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Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Titel: Im Land der Kaffeeblüten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Antoni
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zu erkennen, dass sie etwas bedrückte. »Sie bleiben über Weihnachten.«
    Erst nach und nach war herausgekommen, dass ihre Eltern nicht nur über die Feiertage blieben, sondern Elise mitnehmen wollten. Auf die Reise. Auf einen Dampfer. Auf einen anderen Kontinent. Nichts hatte geholfen. Weder weinen noch schmollen noch betteln.
    »Wir meinten, du seist alt genug, um uns zu begleiten …« Das Lächeln ihrer Mutter erstarb. »Und wir hatten gehofft, dass du dich freust, mit uns auf eine Expedition zu gehen.«
    »Ihr hättet mich fragen können.« Elises Stimme überschlug sich. Sie wollte nicht weinen. Aber sie fühlte sichbetrogen. Sie war gefangen auf einer Reise mit Eltern, die sie kaum kannte und die sie, wenn sie ehrlich war, auch gar nicht kennenlernen wollte. Sie wollte in Bremen sein. In der Sicherheit des alten Hauses mit den knarrenden Dielen. Bei Großmama und Großpapa, die ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen hatten. Sie wollte nicht in der Wildnis sein, mit den Gefahren, die hier überall lauerten.

32  Bremen 2011
    »Wie gefällt es dir denn jetzt nach sechs Wochen an der neuen Schule?«
    Heute hatte die Skype-Verbindung nach Guatemala endlich mal wieder geklappt und sie konnte sich ihren Eltern wenigstens ein bisschen näher fühlen.
    »Wie Schule halt so ist.« Isabell zuckte die Schultern, bis ihr einfiel, dass ihre Mutter sie nicht sehen konnte.
    »Wollt ihr euch nicht mal ein iPhone oder so was zulegen, damit wir uns sehen können?«
    »Nicht solange die Arbeitsbedingungen in den Fabriken so sind, wie sie sind!«, erklang die Stimme ihres Vaters aus dem Hintergrund. »Ich unterstütze keine Kinderarbeit!«
    »Die Schule ist ganz in Ordnung«, wechselte Isabell das Thema, weil sie die Debatte nicht schon wieder führen wollte. Ihr Vater hatte ja recht, aber manchmal machte seine Political Correctness das Leben nicht gerade leichter. »Keine Uniformen, aber Projektarbeiten zu zweit. Die Lehrerin hat mich mit Julia zusammengespannt. Ihre Eltern haben eine Kaffeerösterei. Wir bearbeiten den Kaffeehandel in Guatemala Anfang des 20. Jahrhunderts.«
    »Ein spannendes Thema«, begann ihre Mutter und wurde gleich darauf von Isabells Vater unterbrochen.
    »Achte darauf, dass ihr die Arbeitsbedingungen auf den Fincas berücksichtigt. Die unrühmliche Rolle der sogenannten liberalen Revolution und die Ausbeutung derIndígenas durch die Regierung und auch durch die deutschen Kaffee-Finqueros.«
    Isabell sah ihren Vater vor sich, wie er sich durch die Haare wuschelte oder die Themen, die sie seiner Meinung nach bearbeiten sollte, an den Fingern abzählte. Sie musste lächeln. Es könnte richtig interessant werden, wenn sich ihre Eltern mal mit Julias Eltern träfen.
    »Matthias!« Isabells Mutter schritt ein. Ihre Stimme klang undeutlich, als ob sie das Mikrofon zuhielt. »Pack lieber deine Sachen zusammen und lass mich in Ruhe mit Isabell telefonieren.« An Isabell gewandt, fuhr sie fort: »Dein Vater hat bisher noch nichts für den Umzug vorbereitet. Und uns bleiben nur noch drei Wochen.«
    »Da habe ich doch noch jede Menge Zeit«, ertönte die Stimme ihres Vaters schon etwas weiter weg. »Es kann ja nicht jeder so hyperorganisiert sein.«
    »Schatz, lass mich mal einen Moment überlegen«, sagte Katja Pötter.
    Isabell konnte ihre Mutter förmlich vor sich sehen, wie sie mit dem Finger über den Nasenrücken fuhr. Eine Welle der Rührung stieg in ihr auf und sie platzte heraus: »Ich vermisse euch. Hier bei Lina ist es toll, aber ich vermisse euch ganz einfach.«
    »Schatz, wir vermissen dich auch.« Jetzt klang auch die Stimme ihrer Mutter etwas belegt. »Dein Vater und ich überlegen, ob wir nicht für ein Jahr nach Deutschland kommen sollen. Bestimmt würde sich etwas finden.«
    Die Worte ihrer Mutter überraschten Isabell. »Ich dachte, die neue Ausgrabung in Belize wäre wichtig, weil sie eure Theorien bestätigen könnte? Ihr habt doch dafür das Guatemala-Projekt aufgegeben, oder?«
    »Ach, Isabell.« Katja Pötter stieß die Luft langsam aus und wirkte verlegen. So kannte sie ihre Mutter gar nicht. »Du wirst sauer sein. Aber erzähl erst mal von diesem Kaffee-Projekt.«
    »Es lässt sich spannender an als erwartet. Unsere beiden Ururgroßmütter kannten sich. Was sagst du dazu?«
    »Elise. Das ist ja ein irrer Zufall.« Isabells Mutter klang überrascht.
    »Ja, das kann man wohl sagen. Weißt du was über sie? Sie hat ja auch in Guatemala gelebt und gearbeitet.«
    »Ich kenne nur ihre

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