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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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Lasst uns ein anderes Mal die Bücher weiter zensieren.« Canisius verbeugte sich, schielte zu Hildegards Buch und ging rückwärts hinaus. Anna stieß die Nische mit dem Fuß zu und schmiegte sich an ihren Vater. Ihre farbbeschmierten Hände und Ärmel verbarg sie hinter seinem Rücken.
    »Alles Gute«, flüsterte er und küsste sie ins Haar. Er ließ sie los und öffnete die Geheimtür mit dem Totenkopf, dahinter befand sich die Stiege abwärts. Er kam mit einem Käfig zurück und überreichte ihn ihr. »Für dich. Da will noch jemand gratulieren.«
    Ein Äffchen, das ein gepunktetes und gestreiftes Oberteil trug, kauerte darin und verbarg sein Köpfchen in einem breiten Faltenkragen. Anna juchzte und umarmte ihren Vater. Das Äffchen erschrak, fletschte die Zähne und blinzelte sie aus einem rosa Gesicht an.
    »Ich habe ihn einem der Spielleute abgekauft. Ich dachte mir, es gefällt dir vielleicht. Besser gesagt, sie. Es ist ein Weibchen.« Die Affendame versuchte ihren langen Schwanz zu erwischen, drehte sich dabei um die eigenen Achse. Anna stellte den Käfig auf einem Stuhl ab und öffnete ihn. Sie streckte vorsichtig einen Finger aus. »Na, du Kleine? Entschuldige, dass ich dich erschreckt habe. Kommst du heraus?«
    Das Äffchen musterte Anna aus schwarzen Augen. Dann schob sie ihre winzige Hand mit langen spitzen Fingern vor, griff nach Annas Riesenfingern, drehte am Ring, wischte und kratzte auf Annas Handfläche herum, als müsste es prüfen, ob sie sauber genug war. Es kitzelte. Anna lachte. »Sie reinigt mich zuerst wie Pater Canisius.«
    Auch Georg Fugger schmunzelte. Anna zog den Finger zurück. Die Affendame hing daran und schaukelte, sauste mit einem lauten Kreischen auf Annas Kopf, wippte in ihren geflochtenen Schaukeln und sprang auf die Bücherborde.
    »Fang deine neue Freundin lieber ein. Bücher sind nichts für Affen.«
    Doch das Äffchen wollte nicht in den Käfig zurück, es klammerte sich an Anna fest. Warm und weich fühlte es sich an, das kleine Herz pochte gegen ihre Hände.
    »In meiner Kammer lass ich dich gleich wieder frei, versprochen«, flüsterte sie ihm zu. Wie lange hatte es im Dunkeln schon ausharren müssen? Anna hatte jemanden gefunden, der genauso ungern eingesperrt war wie sie, ob in einer Truhe oder in einem Käfig. Und der am liebsten Späße machte. Affenspäße! Mechthild und Albert würden staunen. »Danke, Vater«, sie küsste ihn, bevor sie ging.
     
    Bereits vor dem Nachtessen jagten die Buben Raymund, Anton, Julius und Albert dem Äffchen hinterher. Mechthild kreischte dazu in ihrem Laufstuhl. Bald waren Vorhänge von den Fenstern gerissen, Borde schief und Kissen zerdrückt.
    Mutter kam von der Messe und die Fuggerkinder beeilten sich, die Ordnung wiederherzustellen.
    »Madonna, was ist denn das Unappetitliches?«, fragte die Gräfin, als vom Leuchter aus etwas Kleines, Braunes in ihren Teller plumpste.
    »Das wird eine Dattel sein, meine Liebe«, sagte Georg.
    »Was sucht die in meiner Krebssuppe!«
    Die Kinder prusteten los. Philipp und Octavian, die mit Vater aus dem Wehrgang gekommen waren und neben ihm am Tischende saßen, lachten mit.
    Nun wusste sie wie sie die Affendame nennen würde. Hoffentlich bewegte sie sich dort oben nicht. Die Kleinen schielten hoch.
    Ursula folgte ihren Blicken. »Was ist das?« Sie ließ den Silberlöffel fallen.
    »Mein Geburtstagsgeschenk für Anna.« Georg pulte seelenruhig das Fleisch aus einer Krebsschere.
    Ursula formte die Lippen zu stummen Worten, die sie ihrem Mann entgegenschleuderte.
    Vater achtete nicht auf sie, wandte sich Anna zu. »Hast du schon einen Namen für dein Geschenk?«
    »Decessum«, schlug Philipp vor.
    Anna beachtete ihren Bruder nicht. »Herrin und Frau, ich nenne sie Donna.«
    »Blitz wäre ein besserer Name«, erwiderte Albert. Er stieg auf den Stuhl und versuchte Donna vom Leuchter zu heben. Das Äffchen sprang herab, quer über den Tisch, stieß eines der venezianischen Gläser um. Die Kinder kreischten.
    Ursula roch erst an einem Fläschchen und drückte sich auf die Kehle, als müsste sie ihre Stimme hervorpressen. »Wir sind hier nicht im Narrenturm.« Sie blickte zu ihrem Mann, der das heil gebliebene Glas wieder aufstellte. »Noch nicht!«
    Georg seufzte. »Anna, bring Donna aus Rücksicht auf deine Mutter in deine Kammer und binde sie in Zukunft an eine kurze Leine, wenn du sie im Haus spazieren führst, sonst zerstört sie das wenige Inventar, das wir noch haben. Los Octavian, hilf ihr mal, ihr

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