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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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Heiratskandidaten, einen, den ich lieben könnte. Oheim Ulrich sagt, mir stünden leuchtende Farben zu meinem dunklem Haar.«
    »Oheim Ulrich.« Anna fiel die Begegnung am Spiegel mit ihm ein. »Das Ekel.«
    »Aber er tanzt gut, redet über Musik und Bücher, du müsstest ihn eigentlich mögen. Der Halsausschnitt ist zu klein, findest du nicht?« Sidonia zerrte sich den Stoff über die Schultern.
    Anna sah gar nicht richtig hin. Vom Heiraten und Kinderkriegen hatte sie auch einmal geträumt, in ihrem früheren Leben, bevor sie mit anhören musste wie ein Mann Schellebelle Gewalt antat. Auf einmal fiel ihr etwas ein, und zugleich schien es ihr so fern, als hätte das Tanzfest nur im Traum stattgefunden. »Du bist doch verlobt, oder?«, fragte sie. Der Stapel Wachstafeln des Malers und die Zeichnung von Sidonia neben einem Mann, so als wären sie schon ein Paar. Sie erinnerte sich nicht mehr an den Namen des Bräutigams, irgendwas mit -inger hinten, williger, wie heiratswilliger, ja das würde passen.
    »Verlobt? Schön wäre es, bei Vater hat noch keiner um meine Hand angehalten, soviel ich weiß. Wenn sich das mit dem Teufel im Haus herumgesprochen hat, wird es auch so bald keiner tun.«
    Das Wort ›Teufel‹ versetzte Anna einen Stich. »Wie …, wie war es für euch, als, als …«, begann sie stotternd.
    Sidonia zog die Goldlitze durch die Hand wie Mutter ihre Gebetskette.
    »Du weißt schon, als das mit Schellebelle …, also, als der Pater behauptete …«
    »Ich weiß, wann du meinst«, unterbrach sie Sidonia ruhig. »Aber ich dachte, du willst nicht darüber sprechen. Virginia und ich sind von einem Schreien aufgewacht. Jemand schrie so schrill und durchdringend, dass man es bis zu uns in den dritten Stock hinauf hörte. Wir saßen beide senkrecht im Bett und wussten nicht, was wir tun sollten. Als es wieder ruhig war, spähten wir durchs Fenster und sahen einen verschwommenen weißen und daneben einen dunklen Fleck über den Hof laufen. Wir schlichen in den Flur und vernahmen, wie Mutter unten der Amme Anweisungen gab, so als wäre nichts geschehen. Aber wir haben uns nicht verhört, da hatte wirklich jemand geschrien!«
    »So geht’s mir auch. Immer hoffe ich, es war nur ein böser Traum«, sagte Anna.
    »Wir zogen uns rasch an und liefen zu ihr hinunter«, berichtete Sidonia weiter. »Und fanden Mechthild allein in deinem Bett. Vater war wie üblich nicht da und Mutter wusste auch nicht, wer da geschrien hatte. Warst du es?«
    Anna schüttelte den Kopf.
    »Wir dachten es jedenfalls und hatten noch mehr Angst, weil wir glaubten, du warst auch eine der Gestalten, die über den Hof gezerrt worden war. Mutter versuchte uns zu beruhigen, Severin müsse gleich kommen.«
    »Severin!« In Anna begann es zu brodeln.
    »Ja, ich mag ihn auch nicht besonders. Er kommt einem immer so nahe und er hat Mundgeruch. Jedenfalls verschanzten wir uns, auch die Amme mit Maria, in Mutters Schlafkammer und schoben, lach nicht, sogar den doppeltruhigen Kasten vor die Tür, weil wir dachten, so die Beutelschneider, die vielleicht ins Haus eingedrungen waren, aufhalten zu können.«
    Auch sie haben sich versteckt, dachte Anna.
    »Wir warteten eine Ewigkeit. Maria hatte sich längst bei Celia satt getrunken und war immer noch hellwach, genau wie wir. Mutter beschloss, alleine hinunterzugehen. Wir jammerten und zeterten, bis sie nachgab. Wir drei, Mutter, Virginia und ich, stiegen schließlich hinunter. Celia sollte bei Albert und Mechthild bleiben. Natürlich mussten wir erst den Kasten wieder ein Stück zurückschieben. Wir zwängten uns hinaus. Severin kam gerade aus der Küche, hatte zerknüllte blutverschmierte Laken im Arm. Er wollte sie noch vor unseren Blicken verbergen. Aber es war zu spät. Er stammelte herum, wie immer, erklärte mühsam, dass ›die Magd Ifabella …‹«, Sidonia machte das Lispeln des Dieners nach. »›Daff der Teufel bei ihr in der Küche war.‹ Mutter unterbrach ihn. Sie schien plötzlich keine Angst mehr zu haben. ›Was redest du da vom Teufel?‹ Sie lachte sogar, wenn auch ein bisschen gekünstelt. ›Ja, Herrin, in der Küche war er und hat, nun ja, hat mit der Magd gebuhlt.‹ ›Gebuhlt‹, hat er es genannt, da war wenigstens kein S drin. Mutter zweifelte noch immer. Er sagte ihr, dass er ›mit Vaterf Einverftändnif nun den Beichtvater holen würde, der könne fich dann der Fache annehmen, Frau Gräfin, und wir follten doch am beften in der Dachkammer warten, bif der Pater käme.‹

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