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Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet

Titel: Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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finden«, erwiderte er schnell.
    »Sicher. Leider vergleiche ich alles mit meiner langjährigen Arbeit für die Martinis. Aber jetzt reden wir nicht mehr von mir. Wie geht es Ihnen?«
    Verflixt, dachte Pielkötter, wann hat man mir diese Frage zum letzten Mal gestellt? Bin etwas aus der Übung, darauf eine konkrete Antwort zu liefern, besonders eine, die den Anforderungen genügt. »Wir haben wieder Ärger mit einem Serienmörder«, erklärte er, nachdem er einige Sekunden gezögert hatte. »Sicher haben Sie davon schon in der Zeitung gelesen. Aber am besten lassen wir dieses Thema.«
    Einerseits beabsichtigte er nicht, sie mit seiner Arbeit zu langweilen, andererseits hegte er in solchen Situationen immer die geheime Angst, zu viele Details preiszugeben.
    »Immerhin haben Sie wenigstens einen ordentlichen Beruf«, erwiderte Katharina Gerhardt. »Darum beneide ich Sie. Manchmal denke ich, dass ich in meinem Leben ziemlich viel falsch gemacht habe.«
    Neugierig und offenherzig zugleich sah Pielkötter ihr in die Augen.
    »Ich habe einmal Sprachen studiert«, erklärte sie zu seinem Erstaunen, »Spanisch und Italienisch. Hab das Studium aber leider nach der Hälfte abgebrochen. Wegen eines Austauschstudenten.« Seufzend führte sie ihre Kaffeetasse zum Mund. »Nach einem Semester Sehnsucht und unendlich vielen Liebesbriefen bin ich Alessandro nach Italien gefolgt«, fuhr sie fort. »Ein gutes Jahr später haben wir uns getrennt. Anschließend war es nicht gerade einfach, in Deutschland erneut Fuß zu fassen.«
    »Haben Sie denn Ihr Studium nicht wieder aufgenommen?«
    »Wahrscheinlich hätte ich mit den Schwierigkeiten fertigwerden können, aber ich habe es leider nicht versucht. Habe mich aus lauter Enttäuschung völlig zurückgezogen. Leider haben meine Eltern mich überhaupt nicht unterstützt. Meinen Abgang nach Italien haben sie mir nie verziehen.«
    »Und wie sind Sie dann an Ihre ehemaligen Arbeitgeber, die Martinis, geraten?«, fragte Pielkötter neugierig. »Vor allem mit ei ner Stelle als Haushälterin.«
    Jetzt zeigte sich wieder ein Lächeln auf ihrem Gesicht. »Über ihre Modefirma. Manchmal hatten die Martinis auch mit Kunden aus dem Ausland zu tun. Deshalb brauchten die einen Dolmetscher. Leider fiel dabei nicht so viel Arbeit an, dass sie dafür extra eine Stelle geschaffen hätten.« Katharina schob sich ein Stück Kuchen in den Mund. Pielkötter hätte ihr ewig einfach nur beim Kauen zuschauen können. »Wegen des fehlenden Abschlusses hatte ich schon etliche Absagen kassiert, als ich endlich an die Martinis ge riet«, erklärte sie. »Weil ich mit dem Dolmetschen bei ihnen nicht genug für meinen Lebensunterhalt verdienen konnte, haben sie mir zusätzlich eine Stelle in ihrem Haushalt angeboten. Ein wirklich guter Job. Eigentlich habe ich nur eingekauft und gekocht. Zum Putzen, Waschen und für den Garten hatten sie anderes Personal.«
    »Warum nehmen Sie das Studium jetzt nicht wieder auf?«, fragte Pielkötter.
    »Mit fast fünfzig?«
    »Warum nicht? Für die meisten Dinge ist man in diesem Alter noch jung genug.«
    Eine leichte Röte überzog ihr Gesicht und verriet, dass sie wuss­te, woran er dabei hauptsächlich gedacht hatte.
    »Mögen Sie noch ein Stück Apfelkuchen und etwas Kaffee?«, fragte sie, während die Röte langsam wieder verschwand.
    »Gern. Der Kuchen schmeckt zu köstlich.«
    Während er ihr seinen Teller hinhielt, berührten sich kurz ihre Hände. Diese kleine Geste weckte in Pielkötter unerwartete Emo tionen. Sie faszinierten und erschreckten ihn zugleich. Selten hatte er sich so hilflos gefühlt. Dieses unschlüssige Pendeln zwischen den widerstreitenden Polen Gefühl und Verstand war ihm fremd. Reiß dich zusammen, rief er sich zur Räson. Sonst bist du doch auch in der Lage, eindeutige Entscheidungen zu fällen und zu den Konsequenzen zu stehen. Warum versagte alle Erfahrung in diesem Fall? Eigentlich kannte er die Antwort ganz genau. Weil es hier nicht um seinen Beruf, sondern um sein Privatleben ging. Alles in ihm sehnte sich nach Katharinas Nähe, aber er war schließlich verheiratetet, selbst wenn er davon in den letzten Monaten nicht gerade viel gespürt hatte.
    »Nach Alessandro habe ich mich sehr lange von allen Männern zurückgezogen«, erklärte Katharina und sah ihm nun direkt ins Gesicht.
    Plötzlich hatte Pielkötter es sehr eilig, die letzten Bissen seines Kuchens aufzuessen. Auf keinen Fall wollte er heute eine Entscheidung fällen. Er brauchte Ruhe, musste

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