Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
sich ab. »Bitte sagen Sie meiner Enkelin, dass Fräulein Dieseldorf und ich sie gern sprechen möchten. Vielen Dank.«
Elise und Georg schauten sich schweigend an. Gerade als die Stille unangenehm zu werden begann, öffnete sich die Tür erneut und Margarete trat ein, gefolgt von einemIndio-Jungen. Einem sehr attraktiven jungen Mann, wie Elise feststellte. Allerdings hatte er nur Augen für Margarete.
Bevor Margarete etwas sagen konnte, platzte Georg heraus: »Deine Großmutter war hier. Sie wollte dich sprechen.«
»Oh, danke.« Margarete nickte. »Juan Escalanto, das sind Georg Peters und Elise Hohermuth. Elise, Georg, das ist Juan … ein … ein sehr guter Freund. Ich komme gleich wieder.«
Juan, Elise und Georg schauten sich schweigend an. Zwischen ihnen stand eine Spannung, die sich Elise nicht erklären konnte, bis Juan sie ansprach.
»Margarete hat mir von Ihrem Schicksal berichtet.« Juan sprach ein wunderbares Spanisch, das in seiner dunklen Stimme klang wie ein Lied. Nur leider wirkte er ablehnend. Beinahe feindselig. »Aber warum sollte ich Ihnen helfen? Menschen wie Ihre Eltern plündern die Schätze meines Volkes.«
Elise holte Luft und zählte langsam bis zehn. Das konnte nicht wahr sein. Margaretes Freund warf ihr genau das vor, was sie vor Kurzem noch ihren Eltern vorgehalten hatte. »Ich bin nicht mit allem einverstanden, was meine Eltern tun oder getan haben«, sagte sie mit betont ruhiger Stimme und hielt die Hände zu Fäusten geballt. »Aber es sind meine Eltern und ich sorge mich um sie. Sie mögen Fehler gemacht haben, aber sie sind gute Menschen. Niemand verdient es, von Banditen verschleppt zu werden.«
Juan und sie starrten sich an und schienen sich nicht bewusst zu sein, dass außer ihnen auch noch Georg im Zimmer war.
»Sie haben recht«, sagte der Indio schließlich und senkte den Blick. Er lächelte Elise an, was sie sofort für ihneinnahm. »Es tut mir leid. Ich … ich hätte Sie nicht angreifen dürfen. Es war unbedacht von mir.«
»Schon gut.« Jetzt hatte Elise das Gefühl, dass sie offen sprechen konnte. »Ich hatte auch schon Streit mit meinen Eltern wegen ihrer Arbeit.«
In dem Augenblick kam Margarete zurück und Juan hatte wieder nur Augen für sie. Margarete wirkte erschöpft. Sie schaute Elise an und hob die Hände.
»Ich würde dir gern helfen«, sagte sie schließlich und bedachte Elise mit einem Blick, den diese nicht deuten konnte. »Aber … ich kann nicht.«
»Du … du …!« Elise stampfte mit dem Fuß auf den Boden und hasste sich, weil sie wirkte wie ein verzogenes Kind. Aber dass all ihre Hoffnung mit einem Schlag zunichtegemacht werden sollte, verkraftete sie nicht. »Was soll das heißen, du kannst nicht? Du willst nicht!«
»Sieh dich um«, antwortete Margarete und deutete auf die wenigen Möbel. Sie blieb gelassen, was Elise nur noch stärker in Rage brachte. »Du bist durch unser Haus gegangen. Sieht es so aus, als ob meine Familie Reichtümer horten würde?«
Elise schwieg einen Augenblick und schaute sich in Margaretes Zimmer um. Ja, nach der Pracht des Salons wirkte der Raum wirklich bescheiden. Sauber und ordentlich, aber außer einem Bett, einem Waschtisch, einer Kommode und einem alten Sessel gab es hier nichts Wertvolles. Die anderen Räume hatte sie in ihrer Sorge kaum wahrgenommen, aber wenn diese luxuriös gewesen wären, hätte Elise das sicher erinnert. Aber … waren denn nicht alle Kaffeehändler wohlhabend?
»Wie kann das sein?«, presste Elise hervor und kämpftegegen Tränen an. Margarete war ihre letzte Hoffnung gewesen. »Ihr habt doch eine riesige Kaffeeplantage.«
»Ja, das stimmt.« Margarete seufzte. Nun erkannte Elise die Anzeichen von Erschöpfung auf ihrem Gesicht. Sie sah die Ringe unter den Augen und zwei kleine scharfe Falten um die Mundwinkel. Nur wenn sich Margarete Juan zuwandte, wirkte sie jung und glücklich. »Ja. Aber die Kaffeepreise fallen. Und fallen. Und fallen. So sehr, dass … man muss entsprechende Maßnahmen ergreifen und sparen.«
Sie schwieg und schaute zu Boden. Mit den Fingern der rechten Hand zupfte sie an der Nagelhaut des Daumens und riss kleine Hautfetzen ab.
Georg und Elise betrachteten sie schweigend. Zum ersten Mal, seitdem sie Margarete kennengelernt hatte, spürte Elise echtes Mitleid mit ihr. Sie machte einen Schritt auf sie zu, wollte ihr eine Hand auf die Schulter legen, wagte es dann doch nicht. Außerdem war der Indio-Junge an Margaretes Seite getreten und legte ihr
Weitere Kostenlose Bücher