Im Kreis des Wolfs
ihr erzählt, dass er am Morgen im Laden gewesen war. Die Arme konnte Eleanors Haltung immer noch nicht so recht verstehen. Betrogene Frauen wollten sich doch an der Rivalin rächen, ja sie sogar umbringen. Eleanor wusste, dass Ruth ihr noch immer mit Misstrauen begegnete,weil sie alles so gelassen hingenommen hatte. Es war ihr ein Rätsel, dass weder ihre Freundschaft noch – was viel wichtiger war – ihre Geschäftsbeziehung bedroht zu sein schienen. Und das freute Eleanor um so mehr.
Dabei hatten sie seit jenem Tag, an dem Eleanor ihr mitteilte, dass sie Bescheid wisse, nicht mehr über Ruths Affäre mit Buck gesprochen. Schließlich war zu diesem Thema alles gesagt. Manchmal schämte sie sich ein wenig, wie sie die Sache zur Sprache gebracht hatte, dass sie Ruth einfach so rundheraus gefragt hatte, wie lange sie schon mit ihm schlafe. Eleanor war damals nicht ganz ehrlich gewesen, hatte sie doch schon mit ziemlicher Sicherheit gewusst, dass die Affäre fast vorbei war.
Sie musste Ruth zugute halten, dass sie nichts abgestritten hatte. Doch sie fragte Eleanor, wie sie dahintergekommen sei.
»Sie waren doch selbst mal verheiratet, oder?«, fragte Eleanor.
»Ja.«
»Wie lange?«
»Ungefähr fünf Minuten.«
»Nun, das ist vielleicht nicht lang genug. Doch nach einer Weile weiß man bestimmte Dinge einfach. Und, Ruth, ich hatte viel Zeit, mir darüber Gedanken zu machen.«
Sie ersparte ihr die Details, wie sie es herausgefunden hatte. Wie ihr an jenem ersten Tag, an dem sie in den Laden gekommen war und Ruth angeboten hatte, ins Geschäft einzusteigen, deren Geruch so seltsam vertraut erschienen war und sie später dann begriffen hatte, dass es derselbe Geruch war, der Buck anhaftete, wenn er nach Hause kam und auf Zehenspitzen durchs Schlafzimmer schlich. Wie sie an jenem Abend vor Ruths Haus seinen Wagen gehört und später dann eine seiner Zigarren in der Auffahrt gefunden hatte.
»Er hat immer irgendwo eine Frau«, fuhr Eleanor fort. »Manchmal auch mehrere gleichzeitig. Allerdings weiß ich meist nicht, wer es ist. Ehrlich gesagt, Ruth, interessiert mich das auch nicht mehr.«
»Das glaube ich nicht.«
»Aber es stimmt. Natürlich hat es mir zuerst was ausgemacht. Und als ich drüber weg war, machte es mir was aus, wenn die Leute Mitleid mit mir hatten, wo ihnen doch eigentlich Buck hätte leid tun sollen. Aber selbst das lässt mich heute kalt. Von mir aus können die Leute reden, was sie wollen.«
»Warum bleiben Sie bei ihm?«
Eleanor zuckte die Achseln. »Wo sollte ich sonst hin?«
Die arme Ruth war ziemlich erschüttert. Und obwohl ihr Eleanor versichert hatte, dass ihre geschäftliche Beziehung davon unberührt blieb, behandelte Ruth sie seither mit Vorsicht und Respekt. Als sie nach dem Weihnachtsmarkt wieder beide im Laden waren, hatte Ruth ihr, während Kathy den Kleinen im Badezimmer wickelte, im Flüsterton mitgeteilt, dass Buck dagewesen sei und worüber sie geredet hatten.
Also wusste er jetzt, dass Eleanor über seine Affäre im Bilde war. Und während sie das Abendessen zubereitete, musste sie bei dem Gedanken daran, wie ihm jetzt zumute war, vergnügt lächeln.
Es sollte noch eine Stunde dauern, bevor sie seinen Wagen hörte. Als er hereinkam, deckte sie gerade den Tisch. Sie blickte auf und sah, wie zerknirscht, gereizt und blass er aussah.
»Hier riecht es aber gut«, sagte er.
Eleanor lächelte und erklärte ihm, es gebe Fischpastete.
27
Sie hatten sich nur geküsst. Geküsst, einander in ihrem Bett im Arm gehalten und geredet, bis das fahle Morgenlicht durchs Fenster drang. Das war alles. Was sollte daran schlimm sein?
Mit dieser Frage schlug sich Helen herum, seit Luke am Abend zuvor nach Hause gefahren war und sie in der Hütte mit immer stärker werdenden Schuldgefühlen zurückgelassen hatte. Ihre Bedürfnisse und die von Luke, das sagte sie sich immer wieder, waren gleich gewesen. Und wenn jeder von ihnen Trost in dem gefunden hatte, was geschehen war, warum nicht? Wie konnte so ein bescheidener Altersunterschied und, nun ja, ein gewisser Erfahrungsunterschied daran etwas ändern?
Fast gelang es ihr, sich zu überzeugen.
Joel hatte ihr mal gesagt, dass sie ihren Abschluss offenbar im Fach Schuldgefühle und nicht in Biologie gemacht hatte und dass ihre wahre Berufung eigentlich im Bauwesen liege, da sie so geschickt darin sei, Gefängnisse für sich zu errichten. Luke war ihr da, wie sich herausstellte, ziemlich ähnlich.
Während sie sich an jenem Abend
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