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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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Freundschaft zu einem Juden anzuzeigen. Ich hab richtig Angst bekommen. Und dann hat er gelacht und gesagt, daß dieser Jude Christus sei."
    „Und was jetzt?" fragte Johann.
    „Ist denn was passiert?" fragte sie beunruhigt.
    „Ja, mit Christus: Er war wirklich Jude."
    „Ach", rief sie ärgerlich, „ich denke jetzt an Alois und nicht an Christus."
    „Was hast du denn?"
    Elfriede beugte sich zu ihm und flüsterte:
    „Sie haben uns einen halbtoten russischen Flieger gebracht. Er hat keine Beine, und die eine Hand ist zerschmettert. Er muß unbedingt wieder zu Bewußtsein kommen. Sie haben ihm riesige Dosen kreislaufstärkender Mittel eingespritzt."
    „Wozu?"
    „Er hat eine neue russische Maschine geflogen, und als sie brannte, hat er sie einfach zerstört. Jetzt wollen die wissen, was das für eine Maschine war."
    „Das heißt, sie wollen ihn nur zu Bewußtsein bringen, um zu erfahren, was das für eine Maschine ist."
    „Ja, natürlich."
    „Und was hat Alois damit zu tun?"
    Elfriede wurde verlegen und errötete: „Als ich am Bett des Fliegers wachte, hat sich Alois hereingeschlichen. Er sagte mir, ich solle hinausgehen, er wolle mit dem Flieger allein sprechen."
    „Und?"
    „Der Flieger hat gestanden."
    „Ein toller Bursche, der Alois."
    „Jetzt kann Alois dem Stab Mitteilung über die neue Maschine machen, wenn ..."
    „Wenn was ..."
    „... wenn nur der Flieger nicht aufwacht und alles selbst ausplaudert."
    „Ist das möglich?" fragte Weiß besorgt.
    „Nein", sagte sie stolz, „jetzt nicht mehr!"
    „Wieso?"
    „Weil ich Alois einen Beweis meiner Liebe gegeben habe."
    „Wie denn?"
    „Ich habe dem Flieger einfach aus Versehen eine große Dosis Schlafmittel gegeben."
    „Du hast ihn getötet?"
    „Aber nein, er hat es selbst gewollt." In einem erschrockenen Flüsterton sagte sie: „Weißt du, als ich dem Flieger die vielen Tabletten gab, öffnete er das erstemal die Augen und sagte auf deutsch:
    ,Danke schön, Genosse‘, und streichelte mir die Hand."
    „Wieso das?”
    „Da er deutsch sprach, konnte er auch das Etikett lesen und wußte also, was ich ihm gegeben hatte."
    „Du meinst, er wollte sterben?"
    „Wenn er nicht im Lazarett sterben würde, hätte man ihn sowieso getötet. Das wußte er. In seinen Papieren stand, daß er Politleiter seiner Staffel war."
    „Du hast wie eine echte Patriotin gehandelt, wenn du an einem russischen. Flieger Rache genommen hast." Und mit weicher Stimme beruhigte er sie. „Du brauchst keine Angst zu haben. Wegen einer patriotischen Tat wird bei uns in Deutschland keiner bestraft."
    „Aber ich glaube, ich muß die Sache verschweigen."
    „Ja", pflichtete Johann ihr bei, „Verschwiegenheit ist ein schöner Zug bei Frauen."
    Von einem Tag zum anderen wartete Johann auf seine Entlassung. Er befürchtete, daß man ihn mit dem ersten Marschbataillon an die Ostfront schicken würde. Elfriede machte für ihn ausfindig, wo die Abteilung von Major Steinglitz zu suchen war, und Johann erreichte, daß er wieder zu seiner Einheit geschickt wurde.
    Zum Abschied lud sie Johann zu sich ein. Er schlug ihr vor:
    „Ich könnte dir schreiben ..."
    „Wenn du willst." Doch im selben Augenblick fiel ihr ein: „Ich weiß meine neue Feldpostnummer noch nicht. Ich fahre nämlich mit dem Professor nach Auschwitz. Er wird sich dort mit wissenschaftlicher Arbeit befassen."
    „Was ist das für eine Arbeit?"
    „Das ist geheim." Elfriede drohte Johann mit dem Finger.
    „Ist auch egal, ich wünsche dir jedenfalls Erfolg", sagte er und reichte ihr die Hand.
    Es regnete, der Himmel war trübe, von den nassen Bäumen fielen welke, gelbe Blätter. Überdeckte Lastkraftwagen mit roten Kreuzen an den Seiten fuhren hintereinander durch das weitgeöffnete eiserne Tor des Frontlazaretts, das ohnehin schon überfüllt war.
    Johann ging auf einem hölzernen Gehsteig bis zu einem in einen Friedhof umgewandelten Platz. Über den Gräbern ragten kurze weiße Holzkreuze. An einigen hingen Stahlhelme. Polnische Kriegsgefangene ließen an Seilen einen Sarg nach dem anderen in ein tiefes Grab hinunter. Neben dem Grab lag ein Kreuz. Auf ihm stand nur ein Name: der eines deutschen Unteroffiziers.
    Ein Pfarrer in Uniform saß auf einem benachbarten Grab und rauchte, er wartete, bis der letzte Sarg hinuntergelassen war, um dann ein Gebet zu lesen.
    Johann grüßte den Pfarrer und kehrte zurück. Vergeblich hatte er den Weg hierher gemacht, in der Hoffnung, das Grab des sowjetischen Fliegers zu

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