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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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Ihr damit sagen, Isabella ist eine Heilkundige?«, unterbrach Canisius. »Sie experimentiert mit Kräutern und Elixieren und spricht Formeln dazu?«
    Annas Herz raste, sie ahnte, auf was der Pater hinauswollte, ihre Mutter sollte als Zeugin Schellebelle der Hexerei bezichtigen. »Mutter, bitte.« Anna wedelte mit dem Korsett zwischen dem Pater und ihrer Mutter hin und her.
    »Schon gut, Kind, wirf das Ding weg.« Ursula seufzte. »Pater, tut was immer Euch möglich ist, helft Isabella.«
    Anna schleuderte das Korsett ins Feuer und schlang ihre Arme um Mutters Hals. Ein Wunder, sie hatte es verstanden! Doch ihre Mutter erwiderte ihre Umarmung nicht. »Geh in deine Kammer und wasche dich erst mal, du stinkst.« Sie stieß sie weg und wandte sich dem Pater zu.
    Beim Hinausgehen starrte Anna in den schwarzen Qualm des Kaminfeuers.
    »Was würde es kosten, wenn ihr die Magd exorziert?«, hörte sie ihre Mutter fragen.

44. Die Vierecke
    Hohlsäume für Altartücher ziehen, Stolas besticken und Häubchen füttern war die Hauptbeschäftigung der drei Schwestern. Musizieren war nach wie vor untersagt, so klopfte Virginia nur mit den Fingern auf die Tischkante wie auf ein unsichtbares Virginal.
    »Steht mir ein Schleier?« Virginia hatte sich einen Stoff über den Kopf gelegt und so eingeknickt, dass es ihr Gesicht umrahmte. Sie drehte sich vor den Schwestern.
    »Ich will das gar nicht wissen.« Sidonia zerrte einen Kettfaden aus dem Saum und sah nicht mal von ihrer Stickarbeit auf.
    Anna legte zwei Leinenhemden aufeinander und betrachtete ihre jüngere Schwester ernst. »Niemandem steht so ein Ding.« Sobald Canisius fort war, hatte sie ihnen von seinem Vorhaben erzählt. Mutter saß am Beistelltisch im Salon nebenan und beschrieb einen Stapel Büttenpapiere, tunkte eifrig die Gänsefeder wieder und wieder in die Tusche und schmierte sich die Lippen schwarz, was Anna ein Grinsen entlockte. Wenigstens trug sie keine Bleiplatten mehr, sondern weite schwarze Damastschauben, die sie zwischen Busen und Kugelbauch zusammenzurrte.
    »Was ist eigentlich eine lässliche Sünde?«, flüsterte Anna. »Der Pater hat gesagt, in diesem Kloster werden die wie Todsünden bestraft.
    Virginia sog entsetzt die Luft ein. »Wenn ich jemanden umgebracht habe?«
    Sidonia lachte. »Töten ist nach katholischer Sicht keine Sünde, sondern nur ein Gebot. Eine Todsünde ist es, hier tagaus tagein solch überflüssiges Zeug zusammen zu sticheln. Malefizkruzifixhimmelherrschaftszeitenkreuzdonnerwetter.«
    »Schsch«, flüsterte Virginia und wischte sich Lachtränen fort. »Wenn Mutter das hört, nähen wir uns bis ans Lebensende die Finger wund.«
    Anna spähte durch die Salontür, doch Mutter schrieb vertieft weiter. »Wo hast du denn das lange Schimpfwort her?«
    »Vom Abtrittreiniger, der ist heute über eine Katze gestolpert und beide Kübel sind ihm vom Tragholz gerutscht. Pass lieber auf, Virginia, dass sie dich nicht so sieht. Dann schlägt sie dich bei Stinkbeutel als Erste fürs Kloster vor und sie sparen den Schleier auch noch für die Armen.«
    »Zankt nicht«, stöhnte Anna. »Sonst setzen sie uns in getrennte Räume. Woher weißt du das mit den Geboten, Sidonia? Ich denke, du meidest das Papsttum?«
    »Glaubst du, ich sitze in meiner Kammer, warte bis einer vorbeikommt und mit mir durchbrennt, tappe dabei in eine Falle nach der anderen, die uns Stinkbeutel aufstellt?«
    Virginia schnaubte, als Sidonia nur von ihrer Kammer sprach, aber dann runzelte sie die Brauen. »Wieso Fallen aufstellt?«
    Sidonia schob ihr Nähzeug weg. »Erinnert ihr euch, was er damals in der Dachkammer gesagt hat, nur wer seine Feinde kennt …? So viele gut aussehende, liebenswerte Lutheraner gibt es auch nicht. Wer sagt denn, dass mein Bräutigam Lutheraner ist? Ich muss doch wissen, was mich bei einem Papstverehrer erwartet. Ich hab Stinkbeutels ›Summa doctrinae christianae‹ gelesen.«
    »Seinen was?«, fragte Virginia.
    »Seinen Katechismus, die Antwort auf Martin Luther.«
    »Das hast du gelesen?« Anna staunte, Sidonia war nicht nur eine Augenweide, sie war auch noch klüger als sie selbst. Anna hatte bisher nur versucht, die Wahrheit herauszufinden und gegen Canisius anzukämpfen. Na ja, wirklich gekämpft? Eher hatte sie aufgegeben, bevor sie was erfahren hatte. »Und was steht da so drin?«
    »Was man tun darf und was nicht, von der Taufe angefangen bis zur letzten Ölung. Aber lasst uns damit aufhören.« Sidonia beugte sich über den Tisch. »Was

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