Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
Antwortbriefe?«, fragte sie schließlich. »Wir müssen sie ja nicht ganz lesen, aber vielleicht kommen wir dadurch der Sache auf die Spur.«
»Nein. Nur Margaretes Briefe, ganz schön viele, wie man hier sieht, und sonst nichts.« Isabell hob bedauernd die Schultern.
»Komisch, dass Juan nie geantwortet hat. Vielleicht konnte er nicht schreiben. Oder es war eine einseitige Liebe.«
»Unglücklich war sie auf jeden Fall. Schließlich hat Margarete jemand anderen geheiratet.« Julia griff nach Elises Tagebuch, das sie vorsichtshalber mitgebracht hatten. »Und zwar bald nach dem Zusammentreffen mit Elise. Ich habe es nachgeschlagen. Im November 1902 war die Hochzeit von Margarete und Robert.«
»Wow, was ist in den paar Wochen wohl passiert?« Ein Klopfen unterbrach sie und der Archivar brachte die letzteBox, auf der 1902 stand. Isabell dankte ihm und suchte, bis sie ein schwarzes Heft fand. »Hier ist es! Wie aufregend! Ich lese vor, okay?«
»Kannst du keine Ruhe geben?«, fuhr Julia Isabell an. »Meine Güte. Wir sollen was zum Kaffeehandel schreiben, nicht über die Liebschaften meiner Ururgroßmutter.«
»Sorry. Ich … ich dachte …« Isabell legte das Tagebuch zur Seite und sah Julia verwirrt an. »Meinetwegen können wir aufhören, wenn du nicht mehr willst.«
»Nein. Entschuldige.« Julia lächelte schief. »Keine Ahnung, was mit mir los ist.«
»Komm, wir lassen die alten Papiere noch ein bisschen länger einstauben und gehen Kaffee trinken.« Isabell tätschelte Julias Schulter. »Okay?«
»Okay.« Julia überlegte einen Moment. »Was hältst du davon, wenn wir uns mit Florian treffen? Vielleicht ist er ja heute hier an der Uni?«
»Warum nicht?« Isabell lächelte wissend. »Bist du sicher, dass ich mit eingeplant bin?«
»Es geht schließlich um unser Projekt«, antwortete Julia und drehte sich zur Seite, um ihr Handy aus der Tasche zu holen. Hoffentlich bemerkte Isabell nicht, dass sie rot angelaufen war. Sie trat zwei Schritte zur Seite und telefonierte kurz. »Florian möchte wissen, ob wir weitergekommen sind.«
»Was wollen wir ihm sagen? Wir müssen uns ohnehin noch überlegen, was wir alles in der Projektarbeit schreiben wollen. Langsam verstehe ich, dass deine Eltern den Text zensieren wollen.«
Julia blieb stehen und sah Isabell an. Lange und schweigend. Sie holte tief Luft.
»Du hast mich vorhin gefragt, ob ich wirklich die Wahrheit wissen will …«
»Und?«
»Bis vor zehn Minuten hätte ich Ja gesagt.« Julia fuhr sich nervös durch die Haare und suchte sichtbar nach Worten. »Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Vielleicht sollte man die Vergangenheit ruhen lassen.«
»Ja, es gibt Geheimnisse, die sollten besser welche bleiben.« Isabell nickte. »Andererseits ist alles ewig her und was kann das große Geheimnis sein? Euer Kaffee ist in Wahrheit Tee, oder was?«
»Blödsinn!« Jetzt musste Julia lachen. »Du hast recht und ich … ach was. Erst einen Kaffee und dann schauen wir, wie Elises Geschichte ausgeht. Bestimmt jammert sie wieder über den Regenwald.«
»Und bestimmt bereut sie, dass sie nicht netter zu ihren Eltern gewesen ist.« Spielerisch schlug Isabell nach Julia, die ihr geschickt auswich.
»Ich bin ziemlich sicher, dass Elises Eltern heil und gesund wieder auftauchten.«
»Wenn du das sagst«, neckte Isabell sie.
»Klar. Wenn etwas Dramatisches passiert wäre, hätten uns unsere Eltern bestimmt alles erzählt. So wie immer! Stimmt’s?«
47 Guatemala 1902
»Grete, Liebes.« Die weißhaarige Frau, die unvermittelt ins Zimmer gekommen war, schaute Elise und Georg etwas verwirrt an. »Guten Tag. Wo ist Margarete?«
»Guten Tag.« Elise knickste. Etwas an der alten Dame ließ sie sich an ihre Erziehung erinnern, die im Regenwald etwas gelitten hatte. »Mein Name ist Elise Hohermuth. Ich kenne Margarete von der Überfahrt aus Deutschland.«
»Elise, sehr erfreut, Sie kennenzulernen.« Die Dame lächelte. »Ich bin Margaretes Großmutter. Wo ist sie?«
Margaretes Großmutter wirkte immer noch überrascht, was sich Elise nicht erklären konnte. Sicher wäre es höflicher gewesen, sich der alten Dame vorzustellen, gleich nachdem sie auf der Finca angekommen waren, aber sie hatte sich zu einem Mittagsschläfchen hingelegt.
»Guten Tag«, mischte sich nun Georg ein. »Margarete … sie holt Erfrischungen.« Er log, ohne rot zu werden. »Ich bin Georg Peters. Wir reisen mit Elises Eltern.«
»Ach, die Forscher.« Die alte Dame wirkte beruhigt und wandte
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