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Im Kreis des Wolfs

Im Kreis des Wolfs

Titel: Im Kreis des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Evans
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Grauschimmel, der sich ebenso stolz hielt wie sein Besitzer. Während er so in der frühen Morgensonne unter dem Hutrand hinab auf die Ebene blinzelte, dachte Buck wie so oft, dass sie beide ein prächtiges Bild abgeben mussten, das den alten Charlie Russell gewiss dazu verführen würde, nach seinem Pinsel zu greifen.
    Er blickte über die Bäume hinab auf die Spuren, die er und Clyde im Tau der Wiese hinterlassen hatten, und auf die der Kühe, die vor ihnen Reißaus genommen hatten. Dahinter erstreckte sich im Dunstschleier der niedrig stehenden Sonne das Tal in Richtung Hope. Nebelschwaden hüllten am Fluss die unteren Stämme der Pyramidenpappelnein. Ihre Blätter waren inzwischen gelb, und das Gras um sie herum war so fahl wie ein altes Elchfell.
    Buck liebte den Herbst. Die Zäune waren repariert, die Arbeit an den Bewässerungsgräben erledigt, und für den Augenblick schien alles getan. Das gab ihm eine kurze Atempause, um Bestandsaufnahme zu machen, ehe Mitte Oktober dann die Hektik des Verkaufens und Verladens der Kälber begann. In einigen Tagen würden sie die Herde zusammentreiben und dorthin bringen, wo er sie am liebsten sah, nämlich auf seinem eigenen Grund und Boden und nicht auf dem Terrain, das der Regierung gehörte.
    Dabei war das gepachtete Land keineswegs schlecht – ganz im Gegenteil. Bucks Pachtweiden waren die größten und grünsten, die es gab, und über den Preis konnte er sich auch nicht beklagen. Mit weniger als zwei Dollar pro Monat und Vieheinheit ließ sich eine Kuh sogar billiger als eine Katze durchfüttern, doch der Forest Service gab ihm stets das Gefühl, als täte er ihm einen Gefallen. Ständig wurden wegen dieser oder jener Sache neue Gesetze erlassen, und der Widerwille, den Buck und andere Rancher sowieso schon gegen die Forstverwaltung hegten, verstärkte sich dadurch noch.
    Buck wehrte sich aus Prinzip. Schon als Kommunalpolitiker war dies sein Lieblingsthema gewesen. Wie oft hatte er schon mit der Faust auf den Tisch gehauen und über den Skandal gewettert, dass die Bundesregierung ein so großes Gebiet des Westens ihr eigen nannte, Land, das er und seine Vorfahren mit ihrem Schweiß und Blut getränkt hatten. Sie waren es auch gewesen, die allen Hindernissen zum Trotz diese Wildnis kultiviert, Gras gesät und jene Filetsteaks geliefert hatten, die diese verdammten Federfuchser – ohne ein Wort des Dankes –in ihren schicken Restaurants in Washington, D.C., verzehrten.
    Die meisten Rancher dachten wie er, und eine Zeitlang hatte Buck geglaubt, er könne durch eine Kampagne die Dinge ändern; aber er brauchte nicht lange, um herauszufinden, dass dies nicht ging.
    Eben jene Halsstarrigkeit, die die Rancher hier draußen zum Überleben benötigten, machte es auch nahezu unmöglich, sie zu organisieren und unter einen Hut zu bringen. Man konnte sie dazu bewegen, ihm zuzustimmen, Petitionen zu unterschreiben, manchmal sogar dazu, einem Treffen beizuwohnen, doch tief drinnen hatten sie sich alle längst mit der Tatsache abgefunden, dass die Bewirtschaftung einer Ranch eine Strafe Gottes war, um die Menschen die Bedeutung des Wortes Pessimismus zu lehren. Widrigkeiten gehörten zum Geschäft, und ein Mann wurde daran gemessen, wie er damit zurechtkam. Letzten Endes wusste doch jeder, dass die Regierung trotz Bucks Marotte und der großen Töne, die er spuckte, tat, was sie wollte.
    In letzter Zeit hatte sich die Lage ziemlich verschlechtert. Die Bundesbehörden kamen ständig mit neuen Vorschriften, reduzierten die Anzahl der Kühe, die man auf den Pachtweiden halten durfte, und sagten einem sogar, was man mit dem eigenen Land zu tun hatte. Sie untersuchten das Wasser in den eigenen Bächen, sagten, es sei verschmutzt, und verlangten, dass man Zäune aufstellte, damit die eigenen Kühe nicht davon tranken. Dann erzählten sie, irgendein seltenes Tier, ein gottverdammter Iltis, eine Eule oder was auch immer, hause auf dem eigenen Grund, und es sei ratsam, ihn ein paar Jahre lang nicht zu bewirtschaften.
    Alles, was ein Viehzüchter heutzutage machte, war nicht mehr nur allein seine Angelegenheit, sondern die der ganzen Welt. Wenn man sich die Nase putzen oder mal austreten wollte, musste man sich dazu die Erlaubnis der Regierungholen. Und die würde sie nicht geben, ohne vorher diese sogenannten Umweltgruppen befragt zu haben. Die gottverdammten Frettchenfreaks und Dummköpfe aus der Stadt mussten ihren Senf dazugeben, und die Beamtentrottel, die im Prinzip auch nicht besser

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