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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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starb, gab es Rinderbraten und Klöße …«
    Jule schnaubte. »Den Rinderbraten kannst du dir sparen – die Kühe sind bereits geröstet. Und für wen willst du eigentlich kochen? Hier sind alle entweder verschleppt oder tot.« Annelies Schultern bebten. Sie schluchzte wieder auf.
    Christine funkelte Jule an: »Musste das denn sein?«
    Erst im nächsten Augenblick ging ihr auf, was Jules Worte bedeuteten. Hektisch blickte sie um sich, ihre Mundwinkel begannen zu zucken. »Magdalena … Katherl … Elisa …«
    Als sie Elisas Namen nannte, klang ihre Stimme am verzweifeltsten. »Mein Gott, sie haben meine Töchter geraubt!«
    Fritz kehrte mit Andreas zurück und stellte ein Brett neben Lukas ab, um den verletzten Bruder vorsichtig darauf zu hieven.
    »Keine Sorge, Mutter«, sagte er, und seine Stimme klang kalt vor Grimm. »Keine Sorge. Wir werden sie wieder bringen.«

    Cornelius stand entsetzt vor den zerstörten Ställen. Die Häuser waren heil geblieben, doch die Felder allesamt zertrampelt, die Rinder verbrannt, die Hühner geköpft oder erschlagen. Die Vorratskammern waren sämtlich geplündert und verwüstet – einzig der Besitz der Mielhahns war verschont geblieben.
    Zu spät, er kam viel zu spät.
    »Bringst du mich heim?«, hatte Greta vorhin gefragt, und wie immer hatte er ihren Wunsch nicht abschlagen können. Sie war längst eine erwachsene Frau, aber wenn er sie anblickte, sah er das kleine, vor Schreck erstarrte Mädchen mit den aufgerissenen Augen vor sich, das einst auf dem Schiff ihren verletzten Bruder zum betrunkenen Arzt gebracht hatte. Nicht immer konnte er erahnen, was in Gretas Kopf vorging – vor allem dann nicht, wenn sie ihr befremdendes Lächeln aufsetzte, das ihr Gesicht nicht warm und freundlich wirken ließ, sondern zu einer kalten Maske verzerrte. Doch manchmal hatte er das Gefühl, dass sie die Einzige war, die sich von Herzen freute, dass er hier lebte und der er etwas Gutes tun konnte.
    Als sie schließlich ihr Haus erreicht hatten, hatte sie plötzlich ängstlich gewirkt und sich nach allen Seiten umgesehen. »Viktor soll nicht wissen, dass ich bei … ihnen war«, hatte sie leise gesagt.
    Cornelius fragte weder, warum Viktor die anderen Siedler mied, noch, wie er sie bestrafte, wenn sie ihm nicht gehorchte. Mehrmals hatte er versucht, das herauszufinden – doch entweder war sie ihm eine Antwort schuldig geblieben oder hatte sich in Ausflüchte verstrickt.
    Von Viktor war jedenfalls weit und breit nichts zu sehen.
    »Kann ich dich allein lassen?«, hatte er gefragt. Im Heim der Mielhahn-Geschwister fühlte er sich unwohl. So schmucklos und verdreckt wie es war, versprach es nicht die Gemütlichkeit der anderen Häuser und erinnerte an das schreckliche Zimmer bei Rosaria, in dem er mit seinem Onkel gehaust hatte.
    »Ach bitte«, hatte Greta jedoch gebeten, »bleib ein wenig.«
    Und so war er widerwillig geblieben, selbst dann noch, als plötzlich die Schreie und das Pferdegetrampel zu ihnen drangen – so gedämpft zunächst, dass man es nicht für einen Angriff, sondern für ausgelassenes Feiern halten konnte. Dies zumindest hatte Greta gleichmütig gemeint.
    Doch dann hatte er inmitten dieses Gejohles plötzlich eine Stimme herausgehört, verzweifelt und voller Panik.
    Elisa.
    Elisa schrie um Hilfe. Dessen war er sich so gewiss, dass er nicht einmal mehr seine Jacke nahm, sondern hinausstürzte. Am Seeufer entlang waren mittlerweile Wege aus Baumstämmen gebaut, die man aufeinander nagelte und mit Schnittholz, manchmal auch mit einem Gitterrost belegte. Über eines dieser Hölzer stolperte er in seiner Hast und fiel fast in den See.
    All die Eile nutzte nichts. Als er endlich ankam, hatte sich Stille über die zerstörten Felder und Scheunen gelegt … und über die Toten.
    Er wusste nicht, wie lange er einfach nur steif dastand und auf dieses Bild der Zerstörung blickte, nur, dass irgendwann Quidel an seiner Seite auftauchte – leise und unauffällig wie aus dem Nichts.
    »Warum?«, stammelte Cornelius. »Warum nur?«
    »Ich habe versucht, sie aufzuhalten. Sie haben nicht auf mich gehört.«
    »Aber warum?«, fragte Cornelius wieder.
    »Wahrscheinlich hat sie die Rache getrieben.«
    »Rache wofür? Wir haben ihnen doch nichts getan!«
    Quidel sagte schlicht: »Zu viele meines Volkes sind gewaltsam gestorben.«
    Cornelius wusste, was er meinte. Er hatte von anderen deutschen Siedlern gehört, die willkürlich Mapuche aufknüpften, wenn sie überzeugt waren, dass

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