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Im Kreis des Wolfs

Im Kreis des Wolfs

Titel: Im Kreis des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Evans
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Vaters über die Reste ihres Picknicks, dann über Helens nackte Füße und schließlich zu ihrem Gesicht wanderte.
    »Die Arbeit für Fish & Wildlife scheint ja ganz angenehm zu sein.«
    »Klar«, sagte Helen. »Ist besser als jeder Urlaub.«
    »Picknick am Seeufer, kein Chef, der einem auf die Finger schaut …«
    »Genau. Mittags aufstehen, ein bisschen in der Sonne liegen …«
    »Klingt wirklich gut.«
    »Und die Lohntüte sollten Sie erst mal sehen!«
    Ihr Sinn für Ironie beeindruckte Luke, doch am liebsten hätte er sie gewarnt, wie gefährlich es war, solche Scherze mit seinem Vater zu treiben. Sie musste doch sehen, dass dieses Lächeln keineswegs freundlich gemeint war und er mit ihr spielte wie eine Katze mit einer Maus.
    Luke hatte er bisher noch keines Blickes gewürdigt. Erließ sein Opfer gern zappeln. Doch jetzt drehte er sich zu ihm um, und Luke spürte, wie sich die grauen Augen mit kaltem, kritischem Blick auf ihn richteten.
    »Nun, mein Sohn, schön, dass wir dich endlich gefunden haben. Ich hab schon gedacht, der alte Wolf hat dich erwischt.«
    »Nein, Sir, ich w-w-war …«
    »Du erinnerst dich doch sicher noch dran, dass wir den Hardings heute Morgen beim Zusammentreiben ihrer Herde helfen wollten. Ich bin mit Clyde auf die Pachtweide geritten, aber du warst nicht da.«
    Die Sache mit den Hardings hatte Luke völlig verschwitzt.
    »Ich w-w-war da. Ihr m-müsst wohl gerade …«
    »Ach, du warst da?«
    »J-j-a, Sir.«
    »Und wie kommt’s dann, dass Abe gesehen hat, wie du mit dieser jungen Dame hier im Pick-up zum Wrong Creek gefahren bist?«
    »Ich w-w-wollte …«
    Lukes Zunge schien am Gaumen zu kleben. Seine Brust schmerzte, als sei sie in einem Schraubstock eingeklemmt, und seine Wangen brannten. Als er mit Helen allein gewesen war, hatte er sich fast wie ein Mann gefühlt, doch jetzt war er wieder das dumme, sprachlose Kind.
    Er schaute zu Helen hinüber, weil er befürchtete, dass sie ihn nun genauso einschätzte, doch sie hielt seinen Blick für einen Hilferuf.
    »Er hat mich begleitet, weil ich ihn gebeten hatte, mir zu helfen«, sagte sie.
    Sein Vater sah sie an. Er lächelte noch immer, doch sein Blick war eisig.
    »Und ihm habe ich es zu verdanken, dass wir heuteMorgen zwei Wölfe fangen und mit Halsbändern versehen konnten.«
    Lukes Vater senkte den Kopf ein wenig und hob die Augenbrauen. »Sie haben zwei Wölfe gefangen?«
    »Genau. Dank Luke. Er hat mir geholfen, sie zu finden.«
    Lukes Vater schwieg einen Moment, während er darüber nachdachte. Clyde beobachtete ihn aufmerksam, wie um zu erfahren, wie er sich nun verhalten sollte, während Bucks Pferd ungeduldig mit den Hufen scharrte.
    »Und? Wo sind sie?«
    »Tja, wie schon gesagt, wir haben ihnen Halsbänder umgelegt.«
    »Und dann?«
    Helen runzelte die Stirn. »Tut mir leid, worauf wollen Sie hinaus?«
    Er stieß ein kurzes trockenes Lachen aus und schaute Clyde an.
    »Haben Sie die Tiere schon abtransportieren lassen oder was?«
    »Ich denke, Mr. Calder, Sie wissen, worum’s bei unserer Arbeit geht. Wir …«
    »Sie haben sie einfach wieder laufenlassen.«
    »Ja, aber …«
    »Lassen Sie mich offen zu Ihnen sein, junge Frau. Ich habe gerade Abe Harding, einem guten Freund und Nachbarn, geholfen, die Herde zusammenzutreiben. Und dieser Mann, der im Gegensatz zu Ihnen und Ihren Bossen in Washington, D.C., nicht sinnlos Steuergelder verpulvern kann, hat sechs Kälber verloren. Das ist für Abe ein Verlust von, sagen wir, dreitausend Dollar. Und jetzt erzählen Sie mir, Sie haben zwei von diesen Biestern gefangen und sie wieder laufenlassen? Soll ich mich darüber etwa freuen?«
    Luke sah Helen an, dass sie wütend war, aber auch eingeschüchtert. Schließlich gab es niemanden, den sein Vater nicht einschüchtern konnte. Luke sah, wie sie schluckte.
    »Worum’s hier geht, Mr. Calder …«
    »Worum’s hier geht, das haben Sie und Mr. Prior uns erzählt, war, dass wir es hier mit einem einzelnen Wolf zu tun haben. Wie haben Sie ihn noch genannt, einen ›Streuner‹, stimmt’s? Und jetzt haben wir’s plötzlich mit wie vielen zu tun?«
    Helen schwieg.
    »Wollen Sie es mir nicht sagen?«
    »Ich glaube, es gibt hier ein ganzes Rudel.«
    »Aha, jetzt ist es also schon ein Rudel. Und wie viele sind es genau?«
    »Etwa neun, aber fünf davon sind Welpen und …«
    »Neun?
Und Sie haben zwei gefangen und wieder laufenlassen? Damit die noch mehr Vieh reißen und rechtschaffene Männer wie Abe Harding ruinieren?«
    »Mr. Calder

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