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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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habe. Er habe all das zu Papier gebracht und es einem Freund geschickt, der, sollte ihm ein Unglück zustoßen, nicht zögern würde, diese Aufzeichnungen dem SD zu übergeben.
    Diese Angriffstaktik hatte ihre Folgen. Dietrich bekam Angst.
    Den Lehrgangsteilnehmer „Dattel", der auf Empfehlung des Häftlings 740014 aus dem Versuchslager gekommen war, ließ Johann noch zusätzlich durch das Zentrum überprüfen.
    In der Funkergruppe zeichnete sich der Neuankömmling durch gute technische Kenntnisse und eine ausgezeichnete Auffassungsgabe aus, und Johann, nachdem er beiläufig Dietrich erzählt hatte, daß dieser Dattel anscheinend der geeignete Kandidat sei, wunderte sich nicht, als er einige Tage später erfuhr, daß Dattel zum Ausbilder bestimmt worden sei.
    Da das Verhältnis zu Dietrich durch Johanns Drohung geprägt war, kam es zu keiner weiteren Vertraulichkeit zwischen ihnen. Selbst nach der katastrophalen Niederlage der Wehrmacht bei Moskau zeigte Dietrich seine übliche steife Selbstbeherrschung. Übrigens verlor keiner der Offiziere beim Stab „Vally" auch nur ein Wort über diese Niederlage. Es war, als überböten sie sich gegenseitig in der Kunst der Verstellung.
    Wenn früher gleichsam ein aus der Verachtung gegenüber dem Gegner und der unerschütterlichen Gewißheit eines schnellen Sieges geborener Geist wohlwollender Nachsicht in der Schule geweht hatte, so trat an dessen Stelle jetzt ein strenges Mißtrauen, eine unbarmherzige Disziplin, von der jede Abweichung unverzüglich bestraft wurde.
    Die Auswahl der Lehrgangsteilnehmer wurde jetzt in mehreren Stufen und mit raffinierterer Sorgfalt durchgeführt. Man unterzog die Kandidaten heimtückischen Überprüfungen, so daß nicht wenige der von den Untergrundorganisationen Vorbereiteten dabei ums Leben kamen.
    Doch Johanns Position hatte sich in der Zwischenzeit gefestigt. Er hatte in der Schule seine Leute. Wie die Glieder einer Kette waren sie untereinander verbunden. Nur einer von ihnen kannte Weiß, nahm von ihm Befehle entgegen, für die anderen blieb er ein Dolmetscher, ein Feind.
    Steinglitz sprach Johann gegenüber seine dunkle Vermutung darüber aus, daß Himmler und Heydrich jetzt versuchen würden, die Ursachen der zeitweiligen Mißerfolge an der Ostfront auf die Abwehr abzuwälzen, da diese es nicht verstanden habe, die wahren Kräfte des Gegners zu erkunden. Canaris, der die ihm drohende Gefahr nicht erkannte, hatte sich völlig den Manövern der Geheimdiplomatie hingegeben, er hatte sich mit den Engländern in Verbindung gesetzt. Doch jetzt war es zu spät.
    Wenn Churchill noch bis zur Niederlage der Wehrmacht bei Moskau geschwankt hatte, ob er mit Deutschland einen Separatfrieden abschließen solle, um mit vereinten Kräften den Krieg gegen die Bolschewiken fortzusetzen, so war jetzt alles zu Ende.
    „Unsinn", sagte Weiß, „du (er stand jetzt mit Steinglitz auf freundschaftlichem Fuß) bist einfach nur beleidigt, daß Berlin wieder einmal abgelehnt hat, dich als Spezialisten in westlichen Ländern einzusetzen."
    „Wie soll ich denn da nicht beleidigt sein? Ich kenne meine Jungs. Sie heimsen jetzt Gelder und Beförderungen ein, nur weil sie schon lange bei diesem Theater mit den Engländern mitmachen."
    „Sie sind Diplomaten geworden", sagte Weiß lächelnd.
    „Nein, sie bespitzeln nur diejenigen, die eine geheime diplomatische Mission erfüllen oder die Rolle eines Mittelsmannes bei den Verhandlungen spielen. Erinnerst du dich an die beiden Taubstummen?" Johann nickte.
    „Sogar diese halben Krüppel haben in der Schweiz nicht schlecht verdient. Ich sage: haben. Himmlers Leute haben sie liquidiert." „Warum?"
    „Offensichtlich hat es dem Reichsführer nicht gefallen, daß sich Canaris bei den Verhandlungen mit den Engländern zu sehr in den Vordergrund gedrängt hat."
    „Aber das ist doch Verrat!"
    „Bist du ein Dummkopf oder tust du nur so?" ereiferte sich Steinglitz. „Denkst du etwa, daß Heß ohne Einwilligung Hitlers einfach so Hals über Kopf über England mit dem Fallschirm abgesprungen ist? Jeder x-beliebige Soldat weiß, daß der Führer Guderian nur deshalb vor Dünkirchen aufgehalten hat, damit dieser die englischen Truppen nicht vernichtet. Sie konnten sich ungehindert über den Kanal retten, damit sich die englische Regierung anhand dieses freundschaftlichen Akts von seiten des Führers überzeugte, daß die Möglichkeit einer Vereinigung der Kräfte gegen den Hauptfeind Nummer eins, gegen Rußland,

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