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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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diese Vieh gestohlen hatten. Noch schlimmer für das Volk waren aber die steten Bemühungen der Spanier, ihr Gebiet einzugrenzen. Galt lange Zeit der Río Bío-Bío als Grenze zwischen ihnen und den Mapuche, war diese vor vier Jahren plötzlich überschritten worden, und man hatte Grenzposten im Araukarierland errichtet. Mangin, ein Führer der Mapuche, hatte daraufhin zu einem Aufstand aufgerufen – den General Saavedra, der Verwalter von Araukanien, nutze, um Stimmung gegen die Mapuche zu machen, noch mehr Militärposten und Siedlungen entlang der Flüsse Malleco und Toltén zu gründen und jegliche Rebellion blutig niederzuschlagen.
    Ein lautes Klagen riss ihn aus den Gedanken. Es war Christine Steiner, die da weinte und sich verzweifelt auf die Brust schlug.
    »Meine Töchter … Sie haben meine Töchter mitgenommen. Und Elisa! Auch Elisa ist fort!«
    Cornelius stürzte auf sie zu.
    »Elisa? Was haben sie mit Elisa gemacht?«, schrie er.
    Fritz Steiner blickte ihn an, seine Augen wirkten wie tot. Erst jetzt sah Cornelius dessen Bruder vor ihnen liegen – Lukas, Elisas Mann …
    »Ist er … ist er …«
    »Er lebt«, sagte Fritz knapp, sein Blick blieb leer. »Scheinbar ist nur unsere Siedlung betroffen. Die Tiroler haben zwar den Lärm gehört, aber die Mapuche sind nicht zu ihnen gekommen. Seltsam …«
    Wie Fritz konnte sich auch Cornelius keinen Reim darauf machen. Die Siedlung der Tiroler lag etwa eine halbe Stunde von ihnen entfernt. Im Winter waren die Wege kaum passierbar, aber jetzt im Spätsommer hätten die Mapuche mühelos dorthin reiten können – wenn es ihnen denn um Rache an den Weißen gegangen wäre und nicht, wie Cornelius in den Sinn kam, nur um Rache an den von Grabergs, Glöckners und Steiners. Wobei er nicht verstehen konnte, warum gerade diese Familien so viel Hass auf sich gezogen hatten.
    Doch es war keine Zeit, über die Gründe, die die Männer angetrieben hatten, nachzudenken, vielmehr über die Folgen.
    »Die Frauen …« In der Aufregung geriet seine Stimme stammelnd, »die Frauen … wir müssen …«
    »Wir werden die Frauen zurückholen«, führte Fritz den Satz zu Ende. »Und du«, er deutete hinter Cornelius, »du wirst uns begleiten.«
    Cornelius fuhr zu Quidel herum, der ihm lautlos gefolgt war. »Wohin werden sie sie bringen?«, fragte er.
    Quidel zuckte mit den Schultern. »Ich bin mir nicht sicher. Die Männer gehörten keinem Stamm an, den ich kenne. Sie haben einen fremd klingenden Dialekt benutzt. Vielleicht stammen sie gar nicht aus Chile, sondern aus Argentinien – viele meines Volkes leben am Ostabhang der Anden. Das würde bedeuten, dass sie über Peulla Richtung Andenpass reiten.«
    »Aber was werden sie mit ihnen tun? Werden sie sie … werden sie sie töten?« Er konnte es kaum aussprechen.
    »Nein, das glaube ich nicht. Wenn Mapuche einst die Frauen der Spanier entführt haben, so, um sie für sich arbeiten zu lassen, nie, um sie umzubringen. Wir müssen den Spuren folgen, ich kann sie lesen!«
    Cornelius nickte dankbar, doch noch ehe er etwas sagen konnte, ertönte hinter ihm lautes Protestgeschrei. Er fuhr herum, sah Poldi unvermittelt auf Quidel losstürzen und ihn an den Schultern packen. Poldi schüttelte ihn brutal. »Verfluchter Hurensohn! Du bist doch einer von ihnen! Was machst du überhaupt hier? Hast für sie spioniert, nicht wahr?«
    Stoisch wie immer ließ Quidel die rüde Behandlung über sich ergehen, doch Cornelius ging dazwischen und stieß Poldi unwirsch zurück.
    »Red keinen Unsinn!«, herrschte er ihn an. »Das wäre so, als würde man dich für die Taten eines Konrad Weber verantwortlich machen!«
    Poldi starrte ihn an, aber Cornelius hatte nicht den Eindruck, er würde ihn sehen und hören. »Verflucht!«, schrie Poldi, entwand sich Cornelius’ Griff, um ein zweites Mal auf Quidel loszugehen. Die Augen traten ihm förmlich aus den Höhlen vor lauter Wut. »Verflucht, verflucht!«
    »Schluss jetzt!«
    Ehe Cornelius erneut Quidel beschützen konnte, schritt Fritz ein. Mit der Faust hieb er auf die Brust des jüngeren Bruders und zwang ihn so, zurückzuweichen.
    »Hör auf!«, zischte er.
    Anders als Cornelius brachte Fritz’ Stimme ihn zur Vernunft. Die blanke Wut schwand aus Poldis Blick, Verzweiflung machte sich stattdessen breit. Er ballte seine Hände zu Fäusten.
    »Aber …«, setzte er an und klang dabei hilflos wie ein Kind.
    »Keine Streitereien«, sagte Fritz knapp. »Ohne Quidels Hilfe haben wir keine

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