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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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wirklich gegen deine Familie stellen?«
    »Gegen welche Familie denn?«, hielt er dagegen. »Großmutter Christine ist alt und redet ständig von vergangenen Zeiten, Großvater Jakob ist seit Jahren tot. Meinen Vater habe ich nie gekannt. Meinen Onkel Fritz auch nicht, und Onkel Poldi … Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass er mir verbieten würde, Emilia zu heiraten? Die eigenen Töchter könnten ihm nicht gleichgültiger sein! Tante Katherl ist schwachsinnig, und Tante Magdalena ist alles gleich, solange sie nur beten kann. Und Großmutter Annelie hätte gewiss nichts gegen eine Hochzeit einzuwenden, weil sie dann ein Festmahl kochen könnte!«
    Elisa seufzte; es war sinnlos, noch länger mit ihm zu streiten. »Wir reden später darüber«, beschied sie ihm knapp. »Einstweilen will ich nichts mehr davon hören. Tu einfach, was ich dir gesagt habe.«
    Sie erwartete Widerstand, doch Manuel bückte sich wortlos nach einem der Butterfässer. Er ging, ohne sich zu verabschieden.

    Emilia gab es auf, an die Tür zu klopfen. Zunächst hatte sie geschrien, aber als ihre Stimme heiser wurde, hatte sie die Fäuste sprechen lassen. Die taten ihr nun weh; Holzsplitter hatten sich in ihre Hand gebohrt.
    Am Anfang hatte Emilia gehofft, sie würde sie nur für einige Stunden einsperren, doch schließlich war ein ganzer Tag daraus geworden, dann ein zweiter und ein dritter – und zuletzt hatte sie erkannt, dass ihre Mutter sie für lange Zeit gefangen halten würde.
    Zuerst hatte die Panik sie auf und ab laufen lassen, dann hatte sie sich wie gelähmt gefühlt.
    Der Raum schien immer kleiner zu werden und die Luft knapper, obwohl sie den Kopf durchs Fenster stecken konnte.
    Irgendwann war Greta gekommen, um ihr zu essen zu bringen.
    Emilia hatte hochgeblickt und kurz mit dem Gedanken gespielt, einfach an ihr vorbeizustürmen. Aber auch wenn Greta zart wirkte – allein die Vorstellung, sich mit ihr anzulegen, schürte nur neuerliche Angst.
    »Bitte, Mutter …«, hatte sie angesetzt.
    »Mein Bruder Viktor wollte mich am liebsten auch einsperren.«
    Es war das Einzige, was sie sagte, ehe sie die Tür wieder zusperrte, und Emilia wusste die Worte nicht zu deuten. Viktor war scheinbar verrückt gewesen, und erstmals fragte sie sich, ob für Greta das Gleiche galt.
    Ach, wenn nur ihr Vater hier wäre! Niemals würde er zulassen, dass die Mutter sie hier gefangen hielt! Aber Cornelius war so oft unterwegs. Er erklärte ihr, dass das so sein müsse, schließlich würde er Handel treiben. Zunächst war es nur Holz gewesen, später waren andere Güter dazugekommen – welche es waren, wusste sie nicht genau. Insgeheim fragte sie sich jedoch, ob er nicht länger weg blieb als nötig und ob ihn wirklich geschäftliche Angelegenheiten trieben oder nicht vielmehr Reiselust. Im letzten Sommer hatte er mehrere Wochen lang das Gebiet der Anden erforscht.
    Emilia mochte seine Reiseschilderungen, aber der finstere Blick, den ihre Mutter ihm zuwarf, wenn er von seinen Eindrücken sprach, ängstigte sie. Einmal hatte sie mit angehört, wie Greta ihm offen vorwarf, er würde doch nur reisen, um ihre Gesellschaft zu meiden.
    Das konnte Emilia ihm gut nachfühlen. Sie haderte jedoch damit, dass ihr Vater nicht nur die Mutter regelmäßig verließ, sondern auch sie. Warum ließ er sie einfach mit ihr zurück? Wenn sein Widerwille gegen Greta so groß war – warum hatte er sie dann überhaupt geheiratet und ein Kind mit ihr gezeugt?
    Emilia stiegen Tränen hoch, doch ehe sie ihr über die Augen kullerten, hörte sie ein Geräusch.
    Kam es von der Tür? War ihre Mutter zurückgekehrt, um sie endlich freizulassen?
    Als sie ihr Ohr an die Tür presste, war von dort nichts zu hören. Das Geräusch erklang ein zweites Mal, und diesmal erkannte sie, aus welcher Richtung es kam. Ein dumpfer Gegenstand schlug gegen den Holzbalken neben ihrem Fenster. Rasch stürmte sie dorthin und spähte nach unten. Sie hatte nicht bemerkt, dass die Sonne längst untergegangen war. So trübe war das Licht, dass sie nicht mehr sah als einen Schatten. Dennoch wusste sie sofort, wer das war.
    »Manuel!«
    Er hatte die Hand erhoben, um weitere Steinchen zu werfen, nun ließ er sie sinken.
    »Emilia!«
    Immer noch war sie den Tränen nahe, aber jetzt vor Erleichterung. »Meine Mutter hat mich eingesperrt! Ich glaube, sie hat den Verstand verloren!«
    Er nickte grimmig. »Meine auch.« Nach einer Weile, da sie sich nur anstarrten, rief er zu ihr hoch: »Kannst du irgendwie

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