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Im Kreis des Wolfs

Im Kreis des Wolfs

Titel: Im Kreis des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Evans
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erbracht.
    Er schien der Auffassung zu sein, dass Helen die Wölfe persönlich in Hope freigelassen habe, und zwar im Rahmen eines geheimen Regierungsprogramms, dessen Ziel es war, Wölfe zu züchten und auf das Reißen von Kälbern zu spezialisieren, damit die Rancher arbeitslos wurden und die Regierung ihr Land aufkaufen konnte. Er versuchte, sie zudem Eingeständnis zu bewegen, dass er sie beim Herumschnüffeln auf seinem Grund und Boden erwischt habe, wo sie zum Zweck einer künftigen Landübernahme eine heimliche Vermessung durchführte. Außerdem bezeichnete er sie als »lästiges Miststück«, womit er sich vom Richter eine ernste Verwarnung einhandelte. Helen nahm all dies mit höflicher Zurückhaltung und ohne eine Miene zu verziehen hin.
    Buck Calder tat sein Bestes, um Abe ins rechte Licht zu rücken, bestätigte sein Geschick als Rancher, sein gutes Verhältnis zu den Nachbarn sowie generell seinen untadeligen Charakter. Doch Abe war nicht zu helfen. Er lehnte es ab, selbst als Zeuge auszusagen, und erklärte den Geschworenen in seiner Abschlussrede stolz, er habe den Wolf absichtlich getötet. Mehr habe ihm die Anklage auch nicht nachzuweisen. Er schloss dann mit den Worten, dass es ihm leid tue, nicht auch noch den anderen Wolf sowie ein paar von diesen Wolffreaks umgebracht zu haben. Falls letzteres ein Scherz gewesen sein sollte, konnte Richter Watkins nicht darüber lachen.
    Draußen gingen die Straßenlampen an, und Dan sah zwei weitere Demonstranten, die ihre im Hagel längst unlesbar gewordenen Plakate senkten und aufgaben.
    »Dan!«
    Er drehte sich um und sah Helen, die über den Flur auf ihn zurannte.
    »Die Geschworenen kommen zurück«, sagte sie.
    Es dauerte nicht lange.
    Abe Harding wurde in allen Punkten der Anklage für schuldig befunden. Niemand schrie auf oder schluchzte. Ein paar seiner Fans murrten und schüttelten den Kopf. Abe starrte unverwandt zur Decke, während Willis Watkins ihm mit verhaltener Stimme vorwarf, viele tausend Dollar Steuergeldervergeudet zu haben. Das Urteilsmaß werde später verkündet, da noch einige Berichte abzuwarten seien. Als der Richter den Saal verließ, bestand keinerlei Zweifel daran, dass Abe mit mehreren Monaten Gefängnis und vermutlich einer hohen Geldstrafe zu rechnen hatte.
    Wes und Ethan Harding drehten sich um und starrten Helen böse an, doch entweder bemerkte sie ihre Blicke nicht, oder sie ignorierte sie.
    »Lass uns auf einen Drink gehen«, sagte sie leise zu Dan.
    Sie liefen schnell aus dem Gebäude, doch nicht schnell genug, um den Medienleuten zu entkommen, die sich auf wundersame Weise in der kurzen Zeit seit der Urteilsverkündung eingefunden hatten. Fernsehteams waren dabei, sowohl die Meinungen der vom Hagel durchnässten Demonstranten als auch die ihrer trockeneren, nicht gar so aufopferungswilligen Kollegen, die in ihren Autos gewartet hatten und sich nun wieder zu ihnen gesellten, einzuholen.
    »Mr. Prior? Mr. Prior?«, rief eine Frauenstimme.
    Es war Buck Calders Lieblingsreporterin.
    »Einfach nicht hinhören«, sagte Helen.
    Doch die Frau holte sie ein, und nur wenige Schritte hinter ihr befand sich ihr Kameramann. Dan erkannte am kleinen roten Punkt, dass er gefilmt wurde. Es machte sich nie besonders gut, wenn die Leute in den Lokalnachrichten sahen, wie man sich duckte und davonzulaufen versuchte. Also blieb er stehen, lächelte freundlich und hoffte, dass Helen es ihm gleichtat.
    »Ich hätte gern gewusst«, keuchte die Frau, »was Sie von dem Urteil halten?«
    »Nun, ich denke, der Gerechtigkeit ist Genüge getan worden, aber es ist kein guter Tag, weder für uns Menschen noch für die Wölfe.«
    »Finden Sie, dass Abe Harding ins Gefängnis gehört?«
    »Das muss ich zum Glück nicht entscheiden.«
    Die Frau hielt Helen nun das Mikrofon unter die Nase.
    »Was ist mit Ihnen, Miss Ross? Glauben Sie nicht, dass der Mann ein Recht darauf hatte, sein Vieh zu verteidigen?«
    »Dazu möchte ich keinen Kommentar geben«, erwiderte Helen.
    »Gehört er ins Gefängnis?«
    »Dazu möchte ich wirklich lieber nichts sagen.«
    »Wie haben Sie sich gefühlt, als er Sie ein ›lästiges Miststück‹ nannte?«
    »Wie würden Sie sich fühlen, wenn man Sie so nennt?«
    Dan schritt ein. »Wir müssen jetzt gehen. Vielen Dank.«
    Er schob Helen durch die Menge.
    »Warum suchen Sie sich nicht einen anständigen Job?«, schrie jemand, in dem Dan den Mann mit dem Waco-Plakat wiedererkannte.
    »He, wenn Sie mich einstellen wollen – ich steh

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