Im Labyrinth der Abwehr
sich der Gefahr einer Vergiftung auszusetzen.
Noch am gleichen Tag ließ der Oberst Weiß zu sich kommen und teilte ihm mit, daß die Pontonbrücke gesprengt sei und die Wagen mit der Bombenladung auf ihrem Weg zum Flugplatz beschossen worden seien.
Mit den Händen eine hilflose Geste machend, sagte er im Ton geheuchelten Bedauerns:
„Auf diese Weise sehe ich mich außerstande, den Befehl in der festgesetzten Frist auszuführen."
Dietrich raste vor Zorn. Er versuchte mit Berlin zu sprechen.
Nachts griffen sowjetische Bomber den Flugplatz an. Weiß lief geduckt zum Rande des Flugplatzes, wo er Splittergräben entdeckt hatte. Hinter ihm sprang Dietrich in den Graben.
Der Graben war halb verschüttet. Als Dietrich einen Unterstand sah, beschloß er, bis zu dieser noch sichereren Deckung zu laufen, und sprang auf. Eine Bombenexplosion. Weiß wurde fast verschüttet.
Als er wieder zu sich kam, kroch er unter der Erde hervor. Die Beine Dietrichs ragten aus einem Trichter heraus. Weiß zog ihn an den Beinen in den Graben hinein. Dietrichs Leib war von einem Splitter aufgerissen. Weiß begann ihn zu verbinden, inzwischen kam Dietrich zu sich. Er schaute auf die offene Wunde, sein Gesicht zeigte Ekel. Er flüsterte:
„Johann, Sie sind wahrscheinlich doch ein guter Kerl. Und trotzdem werde ich Sie denunzieren. Wie können Sie als Deutscher ein Verräter sein?"
„Warum wollen Sie mich denunzieren?" fragte Weiß.
„Brigittes Mann ist ein russischer Diversant. Sie sind die ganze Zeit mit ihm zusammen gewesen. Ein russischer Gefangener hat das vor seinem Tod ausgesagt."
„Warum haben Sie mich nicht gleich verhaften lassen?”
„Landsdorf hat mir nicht geglaubt. Er dachte, daß ich mich nur rächen wollte. Er befahl nur, Sie zu beobachten. Ihm drohten größere Unannehmlichkeiten, wenn Sie ein Verräter gewesen wären." Dietrich schwieg, offenbar kämpfte er mit unerträglichen Schmerzen. „Als wir zusammen duschten, ging ich hinaus, ich sagte, daß mir schlecht sei. In Ihrer Jacke habe ich das Zigarettenetui gefunden. Ich kenne diese Gegenstände. Und dann, als der Unterstand brannte, hatten Sie dieses Etui nicht mehr. Und Sie haben es auch jetzt nicht mehr. Stimmt's?"
„Ja", bestätigte Weiß.
„Sehen Sie", lobte sich Dietrich mit bereits schwerer werdender Zunge, „ich bin ein guter Spionageabwehrmann."
„Und wozu erzählen Sie mir das alles? Damit ich Sie töte?"
„Natürlich. Ich will mich nicht quälen. Bitte, Johann ..."
Johann holte eine Zigarette hervor, zündete sie an.
„Nein, ich werde Sie nicht töten, Dietrich. Im Gegenteil: Ich werde Sanitäter holen. Solche wie Sie dürfen nicht gleich sterben. Sie haben andere getötet und selbst gedacht, daß Ihnen das nicht passieren könnte. Wenn Sie sterben, dann mit Komfort, im Bett. Ich werde Ihnen solche Bequemlichkeiten verschaffen."
Dietrich schwieg.
Weiß faßte ihn an den Schultern. Der Kopf fiel herab, die Augen waren starr. Weiß nahm seinen Rock, zog ihn an und ging zum Flughafen.
Der Angriff war vorüber. Der Oberst leitete die Löscharbeiten. Weiß sagte zu ihm:
„Ich muß Sie leider verlassen, Herr Oberst."
Weiß suchte seinen Wagen auf, fuhr ein Stück, hielt dann und nahm das Nummernschild ab. Er bog von der Straße ab, fuhr auf einem Sandweg durch den Wald und ließ den Wagen in den Büschen stehen.
Er war erregt und nervös. Stutthoff hatte gesagt: Subow sei nicht immer vorsichtig. Und er selbst? Wie hatte er solch einen Fehler wie mit dem Zigarettenetui machen können? Als er erfuhr, daß Dietrich ihn begleiten würde, hätte er sich etwas anderes für den Brandsatz ausdenken müssen. Warum hatte er das vergessen? Weil er die ganze Zeit an Subow und nicht an sich gedacht hatte?
Aus den Büschen kamen zwei Mann in SS-Uniform, die Maschinenpistole auf der Brust. Jeder trug, wie ausgemacht, im Knopfloch einen Kiefernzweig. Weiß nannte die Parole, erhielt die Antwort darauf und ging zwischen diesen beiden Deutschen weiter.
Vor ihnen tauchte eine Jagdhütte auf. Man brachte Weiß in einen mit Jagdtrophäen geschmückten Raum. Am Tisch, über eine Karte gebeugt, saß ein sowjetischer Offizier. Er gab ihm die Hand, stellte sich vor: „Major Kolossow." Er lächelte verlegen: „Entschuldigen Sie die Formalitäten, aber Ihren Ausweis."
Weiß reichte ihm das von Himmler, Müller, Keitel, Kaltenbrunner unterschriebene Dokument.
„Das ist ja eine ganze Kollektion. Nun, dann seien Sie willkommen, Genosse Below." Er drückte ihm
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