Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
vorgestellt.« Isabell nickte. »Komm doch heute Abend vorbei. Ich koche was und wir fragen Lina gemeinsam aus. Sie kann dich gut leiden.«
Bevor Julia antworten konnte, stand Frau Haberkorn vor ihnen. »Isabell. Julia. Was kann ich für Sie tun?«
U m sieben Uhr klingelte Julia und wurde von einer Isabell begrüßt, die anscheinend schlechte Laune hatte. »Komm rein.«
»Was ist los?« Julia überlegte, ob in der Schule irgendetwas vorgefallen sein konnte. »Hat Kunze wieder einen Überraschungstest geschrieben?«
»Nee, nee. Heute geht irgendwie alles schief.« Isabell seufzte.
»Ich habe versucht, in der Stadt irgendwo reife Früchte zu finden.« Isabell schaute frustriert auf die Mango, die sie in ihrer Hand hielt. »Aber alles ist beinahe geschmacklos.«
»Also, ich mag die Mangos hier eigentlich ganz gern.«Julia schüttelte innerlich den Kopf über Isabell. Wenn es ihr in Bremen nicht passte, warum reiste sie dann nicht einfach zurück nach Guatemala? »So groß kann der Unterschied doch nicht sein.«
»Du würdest dich umschauen«, spottete Isabell. »Früchte, frisch vom Baum, schmecken … einfach unvergleichlich. Unsere Avocados …«
»Ja?« Julia grinste, als Isabell die Augen schloss und schmatzte. »Was ist mit euren Avocados? Sind sie größer? Oder grüner? Oder cremiger?«
»Sie … sie sind einfach avocadiger.« Isabell öffnete die Augen und zwinkerte Julia zu.
»Avocadiger? Schönes Wort.«
»Sollte man schnellstens in den Duden aufnehmen.« Isabell lächelte. »In Guatemala nennt man Avocados ›Butterbrot auf Bäumen‹, weil sie so nahrhaft und lecker sind.«
»Hör auf. Jetzt habe ich Hunger.«
»Dann sputet euch mal«, rief Lina aus der Küche und klapperte mit dem Geschirr. »Hallo, Julia. Wie geht’s? Was machen eure Recherchen?«
»Lina!«, rief Isabell. »Lass uns jetzt erst einmal essen, dann können wir über die Arbeit reden. Das ist ja fast so schlimm wie mit meinen Eltern. Die haben immer nur von ihren Ausgrabungen erzählt, egal, was ich gekocht hatte.«
»Entschuldige.« Lina zwinkerte Julia zu. »Was mögt ihr trinken? Wasser? Rhabarbersaft? Tee?«
»Bloß keinen Rhabarbersaft.« Isabell schüttelte sich. »Da kriegt man immer so stumpfe Zähne von. Hier, in der Karaffe ist horchata. Ich hoffe, ich habe es hinbekommen.«
»Was ist das?« Julia begutachtete die trübe Flüssigkeit. Sah ein bisschen wie Spülwasser aus.
»Reiswasser mit etwas Zimt. Isabell reichte Julia ein Glas. Eigentlich wollte ich atoles machen, aber es gab in ganz Bremen keine Kochbananen.«
Vorsichtig probierte Julia einen Schluck. Das schmeckte gar nicht schlecht, auf jeden Fall besser, als es die Farbe vermuten ließ.
Isabell hatte sich beim Kochen wieder ziemlich ins Zeug gelegt. Besonders die Guacamole war so köstlich, dass sich Julia eine zweite Portion nahm.
»Das war echt lecker.« Julia lehnte sich zurück und dankte Lina für den Espresso, den sie jetzt gut brauchen konnte. »Wieso kannst du so gut kochen?«
»Meine Eltern waren viel unterwegs. Das Essen in der Schulkantine konntest du vergessen und da habe ich es eben gelernt.« Isabell zuckte die Schultern. »Wir hatten eine Haushälterin, die hat mir viel beigebracht.«
»Eine Haushälterin?« Julia war bisher davon ausgegangen, dass Isabells Eltern eher wenig Geld hatten. »Ich … ich dachte …«
»Das gehört in Guatemala dazu.« Isabell lächelte schief. »Von Gringos wird erwartet, dass sie viel Geld haben und Chapínes einstellen.«
»Ihr wolltet noch mit mir reden, oder?« Bevor Julia etwas sagen konnte, mischte sich Lina ein. Sie schaute auf die Uhr. »Ich muss gleich zur Theatergruppe.«
»Kannst du uns nicht etwas über Elise erzählen?« Isabell wechselte einen Blick mit Julia. Sie hatten heute Morgen überlegt, warum Lina ihnen nur die Tagebücher in die Hand gedrückt und sich ansonsten nicht groß geäußert hatte. »Du müsstest sie doch noch gekannt haben?«
»Warum fragst du nicht geradeheraus, was du wissenwillst?« Linas Stimme klang überraschend streng. »Ich mag das Um-den-Brei-herum-Reden nicht, das weißt du.«
»Wie war Elise? Was für ein Mensch war sie?« Isabell überlegte einen Moment. »In den Tagebüchern, die wir bis jetzt gelesen haben, war sie ja noch ganz jung. Und dann haben wir im Internet entdeckt, dass sie richtig spannende Sachen geschrieben hat.« Sie sah Julia Hilfe suchend an.
»Das ist wie mit Margarete«, sprang Julia ihr zur Seite. »Frauen, die auf einem Podest
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