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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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dass er dir viel mehr zusteht als mir. Du denkst, dass ich ihn gar nicht verdient habe!«
    »Hör auf!«, rief Elisa wieder, zerrissen von Wut und Scham, Ohnmacht und Furcht. »Ich bin nicht wegen Cornelius gekommen, sondern wegen Manuel und Emilia.«
    Greta trat auf sie zu. Wirr fiel ihr das dünne Haar ums Gesicht. »Es ist mir ganz gleich, Elisa, was du willst. Bleibt mir nur alle fern … mir und Cornelius und Emilia. Ja, bleibt uns fern! Dann können wir alle glücklich leben.«
    Noch näher trat Greta auf sie zu. Als Elisa ihren säuerlichen Atem roch, überlief sie ein Zittern. Sie ahnte, dass es am besten wäre, wortlos zu gehen, aber sie konnte ihre Gefühle nicht im Zaum halten. Wenn Greta schon die Wahrheit über sie wusste, so konnte sie sich nicht verkneifen, auch ihr eine solche vorzuhalten.
    »Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, Cornelius für dich zu gewinnen«, zischte sie. »Aber eins weiß ich: Es hat dich nicht glücklich gemacht. Schau dich doch an! Wenn du glücklich wärst, würdest du nicht in Fetzen herumlaufen! Du sorgst nicht für dich selbst, weil du ihn zwingen willst, es für dich zu tun. Doch offenbar tut er das schon lange nicht mehr. Anscheinend ist jedes warme Gefühl, das er je für dich gehegt hat, verkümmert. Du wärst keine so verbitterte, alte Frau, wenn er dich lieben würde – so wie er … so wie er …«
    So wie er mich geliebt hat, wollte sie sagen. Sie konnte es nicht. Vielleicht, weil es anmaßend und schäbig war, diesen Triumph auszuspielen, da sie sich doch selbst in diesem Augenblick wie eine alte, verbitterte Frau fühlte, die zu sein sie Greta vorwarf. Vielleicht, weil sie zu oft daran gezweifelt hatte.
    »Hau ab!« Greta ballte ihre Hände zu Fäusten. Gelblich traten die Knochen hervor. »Hau ab!«
    »Oh, glaub nicht, dass ich jemals wieder freiwillig hierherkomme!«, rief Elisa. »Aber du musst etwas dafür tun: Sorg dafür, dass deine Tochter meinem Sohn fernbleibt.«
    Sie drehte sich um, ohne die Antwort abzuwarten. Keinen Augenblick länger hielt sie Gretas Anblick aus; keinen Augenblick länger hielt sie sich selbst aus, so giftig, so mitleidslos wie sie sich gebärdete, so gefangen in Gefühlen, stark wie einst, doch ein düsteres Zerrbild von dem, was früher Wohligkeit und Wärme verheißen hatte.
    Sie lief vor Greta davon und auch vor sich selbst. Als sie endlich den eigenen Grund erreicht hatte und kraftlos in die Knie sank, waren Ärger und Entsetzen über Greta verschwunden und nichts anderes geblieben als unendliche Trauer. Um Greta. Um sich selbst. Um Cornelius.

    Emilia konnte nicht hören, was die beiden Frauen besprachen, aber sie erkannte deutlich, dass sie stritten. Laut geöffnet waren ihre Münder – sie schrien aufeinander ein. Das Gesicht ihrer Mutter war verzerrt, und das machte ihr Angst. Schon als kleines Kind hatte Emilia gelernt, stets auf der Hut vor ihr zu sein. Manchmal war Greta eine nüchterne und besonnene Mutter, die sie versorgte. Manchmal war sie eine Fremde, die entweder durch sie hindurchstarrte oder sie behandelte, als sei sie ihr lästig. Und manchmal war sie einfach nur bösartig: Sie schlug zwar nie zu, kniff sie jedoch oft grundlos, zog sie an den Haaren und wies ihr gerade die Aufgaben zu, die ihr unangenehm waren.
    Emilia hatte längst aufgehört, sich ihr zu widersetzen. Am besten kam sie mit Greta zurecht, wenn sie ihre Launen stillschweigend über sich ergehen ließ.
    Eben drehte sich Elisa Steiner um und stapfte fort. Emilia sah nicht, mit welcher Miene die Mutter ihr nachblickte, nur, dass Greta eine Weile steif stehen blieb, ehe sie wieder zum Haus ging. Emilia trat rasch vom Fenster zurück.
    Worüber hatten die Frauen wohl nur gestritten?
    Emilia wusste oft nicht, was sie von ihrer Mutter halten sollte, aber aus Elisa wurde sie auch nicht schlau.
    Die anderen begegneten ihr stets ehrfürchtig – vor allem die Jungen. Schließlich wurde ihnen Elisa immer als leuchtendes Vorbild vorgehalten: Sie war tüchtig, kräftig, ausdauernd, und sie machte keine unnötigen Worte. Von ihr gelobt zu werden galt als höchste Auszeichnung – noch mehr als ein Zuspruch von Jule. Jule war zwar ihre Lehrerin und man hatte ihr respektvoll zu begegnen, aber hinter ihrem Rücken wurde oft über sie getuschelt und gespottet. Bei Elisa war das undenkbar. Keiner verlor je ein schlechtes Wort über sie; alle buhlten um ihre Gunst. Einzig die Suckows mieden sie, Greta, Cornelius und auch sie selbst. Nach außen hin gab

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