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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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Handelshaus zurück, versteckte den schmutzigen Kittel in seinem Pult und versuchte sich auf die Zahlenschieberei zu konzentrieren, wobei ihm die Lider oft schwer wurden. Er fand sich in einem Dickicht wieder, schlug riesige Äste ab, die doppelt nachwuchsen. Doch das sirrende Geräusch der Axt entpuppte sich nur als Hiebe von Rummels Gerte auf sein Schreibpult, weil er wieder mal eingeschlafen war.
    Nach vielen Stunden harter, eisiger Arbeit war es geschafft. Aus einigen Leisten, die er im Schuppen bei den Gartenwerkzeugen fand, nagelte er ein Gestell zusammen. Daraus wollte er eine Grasbank machen, wenn der Frühling den Nebel ganz vertrieb. Er setzte sich und ließ seinen Blick über die gestutzten Büsche und die brachliegende Erde schweifen. Alles war in Erwartung seines Planes zurechtgemacht und vorbereitet. Er würde Giuseppe bitten, einige Setzlinge und Samen vom Festland herbeizuschaffen. Mit seiner Liste ging er zum Eingang und rief nach dem Alten. Der dicke Kater aalte sich in einem Streifen Sonne, der auf den schmalen Steg fiel. Philipp schob ihn mit dem Stiefel über die Brüstung und wartete auf das Aufklatschen im Wasser. Aber da kam kein Geräusch. Auf der anderen Kanalseite stand der Mann, der ihn neulich beobachtet hatte.
    »Lass Dante in Ruhe!«, zischte Giuseppe.
    »Dante?«
    »Na, den Kater, den gibt’s schon länger als dich.«
    »Kannst du das alles hier vom Festland bestellen?« Philipp hielt ihm die Liste hin.
    »Was soll ich damit?«
    »Da steht drauf, was ich brauche, bitte vergiss nichts.«
    »Bah, ich kann nicht lesen. Du sollst sowieso nach oben kommen.«
    »Nach oben? Du meinst, der Besitzer ist da?«
    Giuseppe schlurfte über den Steg und lockte den Kater mit Zungenschnalzen. Da fiel Philipp etwas ein. »Der Mann in dem schwarzen Faltrock bei dem Gondoliere, kennst du den, weißt du wer das ist?«
    »Ich kenne nicht jeden Deutschen. Einer wie du reicht mir. Na los, geh schon.«
    Die Salontür stand offen. Schwere Samtvorhänge sperrten das Tageslicht aus, dafür brannten die Kerzen am großen Murano-Lüster. Zwischen verschnörkelten Möbeln standen ausgestopfte Tiere. Ein Pfau, ein Bär und ein zotteliger Hund, oder war der echt und schlief nur? Auf dem Sofa saß eine menschengroße Puppe, kunstvoll in ein schillerndes Kleid drapiert. Philipp suchte den Hausherrn, vermutete ihn wieder in einem der Sessel, doch die waren bis auf ein paar Kissen leer. Über allem lag erneut der betörende Duft eines Zitronenbaums, vermischt mit einem weichen, herben Duft, den Philipp nicht kannte. In seiner Schamkapsel spannte es. Zum Glück trug er den weiten Kittel über seinen Sachen und konnte die Erregung verbergen. In letzter Zeit brauchte er nur an ein Stück Frauenhaut zu denken und schon musste er sich im Abtritt des Handelshauses Befriedigung verschaffen. Die riesenhaften Venezianerinnen hatten ihn anfangs geängstigt, bis ihm Octavian erklärte, dass sie unter dem langen Kleid auf sehr hohen Schuhen daherstelzten, um die Luxusgesetze zu umgehen. Den Frauen war das Tragen von Perlen und Schmuck im Haar verboten, und auch die Länge der Schleppe wurde vorgeschrieben. So legten sie sämtlichen Prunk auf das Kleid, auch wenn sie sich kaum vorwärtsbewegen konnten. Nachts stellte Philipp sich vor, unter diese Röcke zu kriechen und wie unter einem Baldachin zwischen den Frauenbeinen zu stehen.
    »Filippo.«
    Wer sprach da? Er wollte schon zurückgehen, an der Seitentür klopfen wie damals, und wandte sich noch mal zu der großen Puppe um. Das war doch das Gesicht, das er hinter den Scheiben gesehen hatte. Feuchtglänzende Augen musterten ihn. »Ich bin Adelaida. Trägst du mich ans Fenster, damit ich dein Werk besichtigen kann?«
    »Was ist mit Euch?«, fragte er. »Ich dachte Ihr seid …«
    »… ausgestopft?« Sie lachte. »Vermutlich hätte das mein Gatte auch mit mir getan, wenn er nicht vorher gestorben wäre. Nun los, Filippo, sei nicht zaghaft, ich spüre nichts vom Hals abwärts. Greif zu und dann erzähle mir was von den Fuggern. Einem Kaufmann schenkte ich vor zwei Jahren einen meiner Spiegel für sein Töchterchen. Er kam aus Augsburg und behauptete, die Fugger hätten die schönsten Gärten des ganzen Reiches.«
     
    Der Teufel, in Gestalt des Liebhabers der Küchenmagd, trieb in Augsburg sein Unwesen, schrieb Vater. Philipp dagegen liebte mit Hingabe. Bevor er morgens zum Unterricht im Handelshaus erschien, kleidete er Adelaida an und fütterte sie. Bei den Stunden der doppelten

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