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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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ihn zu begleiten. Johann beschloß, vorerst über diese Ziele Stillschweigen zu bewahren, um so mehr, als Heinrich von seinem Onkel beauftragt war, nachzuprüfen, inwieweit die Lagerverwaltung dem Geheimbefehl zur methodischen Anleitung für die SS-Männer nachgekommen war, denen nötigenfalls bevorstand, sich als Häftling zu verkleiden und unter ihnen zu leben. Als Johann fragte, wozu das für die SS-Leitung nötig sei, antwortete Heinrich geringschätzig:
    „Weiß der Teufel! Ich glaube nicht, daß die SS-Leute solche Entbehrungen auf sich nehmen, nur um einen Häftling zu denunzieren." „Warum denn?"
    „Erinnerst du dich, mit welcher Begeisterung von Salz über die soziale Kraft der Angst philosophierte? Ich glaube, daß alles von dieser Angst herrührt."
    „Ich verstehe dich nicht."
    „Was heißt, verstehe dich nicht. Wer von der Angst verfolgt wird, ist bestrebt, sich von ihr zu befreien, sich irgendwo vor ihr zu verbergen, auch im KZ in der Gestalt eines Häftlings. Neulich hat mir mein Onkel eine Ampulle mit Gift gezeigt. Er trägt sie immer bei sich in seinem Feuerzeug."
    „Denkt er ernsthaft an Selbstmord?"
    „Wo denkst du hin! Doch das Bewußtsein, die Möglichkeit dazu zu haben, ermutigt ihn."
    „Also denkt dein Onkel, daß der Krieg bereits verloren ist?"
    „Nein! Und wenn es zu einer militärischen Niederlage kommt, so hat er wie viele seinesgleichen eine andere, angenehmere Möglichkeit."
    „Was für eine?"
    „Was für ein Provinzler du doch bist, Johann! Weißt du denn nicht, was die Mehrzahl der dem Führer nahestehenden Personen veranlaßte, ihm die Besetzung der Schweiz auszureden?"
    Johann schüttelte den Kopf.
    „Meine Herren!" rief Heinrich. „Weil es in diesem neutralen Land mächtige Banken gibt und weil jede im Reich mehr oder minder große Persönlichkeit dort geheime Bankkonten hat. Verstehst du? Nein, du bist und bleibst ein Provinzler."
    „Du hast recht. Ich würde gern mal mit dir in Berlin sein. Das ist die Stadt, von der ich schon lange träume."
    „Gut, einverstanden", versprach Heinrich, „ich zeig dir mal Berlin."
    „Wenn der Krieg vorüber ist?”
    „Was, hast du es so eilig?"
    „Auf jeden Fall möchte ich mich nicht mehr von dir trennen", versicherte Weiß aufrichtig.
    „Ich auch nicht", sagte Heinrich zurückhaltend.
    Und wieder begannen die Fahrten durch die Konzentrationslager.
    Johann zwang Heinrich unbarmherzig, Zeuge der schrecklichen Vorgänge zu werden, die mit der Überprüfung und Auswahl Hunderter zum Skelett abgemagerter Kinder, die an ihre Verwandten im Ausland verkauft werden sollten, zusammenhingen.
    Zusammen mit Subow hatte Weiß einen Plan ausgearbeitet, nach dem dieser mit seinen Leuten und einer Gruppe polnischer Partisanen einen Überfall auf den Zug durchführen sollte, in dem die Kinder fuhren, die keine Verwandten hatten. Diese Kinder hatte Weiß zu einer gesonderten, möglichst großen Gruppe zusammengeschlossen. Es war geplant, daß diese Kinder nach ihrer Befreiung von Menschen aufgenommen würden, die ihnen die Eltern ersetzen sollten.
    Nachdem er Subow gemeldet hatte, wo der Zug stehen und wo man die Kinder einladen würde, konnte er seine Aufgabe für abgeschlossen halten.
    Vor der Abfahrt ging Johann ins Hotel. Er traf Heinrich in einem Zustand rasender Verzweiflung an. Heinrich erklärte ihm, er werde mit oder ohne seine Hilfe mit dem Gesindel, das Kinder foltere, kurzen Prozeß machen.
    „Gut", sagte Johann, „ich helfe dir. Aber erst hilf mir, die Kinder zu retten."
    „Wie denn!" schrie Heinrich. „Wie?"
    „Du hast noch einige Tage zur Verfügung. Ich habe Informationen über polnische Illegale. Setz dich mit ihnen in Verbindung. Ich bring dir bei, wie man das macht."
    „Und du?"
    „Ich beteilige mich nicht an solch gefährlichen Abenteuern", sagte Weiß kalt. „Ich will mich nicht von der Gestapo hängen lassen."
    „Feigling!"
    „Ja. Ich mache daraus kein Hehl.”
    „Und was hast du früher zu mir gesagt?"
    „Siehst du, es ist eine Sache, sich kritisch zu dem zu verhalten, was um einen vorgeht, eine andere, sich zum offenen Kampf zu entschließen; das heißt auf die Seite derjenigen überzuwechseln, gegen die wir kämpfen."
    „So einer bist du also."
    Johann zuckte nur die Schultern. Er hatte zu einer weiteren Unterhaltung keine Kraft mehr. Er war so erschöpft, daß er Angst hatte, seine Selbstbeherrschung könnte ihn jeden Augenblick verlassen.
    Auf dem Rückweg nach Warschau sprach Johann wenig mit

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