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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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in der Truhe unter ihren Fingernagel gebohrt hatte.
    »Wo hast du das her?«, fragte sie und schluckte.
    Sidonia lachte. »Gesät, gegossen, gewartet, geerntet … Unsinn! Von der Köchin natürlich. Sie freut sich, dass sich die piekfeinen Fuggercontesse doch noch zu ordentlichen Hausfrauen entwickeln. Du warst auch bei ihr und hast nach Getreide gefragt, oder?« Sie zwinkerte Anna zu.
    »Ich … äh … habe, … wollte was nachschauen. Du weißt schon, wegen jener Nacht, als ich …« Anna holte Luft und schnaufte tief aus.
    Sidonia strich ihr übers Haar. »Das in der Küche, das war doch nur irgendein Streich.« Sie zog ein kleines Pergament unter ihrem Kopfkissen hervor. »Die Huckerin, von der ich das habe, hat mich auch danach gefragt. Anscheinend spottet die ganze Stadt über die Teufelsnacht bei uns. Es soll schon Gassenhauer geben vom Mönchsteufel im Fuggerhaus.«
    »Auf Kosten von Schellebelle.« Anna war den Tränen nahe.
    »Es geht immer auf Kosten von irgendjemand, diesmal sind wir dran.«
    »Wir?«, riefen Virginia und Anna wie aus einem Mund.
    Sidonia seufzte. »Wenn wir es nicht verhindern.«
     
    Mit verschnörkelten, aber ziemlich krakeligen Buchstaben war eine Formel auf das Pergament geschrieben. »Die Huckerin war letztes Jahr an der Tür und wollte Celia Tand andrehen. Ich habe der Frau ein Goldstück gegeben und sie hat mir dafür ihren ganzen Bauchladen überreicht. Die Litzen und Schmuckbänder, Anna, sind von ihr. Na ja, und auch ein paar Rezepturen, wie diese hier.«
    »Wozu brauchst du einen Liebeszauber, es verliebt sich sowieso jeder in dich, wenn man dich nur anschaut«, stellte Virginia fest und Anna nickte.
    »Ach, ihr Süßen.« Sidonia umarmte sie beide.
    »Stimmt doch«, sagte Virginia und tupfte Krapfenkrümel vom Tablett. »Wenn du der Mond wärst, wären wir höchstenfalls zwei mickrige Sterne, die sich ganz schön polieren müssen, um neben dir zu glänzen.« Sie hielt inne und lächelte unsicher zu Anna.
    »Virginia hat recht. Welcher Freier möchte wissen, ob wir musizieren oder malen können, allein die Anmut und Schönheit zählt doch bei einer Frau.« Das Äffchen saß auf dem Tablett und drehte ein Krapfenstück zwischen den Pfoten, bevor es daran knabberte.
    »Ich will aber nicht ausgesucht werden wie ein Pferd auf dem Markt.« Sidonia spreizte sich mit den Fingern den Mund, wie es ein Händler bei einem Pferd tun würde, und entblößte zwei Reihen makelloser Zähne. »Ja, die steht gut im Futter, die nehme ich, wie viel kostet die denn?«, ahmte sie mit tiefer Stimme einen Pferdekäufer nach.
    Virginia verschluckte sich und versprühte Krümel.
    Sidonia klopfte ihr auf den Rücken. »Versteht ihr? Mir soll mein Mann auch gefallen. Also seid ihr dabei?«
    Sie stimmten zu. Keine wollte in ein Kloster. Jede sehnte sich nach einem Liebsten, der sie heiratete und von der katholisch gewordenen Mutter wegbrachte.
    Nach den Anweisungen auf der Rezeptur breiteten sie ein Leintuch auf dem Boden aus, streuten die Körner darauf und zogen sich nackt aus. Erst verschämt, aber dann neugierig, betrachteten sich die Schwestern. Einen Mädchenleib hatte keine mehr und die jüngste von ihnen, Virginia, besaß den größten Busen.
    Donna musste vom Käfig aus zusehen, wie sich die drei gegenseitig mit Honig beschmierten, kicherten, weil sie aneinander klebten, und sich dann, eine nach der anderen, im Getreide wälzten. Sie sammelten die Körner von ihren Leibern ab, füllten jede eine Schale damit, für ein Anna-, ein Virginia- und ein Sidoniabrot. Wenn der Auserwählte davon aß, würde er ihnen verfallen. So einfach war das.
    »Und wenn es steinhart geworden ist, bis der Richtige kommt, weichen wir es ihm eben in Wein ein«, erklärte Sidonia. »Damit er sich nicht die Zähne daran ausbeißt, falls er noch welche besitzt.«

32. Die Seiten
    Pater Canisius durchstöberte sämtliche Bücher im Haus und versah sie mit einem Stempel, wenn er sie zur Lektüre der Fugger-Frauen für geeignet befand. Am Ende lag nur noch ein kleiner Stapel auf dem Salontisch, alle anderen Bücher aus den Kinderzimmern wurden in Körben nach draußen geschafft. Philipp besaß keine Bücher, er hatte nie verstanden, warum so ein Aufheben wegen ein paar bekritzelter Seiten gemacht wurde. Gut, es gab einige Gartenbücher in Vaters Bibliothek, die er schätzte, aber denen würde nichts geschehen. Zum Beispiel den großen farbigen Folianten von Albertus Magnus, aus dem er die Grasbank fürs ›Ca’ dei

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