Im Land der Freien
Club , dem rührigsten am Platz, bereiten sich Margarita und Gabriella auf ihren Auftritt als lesbianas vor, bindet sich Pedro seinen Godemiché um den Bauch, um sich in seiner » Monkey Show « als rastlos lüsterner Affe vorzustellen, legt Inspizient Homero die frischen Bananen für die » Banana Show « zurecht.
Sind all die harmlosen Ferkeleien überstanden, steht der Höhepunkt bevor, die » Donkey Show «. Mit dem laut vor dem Eingang posaunten Versprechen, dass sich hinter dem Eingang eine außer Rand und Band geratene Nymphomanin mit einem Esel vergnügen wird, treibt der Türsteher zögerliche Passanten hinein. Intelligenterweise hat man die Verheißung erst für zwei Uhr nachts angekündigt. Denn obwohl ein stramm erregter Esel auf der Bühne steht, durchaus willens, der in seiner unmittelbaren Nähe befindlichen Señorita Carmen beizuwohnen, verdunkelt sich rechtzeitig die leicht befremdliche Liebesstatt: bald finster genug, um in den (jetzt blauen) Köpfen der Zuschauer die Illusion eines sodomitischen Sündenpfuhls zu schaffen. Das ist raffiniert arrangiert, die Sitte muss nicht einschreiten, die Besoffenen werden morgen erzählen, dass Carmen mit einem Esel zugange war, die Kasse stimmt. Wenn jemand das Recht hat, gegen die Inszenierung Protest einzulegen, dann der Tierschutzverein. Dreihundertfünfundsechzigmal im Jahr dem armen Esel eine Erektion zu verpassen, ohne sich weiter um sie zu kümmern, scheint ein eklatantes Beispiel von Tierquälerei.
Für den bunten Abend muss ich zahlen: Ein fettes Insekt rennt in meine Nase, als ich im Pensionsbett liege. Und ein Taifun legt los, nachdem ich, der Tiertöter, zugeschlagen habe. Irgendwann weggedriftet, höre ich im Traum Schläge an meiner Tür. Ich wache auf und höre noch immer Schläge. Das ist der leibhaftige Hausbesitzer, der mit Kübel und Eimer die Lachen aufwischen will, die bereits das Bad überschwemmen.
Um sieben Uhr morgens sind die Blitze verschwunden, nicht aber die Wasserfluten. Ein wüster Regen überzieht die Welt. Vergebliche Suche nach einem Taxi, um wieder nach Amerika, nach Laredo, zur nächsten Greyhound-Station zu kommen. Von einer Plastikfolie geschützt, ziehe ich los. Um mich aufzuheitern, schalte ich meinen Radio-Walkman ein, will Botschaften von einem himmelblauen Wetterumschwung hören. Und höre Debbie, sie ist Sprecherin beim » Radio Number One in Fun and Music «. Nicht das Wetter, sondern sie ist die eigentliche Rache. Ich gestehe, ich bin in ihrem Bann. Ich bin nicht mehr fähig abzuschalten. Will der Herr mich prüfen, dann jetzt, während meines zwei Kilometer langen, wolkenbruchnassen Fußmarschs über die Grenze. Habe ich irgendeine Rechtfertigung für meinen widerborstigen Masochismus, dann vielleicht den unbesiegbaren Drang, herauszufinden, wann Schluss ist, wann das Maß überläuft, wann die Erde sich auftut, um derlei Idiotinnen und Idioten zu verschlucken.
Ich bin americaproof , aber Debbie setzt neue Maßstäbe: Wir sollen es easy nehmen, das Hochwasser und die Überschwemmungen. Nach jedem zweiten easy sendet sie einen Geburtstagsgruß nach Hause an ihre heute vierjährige Tochter Frankie: » Take it easy, Baby .« Dann » the easy quiz of the day «: Alle sollen anrufen, die von jemandem Berühmten wissen, dessen Name wie ein Nahrungsmittel klingt. Freddie ruft an, schlägt Whoopi Goldberg vor, denn »Whoopi« würde an »Whopper« bei Burger King erinnern. Aber das gilt nicht, die Regeln sind streng. Nach einem Dutzend Blindgängern kommt Cindy durch, sie sei ein absoluter Fan der Sendung und habe die richtige Antwort. Und sie hat sie: »Kevin Bacon!« Kevin Schinkenspeck!
Debbie scheint überwältigt, natürlich, der Name des Jungstars aus Hollywood klingt wie etwas Essbares. Nachdem wir uns alle gefasst haben, dass so etwas wie Cindys Wissen menschenmöglich ist, verkündet Debbie das heutige High-School-Menü: » Peanut cookies, green noodles and Sloppy Joe «, ein fünfstöckiger Hamburger. Anschließend dürfen Hörer anrufen, um Geburtstagsgrüße durchzugeben, nur unterbrochen von Debbies Grüßen an Frankie. Und Werbesprüchen von Laredo’s First Carhouse : Die neuen Stoßdämpfer sind da. » Get them .« Und dem 44. Hinweis, dass heute immer noch Mittwoch ist, dass die Temperatur immer noch 52° Fahrenheit beträgt, dass es jetzt schon wieder drei Minuten später ist und dass » the easy word of the day « – Debbie hat es eigens für uns von ihrem Küchenkalender abgerissen –
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