Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
Vom Netzwerk:
aber mit deutlich mehr Falten und – wie Cornelius schien – aufmerksamer und wacher. Eine Weile senkte sich Stille über sie, dann richtete er sein Wort an Quidel.
    Er sprach langsam und gesetzt, und obwohl Cornelius nicht verstand, was er sagte, fasste er augenblicklich Vertrauen. Dieser alte Mann hatte nichts mit den unberechenbaren, brutalen Kriegern gemein, die ihre Siedlung überfallen hatten.
    Die anderen belauschten den Wortwechsel ebenso angespannt wie sie. In einigen Gesichtern regte sich Zustimmung; andere wirkten verärgert.
    Cornelius war es, als würde einer der Jüngeren das Wort »Huincas!« ausstoßen – ein abfälliger Begriff der Mapuche für die Weißen.
    Der alte Mann tat so, als bemerke er die Unruhe seiner Stammesgenossen nicht. Als es an Quidel war, ihm zu antworten, hörte er ihm in aller Ruhe zu.
    Zuletzt herrschte wieder Stille. Cornelius’ Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Was würde man ihnen antun? War dies das Dorf, wohin man die Frauen gebracht hatte?
    Schließlich hob der Alte wortlos seine Hand, woraufhin einer der Jüngeren Cornelius die Zügel seines Pferdes abnahm. Er wusste nicht recht, was das zu bedeuten hatte, aber überließ ihm sein Tier – ganz anders als Poldi, der sich schützend vor sein Pferd stellte.
    »Nicht!«, rief er wütend.
    »Lass ihn nur machen!«, meinte Quidel beschwichtigend. »Sie wollen unsere Pferde doch nur versorgen!«
    »Von wegen!«, rief Poldi grimmig. »Stehlen wollen sie sie wahrscheinlich!«
    Er warf Fritz einen auffordernden Blick zu, doch obwohl der ebenso skeptisch wie Poldi die Stirn runzelte, gab er dem jüngeren Bruder ein Zeichen, sich zu fügen.
    Während die Tiere fortgeführt wurden, trat Cornelius zu Quidel.
    »Und? Was sagt er?«
    »Dass er unsere Pferde versorgen lässt, ist ein gutes Zeichen. Es bedeutet, dass er uns seine Gastfreundschaft gewährt. Und er hat auch versprochen, dass wir zu essen bekommen.«
    »Und die Frauen, was ist mit den Frauen? Sind sie hier?«
    Quidel zuckte mit den Schultern. »Als ich von ihnen sprach, hat er nichts von ihnen gesagt. Aber das muss noch nichts bedeuten. Warten wir es ab.«
    Sie wurden in eines der Häuser geführt, wo sie dampfige, schwere Luft empfing. Cornelius schwindelte kurz; erst jetzt merkte er, wie sehr ihm der anstrengende Ritt der letzten Tage zugesetzt hatte und wie hungrig er war.
    Alles hätte er gegessen, was man ihm anbot – doch zu seinem Erstaunen befanden sich in den Schüsseln, die ihnen gereicht wurden, erstaunlich wohlschmeckende Speisen, die nicht nur satt machten, sondern auch dem Gaumen schmeichelten. Es gab Suppe mit Fleisch und gerührten Eiern; ein Gericht aus Kartoffeln und Bohnen, schließlich eine Art Mus aus Beeren, süßen Kräutern und gestampften Pinienkernen.
    Poldi machte zunächst den Eindruck, als wolle er vor lauter Trotz und Misstrauen die Speisen verweigern, doch schließlich überwog auch bei ihm der Hunger, und er würgte gierig alles hinunter.
    Sie hatten gerade das Mahl beendet, als der Alte das Haus betrat. Vorhin hatte er nur Quidel in die Augen gesehen, nun musterte er auch die anderen eindringlich. Sein Blick war warm und klar. Als er Poldi streifte, hoffte Cornelius eindringlich, der jüngste Steiner-Sohn würde nichts Unüberlegtes tun, und gottlob beherrschte der sich tatsächlich.
    »Bitte … bitte«, hörte Cornelius sich unwillkürlich stammeln. »Wenn die Frauen hier sind, dann lasst sie mit uns zurückgehen. Sie gehören doch zu uns. Sie haben Kinder, die nach ihnen rufen.«
    Quidel übersetzte die Worte rasch. Der Alte schwieg, einzig sein Blick verhärtete sich ein wenig. Er schien nachdenklich – vielleicht hin- und hergerissen von tiefer Skepsis gegenüber allen Weißen und der Tatsache, dass einer aus seinem eigenen Volk als deren Bittsteller kam.
    Schließlich trat er auf Quidel zu. Cornelius hielt instinktiv den Atem an, doch noch ehe der Alte etwas sagen konnte, wurde von draußen wütendes Gebrüll laut.
    »Was geschieht da draußen, was geschieht?«
    Nie war Elisa die Ruca so klein vorgekommen; nie hatte ihr das Gefühl, von aller Welt abgeschnitten zu sein, so zugesetzt wie in dem Augenblick, da sie von den Fremden erfuhren, die in das Dorf gekommen waren.
    Eintönig waren die Stunden verlaufen, die sie in der Ruca verbracht hatten. Wenn Magdalena nicht gerade betete, erging sie sich in abenteuerlichsten Vermutungen. So glaubte sie zu wissen, warum der riesige Innenraum des Hauses in viele kleine Bereiche

Weitere Kostenlose Bücher