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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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Schlüssel zu Staatsgeheimnissen nicht immer stehlen. Leute mit Köpfchen beschaffen ihn sich von Gelehrten, Historikern, Forschern.’ "
    Steinglitz war beleidigt und sagte mit Zurückhaltung:
    „Im Salon der Lady Astor, einer Verehrerin unseres Führers, kann jeder beliebige Spionageanfänger erfahren, was Churchill vor einer Stunde gesagt hat, und dabei braucht er nicht einmal zu verbergen, daß er unser Agent ist. In Frankreich kann ich Ihnen die Namen einiger Minister nennen, die aus einem Sonderfonds Admiral Canaris' Gelder erhalten, die ihre Ministergehälter bei weitem übertreffen.
    Was die Zuweisungen für die sowjetische Abteilung betrifft, so haben wir hier leider eine solche Sparsamkeit erreicht, die unsere ganze Arbeit in Frage stellt."
    „Nun, nun, ereifern Sie sich nicht", sagte Landsdorf beruhigend. „Ich schätze Ihre Bemühungen und verstehe unsere Schwierigkeiten. Ich habe mir die Protokolle verschiedener Kriegsgefangener angesehen. Ein schwieriges Material, sehr schwierig. Deshalb erinnere ich Sie noch einmal: Wendiger, viel wendiger! Wenn Sie es für nötig halten, einige der Aussichtsreichsten für ein paar Tage nach Berlin zu schicken, tun Sie es. Sollen sie sich ruhig mal umsehen, mal an der Zivilisation lecken; den deutschen Wohlstand kennenlernen. Verstanden?"
    Steinglitz begriff aus dieser Unterhaltung, daß sich auch Landsdorf um die Zuverlässigkeit der Lehrgangsteilnehmer Sorgen machte.
    Wenn Steinglitz während der Unterrichtsstunden diese Schüler beobachtete, so war auch er davon überzeugt, daß diese Leute stumpfsinnig und unfähig waren. Selbst die einfachsten Dinge eigneten sie sich nur mit Mühe an, alle hatten ein schwaches Gedächtnis, allen fehlte eine gute Auffassungsgabe. Er war überzeugt, daß die Ursache dafür ihre nationale Beschränktheit, ihre ständige Zurückgebliebenheit hinter den anderen europäischen Völkern war.
    Woher aber sollte Steinglitz wissen, daß die scheinbare Dummheit, die Gedächtnisschwäche, der mangelnde Intellekt von den Lehrgangsteilnehmern in Wahrheit eine meisterhafte Auffassungsgabe und eine scharfe Beobachtung erforderten.
    Bisher war es Johann nicht gelungen, das Vertrauen auch nur eines Lehrgangsteilnehmers zu erringen. Wieder und wieder suchte er in seinem Gedächtnis kleinste, kaum spürbare Beweise dafür, daß es hier einen Menschen gab, dem er sich anvertrauen könnte. Regelmäßig brachte er in das von Elsa angewiesene Versteck Meldungen für das Zentrum, erhielt durch die Rückverbindung Anweisungen und Ratschläge, und dennoch hatte er außer As keinen zuverlässigen Mann finden können.
    Nach dem Zapfenstreich mußte Johann abwechselnd mit den anderen Dolmetschern in der Schreibstube Dienst machen und über Kopfhörer abhorchen, was in den Baracken gesprochen wurde. Er war verpflichtet, für Dietrich einen Bericht über die wesentlichsten Unterhaltungen anzufertigen. Im übrigen schlug Johann vor, ähnliche Mikrophone in den Zimmern der Stabsmitarbeiter anzubringen, doch sollten mit dem Abhören nur die Mitarbeiter der dritten Abteilung „Z" und Dietrich selbst betraut werden.
    Im Augenblick hörte Weiß im Kopfhörer den klirrenden, süßlichen Tenor des Lehrgangsteilnehmers Denissow, der den Decknamen „Enterich" trug.
    Johann erinnerte sich an den hellblonden, grauäugigen Mann. In seinem „Aufsatz" hatte Denissow geschrieben: „Bekanntlich wird der Mensch nur einmal geboren. Dabei hängt es nicht von ihm ab, welchen Landes Bürger er wird. Infolge eines solchen Zufalls bin ich Sowjetbürger."
    In der Kleiderkammer hatte Denissow lange und sorgfältig unter den französischen Beuteuniformen die beste herausgesucht. Und er hatte glücklich gelächelt, als es ihm gelang, aus dem Haufen Schuhwerk ein Paar Stiefel mit doppelten Sohlen herauszufinden.
    „Gute Arbeit", hatte er mit einem zufriedenem Lächeln gesagt. „Die sind wenigstens strapazierfähig."
    Im Speiseraum aß er langsam und nachdenklich. Wenn er kaute, bewegten sich seine Augenbrauen, Ohren und Kinnbacken.
    Im Unterricht strengte er sich an. Er war ehrlich zufrieden, wenn er eine gute Note bekam, und betrübt über die schlechten. Auf seine Art war er klug und aufgeweckt.
    Johann hörte jetzt Denissows Stimme:
    „Als ich zu mir kam, war das erste, daß ich mich freute, nicht gestorben zu sein. Ich habe Angst vorm Tod. Es ist ein sehr unangenehmes Gefühl, zu glauben, daß sie alle auf deinen Körper schießen. Ein Deutscher kam auf mich zu. Ich schau hin

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