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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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Aufzählung seiner Übeltaten an.
    Dann ging er zu einem anderen Paar. Plötzlich hörte er das Geräusch einer Ohrfeige, Stöhnen und Röcheln. Weiß drehte sich um. Nagel und Fischka sprangen von ihren Plätzen auf, nahmen Haltung an:
    „Er hat mich geschlagen", rief Fischka; sein fleischiges Gesicht zeigte bläuliche, geschwollene Flecken.
    Nagel erklärte ungeniert: „Na und? Ich bin doch der Untersuchungsführende. Sie haben uns selbst gesagt, daß man beim NKWD mißhandelt wird." Er zeigte auf Fischka: „Da hab ich eben mal ein bißchen trainiert. Zum Abhärten."
    „In den Karzer alle beide!" befahl Weiß.
    „Und wofür ich?" fragte Fischka erstaunt.
    „Sie haben weder Hartnäckigkeit, Ausdauer noch Kaltblütigkeit bewiesen. Drei Tage ..."
    Als Weiß Landsdorf über die Stimmung der Lehrgangsteilnehmer Meldung machte, erklärte er auf die Frage, ob Dietrich bei den Überprüfungen nicht kompliziertere Methoden anwenden wollte, mit ungewöhnlich lauter Stimme: „Hauptmann Dietrich ist ein ausgezeichneter Spionageabwehrmann, ich schätze sein Talent."
    Landsdorf schaute erstaunt auf. Johann zeigte ein breites Grinsen, deutete auf die Wand und sagte dann ebenso laut:
    „Hauptmann Dietrich ist ein wandelndes Lexikon der modernsten Spionagemethoden."
    Landsdorf erwiderte nichts. Doch einige Tage später, als er Weiß auf dem Hofe traf, sagte er:
    „Weiß, ich fahre zusammen mit Hauptmann Dietrich nach Warschau, wir kommen erst morgen früh zurück. In meiner Abwesenheit kommt ein Soldat von der Nachrichtentruppe. Zeigen Sie ihm mein Zimmer und das von Hauptmann Dietrich. Bei uns ist irgend etwas mit dem Telefon nicht in Ordnung. Erweisen Sie ihm jede Hilfe ... Und daß nur er und Sie ..., sonst keiner ..."
    „Zu Befehl!” antwortete Weiß.
    Weiß half dem Nachrichtensoldaten nicht nur, im Zimmer Dietrichs ein verstecktes Mikrophon anzubringen, das mit Landsdorfs Zimmer verbunden war, es gelang ihm auch, in Landsdorfs Zimmer ein Mikrophon einzubauen und die Drähte beider Mikrophone in die Schreibstube zu leiten. Jetzt konnte er während seiner Dienstzeit nicht nur die Gespräche der Lehrgangsteilnehmer abhören.
35
    Für den Einsatz wurden kleine Gruppen gebildet. Zum Gruppenältesten wurde gewöhnlich der Funker ernannt.
    Die Mehrzahl der Funker auf der Spionageschule hatte früher nichts mit dem Funken zu tun gehabt. Die sowjetischen Funker, die in Gefangenschaft gerieten, verschwiegen ihre Waffengattung und lernten in der Schule mit mehr oder weniger Verstellung das Funken noch einmal.
    Nach einigen Monaten Ausbildung wurden diejenigen, die unfähig waren oder sich unfähig stellten, aus der Funkerschule genommen und der Agentenbaracke überstellt. Weiß bemühte sich herauszufinden, wer von ihnen wirklich keine Fähigkeiten besaß oder wer vorgab, ein halber Analphabet zu sein.
    In Gedanken ging Johann die einzelnen Kandidaten durch. Bis auf einen, „Phase" mit Decknamen, ragten sie nicht über den Grad der Mittelmäßigkeit hinaus.
    Dieser neunzehnjährige junge Mann war vor dem Krieg Funkamateur gewesen. Durch schmeichlerische Liebenswürdigkeit nahm er viele Ausbilder für sich ein, um so mehr, als er in der kurzen Zeit seines Aufenthalts fließend Deutsch gelernt hatte.
    Er war frech, ungeniert, auf seinem hageren, spitznasigen Gesicht irrte beständig ein ironisches Lächeln.
    Als Weiß ihn zu einem Gespräch kommen ließ, benahm er sich ohne eine Spur von Kriecherei. Er erklärte bereitwillig, warum er die nationalsozialistische Überzeugung teile. Für ihn existierten Begriffe wie Vaterland, Ehre und dergleichen nicht, das sei ihm zu abstrakt. Da Deutschland praktisch bewiesen habe, daß es stärker als die Sowjetunion sei, so sei es das natürliche Recht eines jeden freien Individuums, sich auf die Seite des Stärkeren zu schlagen.
    Dietrich, erstaunt und gleichzeitig befriedigt über seine Fähigkeiten, beschloß, Phase als Funkausbilder einzusetzen.
    Weiß begriff, welch zusätzliche Schwierigkeiten für ihn selbst durch die Anstellung Phases entstehen würden. Er bemühte sich vergeblich, Dietrich zu widersprechen. Zu seiner Verwunderung wurde sein Einwand gegen diesen Kandidaten von dem stellvertretenden Schulleiter, Oberleutnant Gerlach, unterstützt.
    Gerlach kam aus äußerst bescheidenen Verhältnissen. Sein Vater war Kriegsinvalide, die schmale Rente ließ keine Ausbildung zu. Als Halbwüchsiger hatte Gerlach einen Einbruch verübt. Aus dem Gefängnis entlassen, war er lange Zeit

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