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Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Titel: Im Land der Kaffeeblüten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Antoni
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anbauen konnten. Einige von ihnen grüßten Margarete freundlich, aber verhalten, sodass sie sich fragte, was sich hinter dieser Distanz verbarg. An ihrer einjährigen Abwesenheit konnte es nicht liegen, oder? Nein, dafür war die deutsche Gemeinde zu klein und jeder kannte jeden. Vielleicht würde sie ja in einem der beiden deutschen Geschäftshäuser etwas erfahren.
    Eduardo brachte den Wagen etwas abseits zum Stehen und ließ Marisela und Margarete aussteigen.
    »Ich bleibe hier.« Er nickte ihnen zu und stieg vom Kutschbock, um dem Pferd ein wenig Maisstroh und Wasser zu geben.
    »Ich gehe in die Läden, gehe du auf den Markt«, sagte Margarete zu Marisela, woraufhin sich die Köchin einen Korb aus dem Wagen schnappte und sich auf den Wegmachte. Margarete schlenderte die Hauptstraße entlang, kaum etwas schien sich im vergangenen Jahr verändert zu haben. Die beiden Kaufläden, Dependancen einer Warenhauskette, überragten alle Häuser in der Umgebung. Sie öffnete die Tür zum Kaufladen und spürte einen Augenblick lang den Zauber, den sie als Kind immer empfunden hatte, wenn ihr Vater mit ihr in die Stadt gefahren war und sie sich etwas in dem Geschäft aussuchen durfte. Es war ihr stets schwergefallen, sich zu entscheiden bei all der Pracht, die sich ihr darbot. Glasperlen, Weingläser, Küchengeschirr und Bestecke lagen einträchtig neben Buschmessern, Sätteln und Wolldecken. Auch Leibwäsche und Kleiderstoffe fanden ihren Platz in den überfüllten Regalen. Auf der rechten Seite lagerten die Lebensmittel. Frisches Obst und Gemüse sowie Wein und Bier und Konserven, alles aus Deutschland importiert.
    »Fräulein Seler, wie schön, Sie wiederzusehen.« Mit einem breitem Lächeln und ausgestreckten Armen kam der Kaufmann auf sie zu und schüttelte ihr die Hand. »Wie ich Sie darum beneide, im schönen Bremen geweilt zu haben. Sie müssen mir unbedingt alles erzählen.«
    Nachdem Margarete und der Kaufmann einen ausgiebigen Plausch gehalten hatten, nahm sie sich ihre Einkaufsliste vor.
    »Ich brauche Obstkonserven, einige Flaschen Wein und …«
    »Es tut mir leid, verehrtes Fräulein Seler.« Herr Schultze blickte an ihr vorbei. Seine Zunge fuhr zwischen den Lippen vor und zurück und auf seinen Wangen erblühten hektische rote Flecken. »Es tut mir leid. Hat Ihr Vater Ihnen nichts gesagt?«
    Margarete schwieg einen Augenblick. Sie wollte vor dem Kaufmann nicht zugeben, dass ihr Vater nicht mit ihr redete.
    »Ach, Sie wissen ja, wie das ist.« Margarete bemühte sich um ein Lächeln. »Mein Vater arbeitet so viel und ich wollte gern gleich heute in die Stadt fahren.«
    »Nun. Mein Kompagnon und ich haben die Entscheidung getroffen, treffen müssen, Ihrem Vater keinen Kredit mehr zu gewähren.« Er räusperte sich. »Sie müssen verstehen. Ich verkaufe Ihnen gern etwas. Aber erst müssen Sie die Schulden begleichen.«
    »Oh. Natürlich. Selbstverständlich.« Margarete schluckte. Die Gedanken rasten durch ihren Kopf. Ihre Familie hatte Außenstände bei Kaufmann Schultze. Das war ja noch nie vorgekommen. Wie peinlich. Wie hoch der Betrag war, den sie schuldeten, wollte sie sich lieber nicht vorstellen. Dann riss sie sich zusammen und sagte: »Entschuldigen Sie bitte, Herr Schultze, ich werde umgehend mit meinem Vater sprechen.«
    Mit hochrotem Kopf flüchtete sie aus dem Laden, voller Sorge, dass es Marisela auf dem Markt ähnlich ergangen war.

17
    Einen ganzen Tag lang hatte die Eisenbahn sie durchgerüttelt. Es war Elise so vorgekommen, als ob der Zug mehr bremste, als er fuhr, aber niemand außer ihr schien das zu bemerken. Nach der Ankunft gestern waren sie mit einer Kutsche vom Hafen zum Bahnhof gefahren. Einmal quer durchs Land hatte ihre Reise sie dann geführt und heute hatten sie endlich ihr Ziel erreicht: Guatemala Ciudad, die Hauptstadt des Landes, von wo aus ihre Eltern zu ihrer Expedition aufbrechen wollten. Gleich nachdem sie angekommen waren, verschwand Henni und nun entdeckte Elise sie am Straßenrand.
    »Was macht Mutter da?« Sie deutete mit der Hand auf Henni Hohermuth, die einige Meter entfernt mit zwei Indios sprach. Henni erhob ihre Stimme, schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust. Elise fürchtete, dass es gleich zu einem handfesten Streit kommen würde.
    Henni Hohermuth trug ihr Forscherinnenkostüm, wie Elise die Kleidung ihrer Mutter nannte. Eine weiße Bluse mit Häkelspitze am Kragen und einen dunklen Reitrock, unter dem die weiße, lange Unterhose aus Leinen

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