Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
gefunden?«
»Schon, aber alles unbedeutende Heiligtümer. Nichts, womit ich den Herren Professoren beweisen kann, dass auch Frauen gute Wissenschaftlerinnen sind. Eine einzigartige Entdeckung brauche ich … brauchen wir.« Henni Hohermuth schaute sich um, als ob jemand sie belauschen könnte. »Ich bin mir sicher, die Indios wissen etwas, aber sie schweigen. Dummer Aberglaube.«
»Wo wollt ihr denn suchen?«, heuchelte Elise Interesse. Es musste doch einen Weg geben, wie sie ihrer Mutter näherkommen konnte.
»Das kann ich dir noch nicht sagen.« Hennis Hand fuhrwieder und wieder zu ihrer Stirn, um die gleiche vorwitzige Haarsträhne zurückzustreichen. »Dein Vater … nun, er … er muss noch überzeugt werden. Ihm reicht es, wenn wir nach Tikal gehen. Aber da pilgern alle hin.«
Bevor Elise antworten konnte, schlenderte Georg heran.
»Georg!« Die Stimme ihrer Mutter klang gleichermaßen entrüstet und erleichtert. »Da bist du ja endlich. Schnell. Hilf Johann, vernünftige Tiere auszuwählen.«
Georg nickte und eilte davon.
»Ohne den Jungen wären wir verloren.« Ihre Mutter sprach mehr zu sich selbst als zu Elise. »Ich mag mir gar nicht vorstellen, dass er uns einmal verlässt.«
Auch Elise wollte sich nicht vorstellen, dass Georg sie mit ihren Eltern allein ließ. Ohne Georg, ohne die Hoffnung, ihn für sich zu gewinnen, würde sie die Zeit, die vor ihr lag, niemals überstehen.
»Warum …«, flüsterte sie. »Warum sollte er gehen?«
»Nun, er ist bald volljährig und kann dann über sein Leben selbst entscheiden. So, genug geredet. Lass uns zum Gasthaus gehen.« Ihre Mutter hatte nichts von Elises Gefühlen bemerkt. Kein Wunder, für Henni Hohermuth standen die Maya an erster Stelle, dann ihr Ehemann, dann Georg und wahrscheinlich mit weitem Abstand Elise. »Genieße den Komfort, den du in der letzten Nacht noch hast.«
A m nächsten Morgen erwachte Elise, als ihre Mutter die Sachen zusammenpackte, und fühlte sich wie zerschlagen. Albträume hatten sie geplagt und sie hatte sich mitten in der Nacht in ihrem Moskitonetz verheddert, was sie schreiend aufwachen ließ, weil sie sich von einem riesigenKraken umschlungen fühlte. Henni Hohermuth hatte Elise geweckt und das Moskitonetz wieder angebracht.
Das seltsame Frühstück, Rühreier, Spiegeleier, Tortillas mit schwarzen Bohnen und Mais, Weichkäse und etwas, das ihre Mutter Kochbananen nannte, verbesserte Elises Laune nicht gerade. So etwas aß man mittags oder abends, aber nicht am frühen Morgen. Sie rümpfte die Nase.
»Iss ordentlich. Wir haben einen langen Weg vor uns.« Ihr Vater klatschte sich eine weitere Ladung der Chirmol genannten Tomatensoße über die Pampe auf seinem Teller. Elise wurde bereits beim Anblick übel.
»Warum reisen wir nicht mit der Eisenbahn weiter? Wäre das nicht bequemer?« Und freundlicher zu ihrem armen Hinterteil, das bereits bei dem Gedanken an mehrere Tage auf einem Pferderücken schmerzte. »Und schneller?«
»Schon«, antwortete ihre Mutter in einem Tonfall, der besagte, dass Elise wieder einmal eine falsche Frage gestellt hatte. »Aber die Eisenbahnlinie verkehrt nur zwischen den Häfen und der Hauptstadt. Sie bringt uns nicht dahin, wo wir hinwollen.«
»Aber wir könnten wenigstens noch ein Stückchen damit fahren!« Jeder Meter, den Elise nicht reiten musste, erschien ihr wie das Paradies. »Es bleiben noch genug Tage, die wir durch die Pampa reiten müssen.«
»Den Nebelwald. Die Pampa befindet sich in Argentinien.« Henni Hohermuth lächelte ihre Tochter an und hob die Hände. »Wenn wir die Bahn nehmen würden, könnten wir unser Herbarium nicht ergänzen. Ein bisschen Unbequemlichkeit ist ein geringer Preis für den Gewinn an Wissen.«
»Darüber kann man geteilter Auffassung sein«, murmelteElise, wohl wissend, dass ihre Mutter alles überhörte, was ihr nicht gefiel.
»Wir müssen bald los.« Henni Hohermuth stand auf und küsste Elise auf den Scheitel. »Dein Vater, Georg und ich kümmern uns schon mal ums Gepäck. Komm nach, wenn du gegessen hast.«
Elise, die die Augen kaum offen halten konnte, nickte nur. Sie trank einen Schluck des Kaffees, der viel milder schmeckte als in Deutschland, und biss in die Tortilla. Nachdem sie sich an den Geschmack gewöhnt hatte, aß sie mit gutem Appetit. Schließlich wusste sie nicht, wann sie das nächste Mal wieder etwas Warmes bekommen würde. So wie sie überhaupt nicht wusste, was sie auf dieser Reise erwartete.
Als sie den Treffpunkt
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