Im Labyrinth der Abwehr
und band die zerrissene linke Hand mit einer Zündschnur zusammen, deren Ende er mit den Zähnen hielt.
Nadja kniete sich vor ihn hin und öffnete ihre Sanitätstasche. Mechow befahl:
„Schau erst nach denen!" Er versuchte aufzustehen, lehnte sich gegen die Wand. Er blickte auf den Toten: „Der war mehr wert als drei andere, wär bald Ingenieur geworden." Dann fragte er den anderen: „Sind die Augen heil? Na, dann ist ja alles in Ordnung. Die Backe hältst du mit der Hand fest, später wird sie genäht."
Nadja unterbrach ihn:
„Sie haben Schmerzen, Sie sollten sich ein wenig ausruhen."
„Nachher." Und sich auf ihre Schulter stützend, schleppte er sich vorwärts.
Bald hörten sie Stimmengewirr und schwere Schläge. Sie gingen noch einige hundert Meter, bis ein aus Eisenbahnschienen geschweißtes Gitter ihnen den Weg versperrte.
„Genossen!" rief Nadja. „Genossen!"
Hunderte von Händen drängten sich durch die Zwischenräume des schweren eisernen Gitters. Mechow rief angestrengt:
„Hurra, Genossen!" Er setzte sich vor Schwäche auf den felsigen Boden, der Kopf sank ihm auf die Brust. Als er wieder zu sich kam, flüsterte er schuldbewußt: „Ich bin nicht vor Schwäche umgefallen, das war nur die Erregung.“
Er schleppte sich bis zum Gitter und betrachtete es. Dann rief er Weiß ins Ohr:
„Man muß es sprengen. Aber erst müssen die Leute sich beruhigen. Sie müssen vom Gitter weg. Es wird wahrscheinlich Splitter geben. Wir müssen uns mit dem Major in Verbindung setzen."
Johann rief Nadja. Sie gingen ein Stück vom Gitter weg.
„Was soll ich melden?"
„Unsere Lage. Fragen Sie, wie es bei ihm steht.”
Ein wenig später erklärte Nadja, daß zuviel Störgeräusche da seien. Unter Tage sei die Funkarbeit sehr erschwert.
„Aber Sie haben doch trotzdem empfangen?"
„Einzelne Worte..., 'heiß' ... 'alle in Deckung' ... 'Artillerie' .."
„Verstehe."
Die Fallschirmspringer versuchten, die Leute zur Ruhe zu bringen;
aber es war nicht möglich, sie zu überschreien. Weiß fragte Nadja:
„Aber irgendeinen großen Sender können Sie doch empfangen?” „Einen großen natürlich."
„Musik, Musik wäre gut. Die Leute fangen an zuzuhören und schweigen."
Einige Minuten später erklang Musik. Zuerst schwiegen die, die dem Gitter am nächsten standen, dann allmählich alle, diese ganze riesige Menschenmenge ...
Und dann schritt Below ans Gitter und rief, so laut er konnte:
„Genossen! Ich bitte euch, euch ruhig vom Gitter zu entfernen und am besten in Seitenstollen zu gehen. Um das Gitter zu zerstören, müssen wir eine Sprengung durchführen. Habt ihr mich verstanden?"
Ein tausendfältiges Ja hallte laut durch den Stollen.
Nachdem sie die Ladung angebracht hatten, trugen die Fallschirmspringer den ohnmächtigen Mechow davon. Sie mußten ihn eine Schräge hinauftragen. Oben angekommen, legten sie ihn hinter die Loren der mit Zementsäcken und Steinblöcken beladenen Schmalspurbahn.
Einige Minuten später ertönte die Explosion. Die Druckwelle war so stark, daß die Loren in Bewegung gerieten, die Bremsblöcke von den Schienen glitten, und die Loren erst langsam, dann schneller den Abhang hinunterrollten, genau dorthin, wo sich Tausende von Menschen dichtgedrängt durch die Gitteröffnung stürzten.
Weiß sprang auf, lief neben der vordersten Lore her. Er versuchte, einen Holzschuh unter die Räder zu werfen, doch er wurde fortgeschleudert.
Dann nahm er eine Handgranate, schraubte die Sicherheitskappe ab, zündete sie und warf sie zwei Sekunden später zwischen die Schienen, er selbst warf sich flach zu Boden.
Die erste Lore stürzte, die übrigen fuhren auf. Steinblöcke prasselten aus den umgekippten Loren auf Weiß. Einer dieser Steine traf die Hände, mit denen er seinen Kopf schützte.
Woher nahmen diese fast Verhungerten die Kraft zu handeln, sich der drohenden Gefahr entgegenzustellen? Einige von ihnen krochen zwischen den Loren und der Stollenwand hindurch und stemmten sich mit dem Rücken gegen die umgekippten Loren; andere räumten fieberhaft die Steine fort, unter denen Johann verschüttet war. Dann zogen sie ihn blutbedeckt und bewußtlos hervor.
Nadja, die sich über Johann beugte, sagte:
„Er atmet, Genossen. Er lebt."
Die Fallschirmspringer hatten es nicht mehr geschafft, die Zugänge zu verminen. Sie legten einfach die Minen und zogen die Zündschnüre zu sich in die Gräben. Wenn die Schützenkette des Gegners näher kam, würden sie die Schnur ziehen, und
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