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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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herausgeholt hatte, lebhaften Ausdruck.
    Trocken und ein wenig hochmütig teilte er Johann mit, daß man ihn im Lager in die Leitung der Untergrundorganisation gewählt habe. Es sei ihm gelungen, mit anderen Lagern Verbindung aufzunehmen, er beabsichtige, ein Komitee der Vereinigung der Kriegsgefangenen zu gründen. Sie seien dabei, mit vereinten Kräften und mit Hilfe deutscher Antifaschisten einen gleichzeitigen Aufstand in allen Lagern vorzubereiten. Aus diesem Grunde halte er seinen Aufenthalt in der Schule nicht für zweckmäßig.
    All das kam für Johann ziemlich unerwartet. Und es bedeutete den Verlust eines Menschen, auf den er sich hier hätte völlig verlassen können.
    Johann teilte As mit, daß er sich bemühen werde, ihn unter Hinweis irgendeines Vergehens oder seiner Untauglichkeit für die Agentenarbeit, wieder zurück ins Lager zu schicken, sobald dieser unter den hiesigen Lehrgangsteilnehmern einen vertrauenswürdigen Vertreter gefunden habe. Von diesem Augenblick an mied er jede Begegnung mit As.
    Major Steinglitz, der von dem preußischen Grundsatz „Der Mensch ist nichts — Organisation ist alles" begeistert war, widmete sich ganz der Verwaltungstätigkeit. Die Fließbandmethode der massenhaften Hervorbringung von Agenten, zu der er sich anfangs so skeptisch verhalten hatte, begeisterte ihn allmählich, da sie ihm die Möglichkeit gab, durch schwungvolle Berichte nach Berlin zu glänzen. Zusammen mit Hagen fertigte er statistische Unterlagen an, in denen, basierend auf den zukünftigen Siegen der Wehrmacht, ein gewisser Prozentsatz des Mannschaftsbestandes der besiegten Armeen für das Netz der Spionageschulen abgezweigt wurde.
    Die in der Schule festgesetzte Tagesordnung war immer die gleiche: um sechs Uhr aufstehen, von acht bis zwölf und von vierzehn bis achtzehn Uhr Unterricht, Appell um einundzwanzig Uhr dreißig, Zapfenstreich um zweiundzwanzig .Uhr. Sonntags war kein Unterricht.
    Steinglitz, der sich über das einwandfrei funktionierende System der Organisation und Ausbildung, über dessen schnellere Erfolge Gedanken machte, gab der Besorgnis Ausdruck, daß, wenn sich die Lehrgangsteilnehmer unter solchen idealen Bedingungen an die deutsche Lebensweise gewöhnten, sie diejenigen Bedingungen vergessen könnten, unter denen sie arbeiten sollten. Er gab deshalb Anweisung, in den Baracken erbeutete sowjetische Plakate aufzuhängen. Ferner befahl er, daß sich die Lehrgangsteilnehmer mit „Genosse" anreden und sonntags gemeinsam ihre Volkslieder singen sollten.
    Auch Dietrich bemühte sich, das Ausbildungssystem zu verfeinern. Er wählte unter den Lehrgangsteilnehmern die zuverlässigsten aus, um sie die Rolle eines Provokateurs spielen zu lassen. Er gab Anweisung, der Schule einige Frauen zur Verfügung zu stellen, die hauptsächlich unter intimen Bedingungen die politische Zuverlässigkeit einzelner Verdächtiger prüfen sollten. Er beschloß, diesen letzteren die Möglichkeit zu geben, sich auch außerhalb der Schule zu bewegen, um die Bespitzelung zu ermöglichen. Mit der Auswahl von einigen zuverlässigen Straßenmädchen wurde Unterscharführerin Flink betraut. Dietrich befahl zu seiner persönlichen Verfügung eine größere Menge Alkohol, um Lehrgangsteilnehmer betrunken zu machen, in der Hoffnung, aus den Betrunkenen Aufschlüsse über ihre Stimmung herauszuholen. Er befahl auch, Mikrophone in den Baracken anzubringen.
    Nur Landsdorf unterbrach nicht den üblichen, von ihm festgesetzten Lebensrhythmus und hörte sich matt und ohne Begeisterung die prahlerischen Berichte seiner Untergebenen an. Steinglitz ließ er gewöhnlich seine geistige Überlegenheit und seinen mörderischen Skeptizismus spüren.
    „Seien Sie doch so freundlich, Major, und helfen Sie meinem Gedächtnis nach: Von wem haben wir doch gleich die für Frankreich verhängnisvolle Information über sein Kriegspotential erhalten?” Steinglitz zählte bereitwillig die Namen einiger ihm bekannter Spione auf.
    Seine Nägel betrachtend, stellte ihm Landsdorf eine weitere Frage: „Und für England?"
    Steinglitz nahm Haltung an und schwieg, obwohl er gern an seine eigenen Verdienste in dieser Sache erinnert hätte.
    „Nachdem der berühmte englische Kriegshistoriker Liddell Hart sein Werk ‘Die Verteidigung Britanniens’ veröffentlicht hatte, hat Heß bemerkt, daß es für die richtige Einschätzung der Gesamtlage wichtig sei und daß sein Inhalt praktische Anwendung finden würde. Er sagte vielsagend: ‘Man kann den

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