Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
versöhnt?«
»Ja, wir haben gestern ziemlich lange geredet.« Isabell machte eine spaßig-verzweifelte Geste. »Meine Mutter hat einen Job an einer englischen Uni. Sie würden sich freuen, wenn ich dahinkomme. Aber ich will mit dir nach Guate.«
»Ehrlich? Ich … ich fände es klasse, wenn wir gemeinsam unterwegs wären.« Julia zwinkerte Isabell zu. »Abgesehen davon, dass ich kein Spanisch kann. Ich brauche dich also.«
»Na ja, du könntest den schnuckeligen Florian fragen. Der würde dich bestimmt gern begleiten.« Isabell malte einHerzchen in die Luft. »Nein, im Ernst. Ich glaube, er will im nächsten Jahr nach Antigua. Hat er mal angedeutet, oder?«
»Meinst du, dass ich Juans Familie finden kann?« Julias Versuch, das Thema zu wechseln, war so plump, dass Isabell nur den Kopf schütteln konnte. »Vielleicht … vielleicht leben sie ja auch nicht mehr.«
Isabell biss sich auf die Unterlippe. Sie hatte Julia bewusst nichts von den Gräueltaten berichtet. Den Massenmorden an den Indígenas. Julia konnte recht haben. Möglicherweise hatte niemand aus Juans Familie überlebt. »Pass auf, ich kontakte ein paar Leute und bitte sie, etwas über Juans Familie herauszufinden. Und ich lasse dich auf keinen Fall allein, wenn du nach Guate fahren willst.«
Julia antwortete nicht, sondern nickte nur.
»Du würdest doch schon bei der ersten Schlange umdrehen und schreiend nach Hause laufen«, fügte Isabell hinzu, um nicht weiter daran denken zu müssen, dass Julias Verwandte möglicherweise ermordet worden waren. »Und wärst völlig hilflos, wenn du einen Chickenbus anhalten wolltest.«
»Danke!«, sagte Julia. »Und auch wenn ich keine lebenden Verwandten habe oder sie mich nicht sehen wollen, ich will auf jeden Fall die Finca sehen, auf der Margarete gelebt hat. Und ich will ihren Wasserfall suchen.«
»¡Cómo no! Abgemacht. Wir fahren gemeinsam nach Guate. Hören Marimbas und suchen im Regenwald nach einem Wasserfall. Das wird super.«
»Aber erst mal schreiben wir unseren Projektbericht.« Julia lächelte. »Wer schreibt, der bleibt.«
Epilog Guatemala 1903
»Ich ahnte, dass ich dich hier finde.« Robert trat aus dem Schatten der Bäume auf die kleine Lichtung. Sein Lächeln wärmte Margaretes Herz. »Schmerzt es nicht zu sehr?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Schmerz jemals endet.« Margarete saß am See und ließ ihre Hand durch das warme Wasser gleiten. Kleine Fische näherten sich neugierig und stoben hektisch davon, als sie die Finger bewegte. »Aber hier erlebte ich die schönsten Tage meines Lebens.«
Ein Sonnenstrahl brach durch die Wolkendecke und entfachte einen funkelnden Regenbogen über dem Wasserfall. Margarete zog die Hand aus dem Wasser und ballte sie zur Faust. Ihre Fingernägel krallten sich in die Handfläche. Mit dem körperlichen Schmerz hoffte sie, die bittersüße Qual der Erinnerung zu übertünchen. Doch immer wieder sah sie die glücklichen Stunden mit Juan vor sich. Sein markantes Gesicht. Seine leuchtenden Augen, als er sich über sie beugte und sie küsste. Wenn der Wind durch ihr Haar strich, meinte sie Juans sanfte Liebkosungen zu spüren.
»Versuche, dich an das Schöne zu erinnern.« Robert trat heran und bot Margarete seinen Arm, damit sie sich erheben konnte. Inzwischen hatte die Schwangerschaft ihren Bauch anschwellen lassen und es fiel ihr schwerer, den Weg durch den Nebelwald an ihren See zu gehen. »Es ist nicht gut für das Baby, wenn du trauerst.«
»Ich weiß.« Margarete zog sich an seinem Arm hoch. Der goldene Ring an seiner rechten Hand blitzte kurz hervor. Der Ring, dessen Pendant sie trug. In einer kurzen, schmucklosen Zeremonie hatten sie geheiratet und einander versprochen, füreinander zu sorgen und sich zu lieben. Ein Treuegelöbnis hatte Margarete von Robert nicht verlangen wollen und er war ihr sehr dankbar gewesen.
Sie fragte ihn nie, wo und vor allem mit wem er die Nächte verbrachte. Manchmal musste sie der Versuchung widerstehen, ihn zu bitten, etwas Wärme in ihr kaltes und einsames Bett zu bringen. Menschliche Wärme, nicht die Liebe zwischen Mann und Frau. Aber es erschien ihr falsch und so lag sie nachts wach, erinnerte sich an Juan und legte die Hand auf ihren Bauch, um ihr gemeinsames Kind zu spüren. Zu ihrem Erstaunen schien auch Robert das Kind zu lieben. Er erfreute sich ebenso sehr an den Bewegungen des Kleinen wie Margaretes Großmutter oder ihr Vater.
»Sie warten auf uns.« Robert lächelte Margarete an. »Wir
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