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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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bestand."
    Weiß fragte nach dem Schicksal der Agentengruppe, zu der Nagel gehörte.
    Steinglitz erklärte ihm, daß das Flugzeug, obwohl es die Gruppe ins sowjetische Hinterland gebracht habe, nicht zum Flughafen zurückgekehrt war und zwei Leute — der Gruppenälteste und der Funker — bei einem unglücklichen Absprung ums Leben gekommen waren; die Führung der Gruppe habe jetzt der Funker Nagel übernommen, der zur vollsten Zufriedenheit arbeite.
    Steinglitz sprach über die erfolgreiche Arbeit der Gruppe ohne jede Begeisterung. Ihn beunruhigte ein gewisser Kurswechsel im Quartier von Canaris. Noch im Juni 1940 hatte der Admiral ihm befohlen, seinen Bericht über die außergewöhnliche Schwäche der britischen Streitkräfte zu vernichten und dafür einen anderen zu verfassen, in dem die englischen Streitkräfte fälschlicherweise erhöht wurden.
    Wenn sich dahinter eine politische Intrige verbarg, so hätte Canaris, wie es üblich war, Steinglitz für seine Verdienste belohnen müssen. Hatte ihn Canaris vielleicht gezwungen, den erlogenen Bericht zu schreiben, um ihn dann an der Angel zu haben? Doch wozu? Über ihm hing ohnehin eine beständige Gefahr: Heydrich wußte, daß er einen Gestapoagenten in die Hände des Intelligence Service getrieben hatte.
    Auch Rittmeister Gerd vernachlässigte in letzter Zeit die Schulangelegenheiten. Er versuchte, dringend in Erfahrung zu bringen, ob die amerikanischen Aktionäre der „Deutsch-Amerikanischen Erdöl-AG", an denen auch Gerds Schwiegervater beteiligt war, Bombenangriffe der britischen Luftstreitkräfte auf ihr Eigentum in Deutschland zulassen würden.
    Wenn sie damit einverstanden waren, so mußte Gerd unverzüglich daran denken, seine Versicherungsprämie in einem weniger gefährdeten Objekt anzulegen. Das kaukasische Erdöl hatte zweifellos große Perspektiven, es würde mächtige Dividenden abwerfen. Doch wer überzeugte den Führer davon, daß die Zerstörung Moskaus jetzt nicht so wichtig war wie die Eroberung der Ukraine und der Erdölgebiete im Kaukasus?
    Deshalb schrieb Gerd einen Brief an den Herzog Karl-Eduard von Sachsen Coburg-Gotha, der gleichzeitig der Enkel der englischen Königin Viktoria, Namensträger des Herzogs von Albany und Gruppenführer der SA war. Dem Brief legte Gerd einen Scheck bei und bat den herzoglichen Gruppenführer um einen freundschaftlichen Dienst: Er möge ihm eine Konsultation über seine Firma bewegende Fragen gewähren.
    Gerd befürchtete, die Engländer könnten, während die deutsche Wehrmacht den Kaukasus angriff, dorthin Agentengruppen entsenden, die die Erdölindustrie sabotierten. Er erinnerte sich, daß die Abwehr noch vor dem Abschluß des Abkommens mit Rumänien in die Erdölgebiete Sondergruppen eingeschleust hatte, um die Werke vor der Diversionstätigkeit der Engländer zu schützen.
    Und er dachte ernsthaft daran, ob man die Leitung der Abwehr nicht überreden sollte, ähnliche Gruppen auch nach dem Kaukasus zu schicken.
    Da Johanns Verhältnis zu Steinglitz fast freundschaftliche Formen angenommen hatte, Steinglitz wiederum von Gerd ins Vertrauen gezogen wurde, waren auch Johann diese Informationen zugänglich, die er unverzüglich dem Zentrum übermittelte.
    Von Dietrich erfuhr Johann, daß der letzte Funkspruch der Gruppe Nagel an den Stab „Vally" eine tragische Note hatte: „Gruppe im Feuer einer sowjetischen Spionageabwehrgruppe. Müssen Sender vernichten. Falls es uns gelingt, der Verfolgung zu entgehen, werden wir versuchen, die feindlichen Linien zu durchbrechen." Also war mit Nagel alles in Ordnung.
    Dietrich kam zu der Schlußfolgerung, daß bei den Russen der Sinn für eine gegenseitige brüderliche Hilfe, das aktive Mitgefühl, außerordentlich entwickelt seien. Und vor allem: Die sowjetische Bevölkerung war von einem fanatischen Patriotismus erfüllt, und jeder sowjetische Soldat oder Offizier, der nach einer Verwundung Invalide geworden war, genoß die tiefe Verehrung seiner Landsleute, Obhut und Schutz der Behörden.
    Im Zusammenhang damit hielt es Dietrich für mehr als zweckmäßig, in den Lagern mit der Suche nach Kriegsversehrten zu beginnen. Diesem Befehl fügte er einen weiteren hinzu: Sollten sich im Bestand keine Invaliden finden, so hatte man geeignete Kandidaten vorzumerken, um sie nach einer Zuverlässigkeitsprüfung unter diesem oder jenem Vorwand „zum Auskurieren" ins Lazarett zu schicken. Dort würden erfahrene Ärzte ihnen entweder einen Arm oder ein Bein amputieren.
    Nach der

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