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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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Schlittenfahrt auf dem Perlach abgesagt. Geht es dir gut? Es scheint, ich sollte eher dir unter die Arme greifen. Wie es hier aussieht! Gefällt es dir in einer Art … Mönchsgruft zu leben? Wo sind all die Sachen hin, die du von den Reisen mitgebracht hast? Musstest du irgendwelche Gläubiger besänftigen?«
    »Das geht dich nichts an. Los, was treibt dich her?«
    »Hossa. Wie ich gehört habe, ist deine Gattin konvertiert. Dass sie Lutheranerin war, störte dich früher nicht. Woher der Wandel nach so vielen Ehejahren? Na ja, mit den täglichen Gebeten der Armen aus der Fuggerei und euren eigenen Litaneien, da kommt reichlich Ablass zusammen und verkürzt natürlich das Fegefeuer.«
    »Schweig und frevle nicht in meinem Haus.«
    »Ich dachte, du machst dir nicht so viel aus dem Papsttum und vertraust mehr den heidnischen Essenzen? Dann hast du die Suche nach einem lebensverlängernden Elixier aufgegeben? Obwohl auch ich es mir, ehrlich gesagt, gut überlegen werde, ob ich es in diesem Leib weiter aushalte.« Anna stutzte, das würde Philipp gar nicht gefallen, zu hören, dass Christoph sich selbst nicht mochte.
    »Nun sag schon, wozu bist du da?« Annas Vater stöhnte laut. »Wann fängst du an, irgendetwas ernsthaft zu betreiben, immer nur Spott und Hohn.«
    »Ernsthaft treibe ich es ja …« Der andere lachte wieder.
    »Du musst ja keine Familie ernähren.«
    »Ein großer Vorteil bei Weitem. Neidisch, Georg?«
    »Hör auf. Von Antons Erbe hast auch du genug erhalten, oder etwa …? Nein, du willst doch nicht behaupten, es bereits verschleudert zu haben?«
    »Verschleudert …, so würde ich es nicht nennen. Aber Familie hin oder her, auch ich habe ab und zu jemanden, dem ich etwas zustecken muss, und der muss jemandem etwas geben, damit er es nicht weitersagt und so weiter, du verstehst mich, oder?«
    »Sprich nicht davon.« Die Stimme ihres Vaters war kaum zu hören. »Wenn es jemand von den Kindern erfährt, müssen sie es dem Pater beichten«, wisperte er. »Und ich weiß nicht, ob ich dich dann noch schützen kann.
    »Die Familie, Bruder, wird mich immer schützen.«
    »Ach, das glaubst du also. Da wäre ich mir nicht so sicher.«
    »Die Schande, dass einer der Fugger …, du weißt schon. Ihr werdet zu mir halten, weiterhin.«
    »Dann beende es.«
    »Aufhören, womit? Mit dem Leben? Jeder hat seine Laster, und wenn’s auch nur das Karnickeln ist wie bei dir.«
    »Schweig«, brüllte ihr Vater. Anna erschrak. Dann wieder leiser: »Unsere Jüngste ist schwer erkrankt.«
    »Ach, das tut mir leid, was Ansteckendes?«
    »Das kann dir doch gleich sein.«
    »Meine Krankheit ist nicht ansteckend, eine weitere könnte mich aber schon schwächen.«
    »Denkst du immer nur an dich? Ich versteh gar nicht, wie es deine Günstlinge mit dir aushalten.«
    »Heute denke ich auch mal an dich, Brüderchen. Ich kann dir ein Pfand dalassen, falls du mir ein letztes Mal hilfst.«
    Anna presste ein Ohr an die Tür.
    »Um wie viele Gefallen willst du mich eigentlich noch bitten?«
    »Nur um diesen letzten, lieber Bruder.«
    »Ich könnte selbst Hilfe gebrauchen. Sieh hinaus, was Severin gerade verbrennt.« Sie hörte Schritte.
    »Hat er Bücher in dem Korb da? Das kann doch nicht dein Ernst sein.«
    »Es handelt sich ausschließlich um ketzerische Schriften, die Pater Canisius beschlagnahmt hat.«
    »Und das duldest du? Wie es scheint, bist du selbst nicht mehr der Herr im Haus. Aber am Ende landet die Manessische Liederhandschrift auch noch im Feuer.«
    »Besitzt du die etwa? Zeig her.«
    Unvermittelt ging die Tür auf. Anna sprang zur Seite, fast wäre ihr das Rockende mit dem Buch aus der Hand geglitten.
    »Anna! Na? Willst du deinen Oheim begrüßen und hebst das Röckchen?« Er lachte. Nicht Christoph, sondern der lutherische Oheim Ulrich wollte sie umarmen. Anna wich aus. Donna schrie. Sie war ihr auf den Schwanz getreten.
    Schnell knickste sie, schnappte sich Donna und lief die Stufen hinauf. In ihrer Kammer schlug sie ein paar Nüsse mit dem steinernen Tintenfass auf, setzte Donna in den Käfig und reichte ihr die Nussstücke, während sie den Affenschwanz abtastete. Donna pulte in den Schalen, leckte Nusskrümel von ihrem Kragen. Zum Glück schien sie nicht verletzt zu sein. Womit half Vater Oheim Ulrich oder war es umgekehrt?
    Sie schloss die Käfigtür und breitete das verkohlte Buch auf ihrem Schreibpult aus. Buchdeckel und Bindung fehlten, die Schnüre, die die Lagen der Seiten zusammengehalten hatten, waren bis

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