Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
wie sie gedacht hatte.
18
»Georg!« Elise schrie entsetzt auf und deutete mit der Hand auf den Boden. Erst in diesem Augenblick hatte sie die kleine Schlange bemerkt, die sich Georg näherte. Klein und braun mit gelblichen Streifen. Ohne nachzudenken, hatte sie aufgeschrien, um Georg zu warnen.
»Junge, nicht bewegen!«, rief Henni Hohermuth, doch es war schon zu spät. Georg zuckte zusammen und schaute sich hektisch um. Die Schlange stieß vor und biss ihn in den Arm. Elise drohten die Sinne zu schwinden.
Georg erbleichte und bewegte sich nicht. Mit einem Schritt trat Henni neben ihn und fasste die Schlange vorsichtig hinter dem Kopf. Mit geschickten Fingern löste sie den Biss und trug das sich windende Reptil davon.
»Es … es tut mir so leid«, flüsterte Elise. Gleichzeitig wollte sie ihre Mutter anschreien, ob sie nichts Besseres zu tun hätte, als eine Schlange zu retten. »Tut … tut es sehr weh?«
»Nein. Nein.« Schweißperlen traten auf Georgs Stirn. Wie schnell tötete Schlangengift? »Es schmerzt gar nicht.«
War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Elise wagte nicht, Georg anzusehen, aus Furcht, dass er gleich röcheln würde.
»Jetzt steht nicht herum wie die Salzsäulen!« Ihre Mutterklang entrüstet. Sie kam aus den Wäldern und geradewegs auf Georg zu. »Na los, krempele den Ärmel hoch.«
Georg nickte und schlug den Ärmel seiner dicken Jacke um. Vorsichtig knöpfte er die Manschette seines Hemds auf.
»Aha«, sagte Henni Hohermuth. Sie deutete auf Georgs Arm, an dem sich zu Elises Erleichterung keine Bissspuren abzeichneten. »Dachte ich es mir doch. Es war noch ein Jungtier. Nicht kräftig genug, um die Zähne durch den Stoff zu schlagen.«
Elise spürte ein hysterisches Kichern in sich aufsteigen und konnte es hinter einem erleichterten Seufzer verstecken.
»Und du, mein Fräulein«, fuhr ihre Mutter sie an. »Wie oft habe ich dir gesagt, dass du nicht schreien sollst. Es wäre nichts passiert, wenn du Georg nicht erschreckt hättest.«
Von dem Vorwurf überrascht, konnte Elise ihre Mutter nur anstarren. Wie kam sie nur dazu, ihr stets die Schuld zu geben?
»Das weißt du gar nicht«, antwortete Elise schließlich, nachdem sie ihre Fassung wiedergewonnen hatte. »Ich kann ihm auch das Leben gerettet haben.«
Angriffslustig streckte sie den Kopf vor. Heute würde sie nicht klein beigeben. Heute nicht.
»Es war meine Schuld. Ich hätte es besser wissen sollen.« Georg war aufgestanden und stellte sich schützend neben Elise. »Sie hat es nur gut gemeint.«
Henni Hohermuth drehte sich um. »Packt eure Sachen. Wir müssen weiter.«
»Es … es tut mir so leid«, sagte Elise, nachdem ihre Mutter außer Hörweite war. »Ich hätte es wirklich besser wissen müssen.«
»Schon, aber es war ja deine erste Schlange.« Georgknuffte sie freundschaftlich in die Seite und ging zu den Pferden. »Das nächste Mal weißt du Bescheid.«
Nach diesem Start im Morgengrauen erschien Elise der Ritt auf dem Maultier wie ein Kinderspiel. In den vergangenen vier Tagen hatte sie sich an den Mula gewöhnt und ihr Körper hatte sich zu ihrer Überraschung nach kurzem, aber heftigem Muskelkater und einem wunden Hintern ebenfalls den langen Ritten angepasst. Auch wenn sie es ihrer Mutter gegenüber nie zugegeben hätte, mochte es Elise sogar, durch die Landschaft zu reiten und ihren Gedanken nachzuhängen. Sie hatte ihren Vater um eines seiner Schreibbücher gebeten, damit sie weiter jeden Abend Tagebuch führen konnte.
Als Nemo plötzlich stehen blieb und schnaubend den Kopf zurückwarf, hätte sein abrupter Halt Elise beinahe aus dem Sattel geschleudert.
Sie standen vor einem kleinen Fluss und Nemo stemmte die Hufe in den Boden. Ihr Vater und Georg waren bereits am anderen Ufer angelangt und hielten nun wartend ihre Pferde an.
»Er mag kein Wasser!« Henni Hohermuth hatte ihre braune Stute neben sie gelenkt. Sie wirkte verärgert. »Das hat mir der mozo eben erst gebeichtet. Wie passend für eine Reise durch ein Land mit Dutzenden von Flüssen.«
Lautlos tauchte der Träger neben Elise auf und griff nach den Zügeln. Er zog, der Mula lehnte sich zurück, bis er beinahe auf den Hinterbeinen zu sitzen kam. Der Indio schimpfte in seiner Sprache auf das Tier ein und hob die Peitsche. Das Maultier legte die Ohren an und riss mit dem Kopf an den Zügeln. Elise sprang aus dem Sattel.
»Nein, bitte nicht.« Sie führte Nemo weg vom Fluss. »Wir schaffen das auch ohne Peitsche.«
»Elise!« Die
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