Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)
Reiseberichte und die findest du bestimmt in der Uni-Bibliothek. Lina hat vielleicht noch Briefe oder so etwas.« Isabells Mutter lachte leise. »Sie bewahrt doch immer alles auf. Unglaublich, was man in so einem kleinen Häuschen alles verstauen kann.«
»Sie hat uns schon Elises Tagebücher gegeben.« Schade, Isabell hatte gehofft, von ihrer Mutter noch mehr zu erfahren. »Elise war kein Fan von Guate.«
»Wie alt war sie damals? Siebzehn, achtzehn Jahre?«, überlegte Katja Pötter. »Später hat sie sich sehr für das Land eingesetzt, soweit ich mich erinnere.«
»Was meintest du eigentlich vorhin?«, fragte Isabell plötzlich. »Ich würde sauer sein. Worüber denn?« Sie hatte keine Ahnung, was ihre Mutter andeuten wollte. »Hat es damit zu tun, dass ich nach Bremen sollte?«
»Isabell. Schatz.« Katja Pötter schwieg. Was war nur mit ihrer Mutter los? »Wir wissen, wie schwer es dir gefallen ist, Guatemala zu verlassen.«
Jetzt wurde Isabell erst recht misstrauisch. »Ihr habt mich angelogen.« Das durfte nicht wahr sein. »Ihr habt gar kein neues Projekt.«
»Doch, schon. Aber …« Ihre Mutter schwieg so lange, dass Isabell schon fürchtete, Skype hätte den Geist aufgegeben. »Aber wir hätten noch ein oder zwei Jahre hierbleiben können. Aber … es erschien uns zu gefährlich.«
»Ach, Quatsch. Genau das Gleiche muss ich mir ständig anhören.« Isabell stieß einen entnervten Seufzer aus. »Klar gibt es Probleme, aber die haben auch Ursachen und da sind die Deutschen und die Amis nicht schuldlos. Und es wird von Jahr zu Jahr besser.«
»Ich weiß, aber …« Nun seufzte auch Katja Pötter. Isabell spürte plötzlich einen Kloß im Hals und ahnte, dass noch etwas kommen würde. »Manchmal ergeben sich Dinge im Leben, wo man auf mehr Sicherheit achtet …«
»Ich verstehe nur noch Bahnhof.« Beim besten Willen konnte sie sich keinen Reim auf das Gerede ihrer Mutter machen. »Ihr und Sicherheit? Wie passt denn das zusammen?« Außer … Nein. Halt. Das konnte nicht sein, oder? »Du bist doch nicht etwa …?«
»Doch, bin ich.«
Schweigen auf beiden Seiten. Isabell musste die Nachricht erst einmal verdauen und hielt es für besser, den Mund zu halten. »Ja, tja, da muss ich wohl gratulieren, oder?«, sagte sie schließlich. »Aber eines verstehe ich überhaupt nicht: Warum konntet ihr mir das nicht schon in Guate sagen?«
»Ach, Kind …«, begann ihre Mutter, doch Isabell ließ sie nicht ausreden.
»Komm mir bloß nicht mit ›Ach, Kind‹!« Sie erschreckte sich selbst über die Wut in ihrer Stimme. Vor Kurzem noch hatte sie Julia bedauert, weil ihre Eltern ihr so etwas Wichtiges wie eine drohende Pleite verheimlicht hatten. Isabell hätte Wetten abgeschlossen, dass ihre Eltern so etwas niegetan hätten. »Ich … ich brauche jetzt erst mal Zeit, um das zu verdauen. Glückwunsch. Ich melde mich wieder.«
»Isabell. Bitte«, hörte sie ihre Mutter noch, aber sie antwortete nicht mehr.
Mit zitternden Fingern loggte sie sich aus, dann ging sie in die Küche. Den beiden Katzen, die ihr erwartungsvoll entgegensahen, gab sie geistesabwesend Trockenfutter. » A la gran púchica!« – »Verdammter Mist!«
Warum nur war Lina nie da, wenn man sie brauchte? Ob ihre Großmutter davon wusste? War ihre Mutter nicht viel zu alt, um noch ein Kind zu bekommen? Na ja, immerhin verlangte sie nicht von Isabell, die Ersatzmutter zu spielen. Nein, stattdessen hatten ihre Eltern sie lieber weggeschickt. Na prima!
Hallo, hast du Lust auf Tee?, sandte sie eine SMS an Julia. Sie brauchte jetzt jemanden, mit dem sie reden konnte. Und wer wusste schon, wann Lina wieder auftauchen würde?
33
Endlich waren Herbstferien und Julia traf sich nach einer gefühlten Ewigkeit wieder einmal mit Hannah und Bea. Vor Aufregung war sie eine Viertelstunde zu früh bei Starbucks erschienen. Sie hielt sich an ihrem Latte macchiato fest und schaute immer wieder auf die Uhr.
»Sorry, hab keinen Parkplatz gefunden.« Bea beugte sich zu Julia und hauchte zwei Küsschen neben jede Wange in die Luft. Sie warf ihre Handtasche auf den Stuhl und stellte sich ohne größeres Hallo in die Schlange.
Bea. Julia hatte gehofft, dass Hannah als Erste einträfe. Irgendwie hatte sie sich ihr immer ein bisschen näher gefühlt.
Kaum war Bea mit einem großen Cappuccino zurück, ertönte ein schrilles Klingeln aus ihrer Tasche.
»Sorry, mein iPhone. Hat mir ein Witzbold so eingestellt.« Ihre Augen leuchteten und Julia spürte einen
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