dann können Sie jetzt auch gehen«, erklärte Pielkötter seinem Gegenüber. »Falls Ihnen noch etwas
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