Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
hervorblitzte. Ein gewebter Gürtel mit bunten Mustern, den Henni Hohermuth einer Indio-Frau abgekauft hatte, vervollständigte das Ensemble.
Auf dem Kopf saß ein Strohhut mit runder Krempe,dem ein violettes Band etwas Farbe gab. Die langen dunklen Haare hatte ihre Mutter hochgesteckt, einzelne Locken strebten aber aus der Umklammerung der Haarnadeln und hingen lose herunter. An einem schmalen Riemen, der sich über die Schulter spannte, trug Henni eine Handtasche aus dunkelbraunem Leder, ohne die Elise ihre Mutter noch nie gesehen hatte. In der Tasche hatte sie alles verstaut, was ihr wichtig war. Elise hatte sich schon mehr als einmal gewundert, was ihre Mutter daraus hervorzauberte: Salben, Nähzeug, Flittertand für Indio-Kinder und vieles mehr.
»Sie streiten nicht. Deine Mutter verhandelt den Preis für die Träger und die Reittiere.« Johann Hohermuth beobachtete die Szene und lächelte. Voller Liebe und Bewunderung, wie Elise fand. »Ich könnte niemals so gut feilschen wie deine Mutter. Da kannst du etwas lernen.«
Plötzlich zog Henni ihren Hut vom Kopf und warf ihn in den Dreck, hob ihn wieder auf, schüttelte ihn aus und kam auf Elise und Johann zu. Der Indio lief ihr nach, hielt sie am Arm fest und redete auf sie ein. Henni schüttelte ihn ab und ging stur weiter. Er folgte ihr, schien nicht lockerzulassen. Schließlich blieb sie stehen und nickte. Sie hob drei Finger und der Indio nickte ebenfalls. Sie schüttelten sich die Hände und gingen ihrer Wege.
»Das waren ja ewig lange Verhandlungen.« Johann Hohermuth musterte seine Frau und legte den Kopf schief.
»Ach, das Übliche.« Henni zuckte mit den Schultern. »Er wollte den Preis hochtreiben und erzählte etwas von Banditen, die seit einigen Wochen ihr Unwesen treiben.«
»Banditen?« Elise schauderte. Nicht nur der Dschungel, Schlangen und Nächte im Zelt, nein, auch noch Räuberdrohten ihr in den kommenden Wochen. »Und du machst dir keine Sorgen?«
»Was sollten sie bei uns schon stehlen?« Ihre Mutter lächelte ihr zu, so wie man einem kleinen Kind zulächelte, das eine niedliche, aber gänzlich unpassende Frage gestellt hatte. »Wir haben kaum Geld bei uns.«
Elise schwieg. Woher die Banditen allerdings wissen sollten, dass sie kein Geld bei sich hatten, wollte ihr nicht in den Kopf.
»Er stellt uns drei Träger zur Verfügung. Mehr war nicht drin. Wir müssen schauen, was wir hierlassen.«
»Warum brauchen wir so viel Kram?« Elise hatte sich bereits am Hafen gewundert, wie viele Kisten und Koffer, die den Namen ihrer Eltern trugen, ausgeladen wurden. Einen Teil hatten die Hohermuths in Puerto Barrios eingelagert, aber das meiste wollten sie wirklich durch den Dschungel schleppen. »Reisen Abenteurer nicht mit leichtem Gepäck?«
»Wir benötigen Kochgeschirr, Zelte, Hängematten, Moskitonetze und feste Kleidung fürs Hochland. Und ohne einen Wettermantel und feste Schuhe wären wir dort verloren.« Ihre Mutter ging nicht auf Elises Spott ein. »Am schwersten wiegt das Papier für die Abdrücke.«
»Aha.« Elise gab vor zu verstehen, wovon um Himmels willen ihre Mutter da redete.
»Auf die Fotoausrüstung musste ich verzichten.« Hennis Stimme klang sehnsüchtig. »Dabei machen sich Bilder so gut im Museum.«
»Ich weiß, Schatz, aber …« Johann drückte ihren Arm. »Kamera und Fotoplatten machen mehr Probleme, als sie nutzen. Ich schaue mal nach Pferden.«
Ihr Vater nickte Elise zu und stiefelte mit großenSchritten davon. Pferde? Elise war davon ausgegangen, dass sie sich zu Fuß durch den Dschungel schlagen mussten. Nicht dass ihr die Vorstellung behagte, aber Pferde …
»Wohin reisen wir?«, fragte Elise, um ihre Gedanken abzulenken. »Zu einer der großen Ausgrabungsstätten?«
»Natürlich nicht.« Henni schüttelte energisch den Kopf. Ihr Blick richtete sich in die Ferne. Ihre dunklen Augen wirkten nahezu schwarz. »Damit wären wir nur ein Forscherpaar unter vielen. Nein, mein Kind, ich verrate dir jetzt ein Geheimnis.«
Henni beugte sich vor und senkte ihre Stimme. Elises Neugier war geweckt.
»Dein Vater und ich suchen etwas Großes. Etwas ganz Besonderes.« Hennis Augen leuchteten. Sie strich sich die dunklen Locken aus dem Gesicht und wirkte euphorisch. »Ich bin mir sicher, es gibt einen unentdeckten Tempel …«
»Gibt’s davon nicht viele?«, unterbrach Elise sie mit enttäuschter Stimme. Sie hatte auf etwas Wichtiges gehofft, nicht auf alte Steine. »Werden nicht ständig neue Anlagen
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