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Im Kreis des Wolfs

Im Kreis des Wolfs

Titel: Im Kreis des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Evans
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weiterreden konnten, und so unterhielten sie sich erst wieder, als sie unter den Bäumen am Rand der Weide stehenblieben. Das Gras hier oben war noch grün. Sie starrten über die Wiese zum Weidengehölz, in dem die Falle stand, doch das einzige Lebenszeichen waren zwei Raben, die träge über dem schwebten, was vom Elchbullen noch übriggeblieben war.
    »Wäre das Signal auch noch zu hören, wenn er sich losgerissen hätte?«
    »Schon möglich.«
    Sie liefen über die Wiese, und als sie sich dem Wildwechsel näherten, der am Weidengehölz vorbeiführte, sah Helen das Loch, aus dem die Falle gerissen worden war. Kurz davor entdeckten sie dann die lange Furche vom Ankerhaken der Kette, die der Wolf hinter sich hergezogen hatte, als er Deckung suchte. Doch obwohl ihnen die Furche verriet, wo er sich ungefähr befinden musste, war kein Laut zu hören und keine Bewegung zu erkennen.
    Einen Augenblick lang glaubte Helen, Luke habe recht gehabt und dem Wolf sei es gelungen, sich zu befreien. Dochdann hörte sie die Kette klirren und wusste, dass er festsaß. Irgendwo im Weidengehölz musste er stecken, knapp zehn Meter von der Stelle entfernt, an der sie standen.
    Helen flüsterte Luke zu, er solle sich nicht vom Fleck rühren, da sie erst die Lage prüfen wolle, und folgte dann vorsichtig der Kettenspur ins Dickicht.
    Sie hatte ihm schon erklärt, dass man stets nachschauen müsse, wie fest das Bein in der Falle klemme und wie sicher die Kette sitze. Bei einem Welpen, einem Jährling oder einem rangniedrigen Tier war das nicht weiter wichtig, da die meist fügsam dalagen und nicht einmal wagten, einem in die Augen zu schauen. Doch wenn man einen Alpha gefangen hatte, musste man aufpassen. Er stürzte sich unter Umständen sofort auf einen und schlug einem bei der geringsten Chance die Zähne ins Fleisch. Deshalb war entscheidend, dass man wusste, wie sicher er in der Falle steckte und wie groß sein Bewegungsspielraum war.
    Wieder hörte Helen die Kette klirren, und diesmal raschelte es im Gebüsch, so dass ein Schauer gelber Blätter niederging, hinter dem sie helles Fell aufblitzen sah. Luke hatte ihr gesagt, dass das Weibchen fast weiß war, und Helens Herz hüpfte vor Freude darüber, dieses Tier gefangen zu haben.
    Sie drehte sich zu Luke um und flüsterte: »Ich glaube, wir haben die Mom.«
    Sie stand jetzt unmittelbar vor dem Dickicht und entdeckte an den Stämmen die Spuren der Kette, die der Wolf beim Eindringen ins Gehölz hinterlassen hatte. Helen verharrte einen Augenblick, lauschte und starrte durch das Weidengeäst. Sie vermutete, dass der Wolf nur ein paar Schritte von ihr entfernt lag, konnte ihn aber immer noch nicht sehen. Alles war still. Nur das Rauschen des Bachs und das Krächzen eines Raben waren zu hören.
    Plötzlich war da der Schädel des Wolfs, gefletschte Zähne, rosiger Gaumen, gelbe Augen, die aus den Zweigen auf sie zustürzten. Helen erschrak so sehr, dass sie einen Satz nach hinten machte, ausrutschte und rückwärts in die Wiese fiel. Doch sie ließ den Wolf nicht aus den Augen und sah, wie sein Kopf zurückzuckte und verschwand, sobald sich der Zug der Kette bemerkbar machte. Als sie den Kopf hob, grinste Luke sie an.
    »Sie haben recht, das
ist
Mom«, sagte er.
    »Übrigens macht man das so, man lässt sich immer zuerst auf den Rücken fallen. Dann fühlen sich die Wölfe gleich besser.«
    Luke lachte und half ihr wieder auf die Beine. Er zeigte auf einen Felsbrocken einige Meter vor dem Dickicht.
    »Vielleicht können wir da mehr sehen.«
    Er hatte recht. Sie hätte es gleich an der Stelle probieren sollen.
    »Okay, Klugscheißer.«
    Sie stapften durch das Weidengestrüpp zum Felsen, hielten dabei aber einen möglichst großen Abstand zum Wolf. Die glatte Fläche des Steins bot keinen Halt für die Füße, also kletterte Luke zuerst hinauf, streckte den Arm aus und zog sie zu sich herauf. Helen musste sich an seiner Schulter festhalten, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, und so balancierten sie da oben auf dem schmalen Fels und starrten hinunter ins Dickicht.
    Die Wölfin war etwa sieben Meter entfernt, zog knurrend die Lefzen hoch und schaute sie an. Ihr Fell war hell und nur am Rücken und entlang der Schulter ein wenig grau.
    »Ist sie nicht schön?«, flüsterte Luke.
    »Ja, das ist sie.«
    Helen sah, dass die Fangbügel den linken Vorderlauf umklammerthielten. Die Anker der Kette steckten in einem dichten Wurzelgestrüpp, um das die Wölfin die Kette in dem Versuch, sich zu

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