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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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eisige Miene des Obersten nicht, nicht die empörten Blicke Angelikas. Schweigend setzte er sich an den Tisch und war so intensiv mit dem Essen beschäftigt, daß man ihn bald nicht mehr bemerkte.
    Joachim von Salz nahm die unterbrochene Unterhaltung wieder auf. „Die Gewalt ist sowohl ein Ausdruck der Freiheit unseres Geistes als auch eine Methode zur Erreichung unserer Ziele. Die ewige Angst vor der Gewalt über Personen, über ganze Völker haben wir in eine allgemeine Waffe verwandelt. Und so entsteht aus der Angst vor der Gewalt die Fähigkeit zur Gewalt. Wie zuwider unserer Natur auch die Grausamkeit ist, eine humane Notwendigkeit zwingt uns dazu ... Jedes Bekunden von Nachsicht gegenüber verurteilten Übeltätern in der Armee würde von unserer Unfähigkeit zeugen, all das auszumerzen, was unserem Geist fremd ist, was vom Bazillus des Marxismus angesteckt ist ..."
    Hier unterbrach ihn Johann.
    „Verzeihen Sie, Herr Oberst, soweit ich verstanden habe, folgt aus Ihren Erörterungen, daß der tapferste deutsche Soldat gleichzeitig der größte Feigling ist? Wir müssen also grausam sein aus Angst, daß man uns wegen mangelnder Grausamkeit selbst aufhängt?" Weiß streckte sich im Sessel aus und wandte sich an Heinrich: „Nach dem Programm Herrn von Salz' müßtest du zu der Schlußfolgerung kommen, daß deine Teilnahme an der Hinrichtung unumgänglich ist. Du rechnest mit den Verurteilten nur aus Furcht, selbst der Feigheit bezichtigt zu werden, ab, nicht wahr?"
    „Herr Oberleutnant, Sie vergessen sich!" kreischte von Salz.
    Weiß sprang auf.
    „Herr Oberst, durch die Art meines Dienstes bin ich verpflichtet, nichts zu vergessen, was der tapferen Wehrmacht eine Beleidigung zufügt. Und Sie haben sie eben der Feigheit beschuldigt."
    Von Salz erbleichte und wandte sich an Heinrich.
    „Herr Schwarzkopf, er verdreht den Sinn meiner Worte. Bitte, bestätigen Sie das!"
    „Laß gut sein, Johann!" sagte Heinrich.
    Angelika mischte sich ein: „Hören Sie, Johann, Sie dürfen nicht so empfindlich sein.” Sie hielt die Hand ausgestreckt: „Wir sind doch alte Freunde."
    „Ihnen zuliebe, Fräulein Angelika", sagte Weiß galant, „bin ich bereit zuzugeben, daß ich etwas in Eifer geraten bin."
    Als sich die Tür hinter Angelika und dem Oberst geschlossen hatte, fragte Heinrich lebhaft:
    „Hast du das alles absichtlich angestellt?"
    „Vielleicht", sagte Weiß unbestimmt und fragte nach einer Pause:
    „Was meinst du, wenn man für die Vollstreckung des Urteils einen freiwilligen Henker suchte, würde da nicht jeder russische Kriegsgefangene mit Vergnügen einwilligen?"
    „Unbedingt."
    „Und wenn sich welche finden, die es ablehnen?"
    „Wieso? Einen Deutschen hinzurichten, wäre für sie doch eine Genugtuung."
    „Wenn sie aber nun, statt die Verurteilten hinzurichten, versuchen würden, sie zu retten?"
    „Das ist unwahrscheinlich."
    „Aber die vier Deutschen haben sich geweigert, an der Hinrichtung russischer Gefangener teilzunehmen."
    „Ich möchte wissen, welchen Grund sie dazu hatten."
    „Und wenn du ihn wüßtest?"
    „Dann würde ich wahrscheinlich nachprüfen, ob es in Deutschland noch andere Deutsche dieser Art gibt."
    „Und du würdest auch so ein anderer Deutscher werden?"
    „Einer, den du, als Offizier der Abwehr, mit diesen Vieren in einen Topf tun würdest ..."
    „In diesem Fall würde ich vergessen, daß ich zur Abwehr gehöre."
    „Wegen eines Freundes bist du also bereit, ein Verbrechen vor dem Reich zu begehen?"
    „Warum nicht?" sagte Weiß herausfordernd. „Schließlich besteht eine wahre Freundschaft auch darin, daß man um des anderen willen das eigene Fell nicht schont."
    „Sogar, wenn er ein Verräter ist?"
    „An wem? Er hat sich doch nur Deutschen angeschlossen."
    „Aber diese Deutschen haben ihre Kriegspflicht verletzt."
    „Die Pflicht, Henker zu sein?”
    „Die Verletzung der Wehrdisziplin trägt zum Sieg der Russen bei."
    „Und wenn die Russen die vier Deutschen retten?"
    „Die Russen sie retten? Das ist reinste Phantasie."
    „Ich wiederhole: Wenn die Russen die Deutschen retten und sich dir die Möglichkeit bieten würde, sie zu sehen und sie anzuhören, was dann?"
    „Das ist unwahrscheinlich."
    „Wie würdest du dann handeln?"
    „Ich würde mich mit ihnen treffen ..."
    „Gibst du dein Wort darauf?"
    „Du bist so hartnäckig, daß ich mich schon frage, ob du nicht den Auftrag hast, mich zu überprüfen."
    „Von wem?"
    „Von der Gestapo."
    „Ja, du hast

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