Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
Großmama. Es muss eine andere Lösung geben. Bitte, komm mit.«
»Ich … ich kann dir nicht helfen. Und ich kann nicht zusehen, wie du in dein Unglück rennst.« Minna SelersStimme zitterte und Tränen glitzerten in ihren Augen. Sie schluckte und wandte sich ab. »Verzeih mir. Aber ich … dein Vater, er ist doch mein Sohn.«
Margarete stand noch einen Augenblick schweigend da und beobachtete ihre Großmutter, wie sie sanft die Orchideen streichelte, als ob diese ihr Trost spenden könnten.
»Ist schon gut, Großmama«, flüsterte sie und ging zurück ins Haus. Dann musste sie sich eben der Gefahr allein stellen.
In der Küche bat sie Marisela um Kaffee und Kekse und betrat wieder den Salon. Karl Federmann sprang auf und stolperte. Margarete musste sich ein Lächeln verkneifen und wartete, bis er sich wieder hingesetzt hatte.
Mit ruhiger Stimme sagte sie: »Ich danke Ihnen für Ihre Bemühungen, Herr Federmann, ich kann Ihnen jedoch versichern, dass ich Sie nicht zu ehelichen gedenke.«
»Aber … aber …«, stammelte Federmann und rang nach Fassung. Er schaute sich Hilfe suchend nach Margaretes Vater um. »Aber Sie hatten mir zugesagt, dass Ihre Tochter mich heiratet.«
»Ich stehe zu meinem Wort«, antwortete Alfred Seler mit gepresster Stimme. Margarete erkannte die roten Flecken auf seinen Wangen als Zeichen unterdrückten Zorns. »Meine Tochter ist wahrscheinlich noch etwas überspannt nach der langen Schiffsreise.«
»Nein!« Margarete staunte selbst über ihren Mut. Niemals zuvor hatte sie sich derart gegen ihren Vater aufgelehnt. »Ich werde Sie nicht heiraten, Herr Federmann. Es tut mir leid.«
In diesem Augenblick trat die Köchin ins Zimmer und stellte unter großem Scheppern ein Tablett mitErfrischungen auf das kleine Tischchen. Marisela schaute abwechselnd von Margarete zu ihrem Vater, schüttelte den Kopf und verließ schleunigst das Besucherzimmer.
»Nun gut. Es gibt mehr als eine.« Karl Federmann stand auf und nahm seinen Hut. »Ich muss nicht betteln«, sagte er. Dann stolzierte er hocherhobenen Hauptes davon, ohne Margarete noch eines Blickes zu würdigen.
D as war in höchstem Maße unschicklich.« Zu laut und undeutlich klang die Stimme ihres Vaters, als ob er mehr als einen Cognac mit Karl Federmann getrunken hatte. »Ich werde das Fräulein wieder holen lassen. Deine Erziehung scheint mir noch nicht abgeschlossen zu sein.«
»Vater«, begann Margarete. Sie hielt den Kopf gesenkt, um seinen Zorn nicht weiter zu schüren, und knetete ihre Hände. »Warum nur kannst du nicht verstehen, dass ich Karl Federmann nicht heiraten kann? Du hast Mutter so sehr geliebt und so lange um sie getrauert.« So tief getrauert, dass er nie wieder geheiratet hatte. Wie konnte er nur von ihr verlangen, dass sie ihr Glück einfach wegwarf? »Vater …«
»Sei still!«, beschied er sie mit einer abwehrenden Handbewegung und warf dabei die Vase um, in der eine neue Orchideenrispe stand. »Ich will kein weiteres Wort mehr von dir hören. Geh auf dein Zimmer.«
Margarete öffnete den Mund, um ihm ihre Sicht der Dinge zu schildern, doch ihr Vater wandte ihr brüsk den Rücken zu. Ein Gespräch mit ihm würde heute wohl nicht mehr möglich sein. An der Tür blieb sie stehen und drehte sich noch einmal zu ihm um, wollte ihn an ihre guten Zeiten erinnern. Doch er stand bereits wieder an dem Servierwagen mit den Schnäpsen, goss sich einen aguardiente ein und stürzte ihn herunter wie Wasser. Margarete biss sich auf die Unterlippe und schloss leise die Tür. Sie musste eine Entscheidung treffen. Konnte man wirklich von einer Entscheidung sprechen, wenn ihr nur eine Möglichkeit blieb?
16
»Ich fahre heute Nachmittag in die Stadt. Vorräte einkaufen«, wandte sich Margarete am nächsten Morgen an ihre Großmutter. Ihr Vater strafte sie nach dem gestrigen Vorfall mit Missachtung. Übellaunig schob Alfred Seler die Bohnen auf seinem Teller hin und her und kratzte mit dem Messer über das Porzellan. Mehr trug er nicht zu ihrem Frühstücksgespräch bei. »Marisela wird mich begleiten.«
»Wenn du einen schönen Stoff für ein Sommerkleid siehst, bring mir doch bitte etwas mit.« Ihre Großmutter verhielt sich, als wäre nichts geschehen, obwohl die Spannungen zwischen Margarete und ihrem Vater sich anfühlten, als ob sie mit den Händen greifbar wären. Am liebsten wäre Margarete aufgesprungen und hätte ihrer Empörung darüber lauthals Luft gemacht. Aber das gehörte sich nicht. Also fügte sie sich in
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