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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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die lockenden Rufe und Blicke der Hübschlerinnen, die gierigen Hände an seiner Hose ließen ihn erstarren. Sein letztes Geld nahm ihm eine dieser Frauen ab, als sie ihn in eine Seitengasse hinters Frauenhaus zog. Sie grapschte nach dem Säurefläschchen, hielt es für Duftwasser, aber Kellenbenz entwand es ihr. Mit geübten Händen öffnete sie seinen Hosenstall und hob ihre Röcke. Er stand einfach nur da, starrte ihren faltigen Bauch und ihre spärlichen Schamhaare an und war unfähig, auch nur seine Arme zu heben und sie zu umfassen. Ihr Kleid und ihre gelben Zähne erinnerten ihn an den zertretenen Vogel vom Pestberg. Plötzlich warf er sich auf sie und wollte sie unter sich begraben. Geschickt rollte sie sich zur Seite und lief, nach den Bütteln schreiend, mit gerafften Röcken davon. Kellenbenz spürte noch den kalten Stoff ihres Kleides an seinem schlaffen Glied.

43. Die Rassel
    Es war so, als hätte es die jüngste Schwester nie gegeben, alle Kleidung und alles Spielzeug, das an Maria erinnerte, wurde fortgebracht. Donna zerrte eine Rassel unter dem Diwan hervor und Ursula geriet außer sich. Wäre Anna nicht dazwischen gegangen, hätte sie das Äffchen mit ins Feuer geworfen, so verbrannte nur Marias Spielzeug im Kamin.
    Bald würde Maria durch das Neugeborene ersetzt werden. Ob es lebte oder auch starb, ihre Eltern würden ein weiteres Kind zeugen. Wahrscheinlich wäre es ihnen sogar gleich, wenn einer nach dem anderen von ihnen sterben würde. Mutters Herzbuben, Philipp und Octavian, natürlich ausgenommen. Sie durften umherreisen, Vater begleiten, reiten und fechten. Nun konnte Anna nicht mal mehr in der Bibliothek in fremde Welten entfliehen. Die Bücher zur Sternenkunde, die Landkarten und die vielfarbigen Illustrationen vermisste sie so wie Virginia das Geklimper. Ihre jüngere Schwester hockte viel in der Küche und stopfte sich mit Süßigkeiten voll. Und Anna starrte in ihrer Kammer die leeren Blätter auf dem Schreibpult an, ob schwarz gefärbt oder weiß, sie wusste nicht, wie sie beginnen sollte. Die Amme Celia erlöste sie aus ihrem Nichtstun: Ihre Mutter verlangte sie im Salon.
     
    Ursula hatte einen Arm auf ihrem schwangeren Leib wie auf einer Weltkugel abgelegt und seufzte bei Annas Anblick. »Was soll ich tun bei elf, verzeiht Pater, zehn Geschöpfen?«
    Anna verbarg ihre immer noch fleckigen Hände hinter dem Rücken.
    »Gott sei ihrer Seele gnädig, aber ich kann nicht alle Kinder gleichzeitig im Auge behalten und diese da«, Ursula hatte schon Canisius’ Geste übernommen und wedelte mit der Hand als sei Anna eine Küchenschabe. »macht mir den meisten Kummer.«
    Der Pater erhob sich vom Tisch und kam zu ihr. Eine Urinwolke umhüllte sie, sie versuchte durch den Mund zu atmen.
    »Ich habe schon einige Arten der Pest gesehen …«, begann er.
    Ursula schrie auf und sank in einen Sessel.
    Er zog Annas Arm hinter ihrem Rücken hervor, drehte und wendete ihre Hand. »Aber diese hier scheint anderer Natur.« Seine Pupillen schwammen in den Augen und flackerten Anna an. »Ruß, Gummi Arabikum oder eher getrocknete und zermörserte Tintenblasen des achtarmigen Meerestieres?« Er spielte ihre Eltern gegeneinander aus, Anna begriff. Sie entwand sich Canisius.
    »Beruhigt Euch, Gräfin, Eurer Tochter ist nur etwas Tinte ausgelaufen oder Tusche? Was ist eigentlich der Unterschied?« Doch er erwartete keine Antwort, sondern schritt um sie herum. »Wenn auch einige Gulden verschleudert wurden, der Schwarze Tod ist es nicht. Setz dich zu uns, Anna.« Er wies ihr großzügig einen der Stühle zu. »Habt Ihr denn keine standesgemäße Zofe, la Fuchera nostra? Die Amme brachte Eure Tochter herein und wie ich mitbekommen habe, treiben sich die Mädchen nach wie vor in der Küche herum. Ich glaube kaum, dass die Erlebnisse der Köchin für die Contesse erbaulich sind.«
    »Wem sagt Ihr das, Pater.« Ihre Mutter schnäuzte sich in ihr schwarzes Spitzentuch. »Unter Strafen habe ich es ihnen verboten und hinter meinem Rücken tun sie es dennoch. Wörter nehmen meine Söhne in den Mund, unfassbar, aber ich bin froh, dass für Philipp und Octavian gesorgt ist. Vergelte es Euch Gott, Pater.«
    »Es ist ganz allein der Verdienst Eurer Söhne, nach Rom zu reisen und das Collegium Germanicum einmal von innen zu sehen. Wer lernen will, dem stehen die Türen offen, Gräfin.«
    Und wer einen Brezelbub zwischen den Beinen baumeln hat, dachte Anna.
    Ursula richtete sich im Sessel auf. »Und du, Anna, erklär mir,

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