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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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Ansicht Dietrichs war es das beste, die unteren Gliedmaßen zu amputieren. Das war deutlich, offensichtlich und gab dem eingeschleusten Agenten, der seine Hände ja noch heil hatte, die Möglichkeit, eventuell eine Arbeit in einer sowjetischen Rüstungsfabrik zu verlangen.
    Die fehlenden Beine — natürlich waren sie an der Front verlorengegangen — waren die beste Garantie dafür, daß die Agenten nicht allzu sorgfältig überprüft würden.
    Steinglitz nahm den Vorschlag Dietrichs begeistert auf.
    Landsdorf dagegen opponierte heftig.
    „Ihre Idee ist im Grunde scharfsinnig und von psychologischer Anziehungskraft. Doch ... ich bin ein entschiedener Gegner solcher Extravaganzen wie eine erzwungene Operation."
    Dietrich warf lebhaft ein:
    „Unseren Chirurgen ist es ja auch gestattet, am Lagermaterial verschiedene medizinische Experimente vorzunehmen. Ich habe selbst gesehen ..."
    „Sie haben gesehen, ich aber will nichts davon wissen", unterbrach ihn Landsdorf gereizt. „Ich als Ihr Vorgesetzter verbiete Ihnen alles, was den Prinzipien der Menschlichkeit widerspricht." Und seinen Blick auf Steinglitz richtend, sagte er: „Ich hoffe, Ihr Gedächtnis reicht so weit, daß Sie sich meiner Anordnung unter allen Umständen erinnern. Ich verbiete Ihnen jede Gewaltsamkeit. Und wenn sich einer der Lehrgangsteilnehmer beim Umgang mit einem neuen Sprengstoff oder einer Waffe eine Verletzung zuzieht, so werde ich den verantwortlichen Offizier der strengsten Bestrafung unterziehen. Sollte sich der Geschädigte nach seiner Heilung als körperlich tauglich erweisen und freiwillig den Wunsch äußern, weiter als Agent zu arbeiten, so verdient dieser Mann jede Förderung. Übrigens spüren die Versehrten gewöhnlich ihre Minderwertigkeit: Ihre Perspektivelosigkeit quält sie, und deshalb sind sie bei einer Werbung das gefügigste Material.
    Sie, Major Steinglitz, sind sicher der Ansicht, daß eine gewisse hochgestellte Persönlichkeit aus dem englischen Außenministerium uns deshalb Dienste erwiesen hat, weil sie plötzlich ein Anhänger der Ideen des Führers geworden ist? 0 weh! Wir haben bei ihm keine ideologischen, sondern medizinische Methoden angewandt. Wir haben unserem Landsmann, einem namhaften Londoner Arzt, vorgeschlagen, seinem Patienten einzureden, daß er unheilbar an Krebs erkrankt sei. Natürlich war der Betreff ende in diesem Zustand nur um eines besorgt: seine Familie nach seinem Tode versorgt zu wissen. Wir halfen ihm dabei, indem wir seine Verdienste hoch bezahlten. Davon, daß er uns Dokumente aus den Safes des Foreign Office beschafft hat, wissen Sie ja wohl." Er gähnte und streckte sich. „Wie Sie sehen, meine Herren, wachsen die Blumen der neuen Ideen aus dem Samen, den wir, die Älteren, gesät haben."
    Weiß war über die Pläne, mit denen sich Dietrich trug, auf dem laufenden. Blieb nur in Erfahrung zu bringen, welcher der Lehrgangsteilnehmer zu einem Krüppel gemacht werden sollte und gegen welches Werk sich der Diversionsakt richtete. Weiß bemühte sich herauszubringen, welche sowjetische Wochenschau man anfordern würde. Er hatte diese Methode bereits mehrfach angewandt, um Informationen für das Zentrum zu sammeln.
    Bisher war es dem Stab „Vally" jedoch nicht gelungen, auch nur in ein einziges sowjetisches Rüstungswerk zu dringen. Trotz der wütenden Befehle Canaris' waren fast alle Operationen, die sich dieses Ziel gesetzt hatten, erfolglos geblieben.
    Jetzt begann man, die Diversionsakte in einer Atmosphäre äußerster Heimlichkeit vorzubereiten.
    In der Nähe des Stabes „Vally" war ein Sonderlager eingerichtet worden, zu dem nur hohe Offiziere Zutritt hatten. Denjenigen Abwehrleuten, die mit den Gruppen im Lager arbeiteten, war das Betreten des Sonderlagers verboten.
    Die ohnehin strenge Disziplin wurde noch verschärft, da man die Ankunft Canaris' erwartete, der beschlossen hatte, alle gegen den Osten gerichteten Einheiten der Abwehr einer genauen Inspektion zu unterziehen.
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    Leiter der für Frauen eingerichteten Nebenstelle der Warschauer Spionageschule war Klara-Klawdia Aufbaum-Seljenko, Hauptmann der von den Deutschen aus Verrätern und Überläufern geschaffenen sogenannten Russischen Befreiungsarmee (ROA).
    Ihr Mann, Fritz Aufbaum, hatte auf ihr Drängen hin bereits 192o nicht nur seinen Buchhalterberuf und Namen geändert, sondern auch sein Fachgebiet, und bekleidete unter der Sowjetmacht bereits die Stellung eines leitenden Ingenieurs. Seinen Mangel an technischem Wissen

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