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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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will Dylan wissen. Diese Nachricht habe er im Fernsehen gehört. Das Peinliche: Ich will ein »glass of milk« bestellen, obwohl solche Männer – das Grinsen anderer in nächster Nähe hat das mehrmals bestätigt – hierzulande als Milchknaben gelten.
    Wie dem auch sei, ich muss Dylan intensiv bearbeiten, bis er erzählt, von Bingara. Und er erzählt. Doch von den Schandtaten, die einst in der Nähe passierten, redet er nicht. Ansonsten gibt es nicht viel zu vermelden. Vor 170 Jahren fand in der Gegend der letzte Mord statt. Doch, ab und zu wird gerauft und ein bisschen verleumdet. Jeder kennt jeden, »just a nice little town«. Mit der Begabung zur Ironie. Über den Köpfen von mindestens zwanzig Blaubirnen hängt der Hinweis: »Wenn du betrunken bist, werden wir dich auffordern, das Grundstück zu verlassen.« Mit 550 Dollar Strafe, sofort zahlbar, und 5500 Dollar vor Gericht, wenn nicht sofort gezahlt wird.
    Als ich schon abdrehe, kommt Dylan nochmals gelaufen, »something very important« habe er vergessen. Von wegen Kriminalitätsstatistik. Vor Monaten haben Kinder unter einer Brücke Graffiti gesprayt. Was für eine Aufregung, meint er. Manche sahen schon eine Woge von Gräueltaten über Bingara schwappen. Sie kam nicht. Jetzt müssen sie sicher wieder zehn Jahre warten, bis neue Gesetzesbrecher auftauchen.
    Von Eric, dem Wirt, bekomme ich noch was zu lesen, die Beef Week . Das dicke Blatt gibt Auskunft, wann und wo in New South Wales der Rinderzirkus mit der »Leistungsschau« Station macht. Alle Farmer sind eingeladen, die strotzenden Bullen zu bewundern. Und zu kaufen. Starke Worte stehen da, um auf die Topqualität zu verweisen. Wer nicht strotzt, wird »skrupellos ausgesondert«, während die Strotzenden Zertifikate ihrer »Rekord-Vorstellungen« (als Zuchtstier) vorweisen. Dazu jedes Zubehör für ein Bullenleben: Bullenrampen, Bullentransporter, Bullenfutter, Bullenzwinger (um ungefährdet die Hörner absägen zu können). Und überall dazwischen die Portraits der Bullenbesitzer. Man sagt, dass Hund und Herr sich im Laufe der Jahre immer stärker ähneln. Hier ist es nicht anders. Ausnahmslos vitaminglühende, testosterongepufferte Gesichter neben dem glücklichen Rindvieh. Australien birst vor Kraft, ehrfürchtig nimmt man es zur Kenntnis. Auf der letzten Seite wird noch das neue Handy vorgestellt, jenes, das es endlich mit den »Busch-Konditionen« aufnimmt. Träume werden Wirklichkeit.
    Wer sich nicht in Bingara verknallt, dem ist nicht zu helfen. Ein makelloser Morgenhimmel leuchtet auf die Maitland Street, an deren Ende ein Ortsschild mit dem Hinweis steht: »Gem of New England«. Wie großspurig und wahr, ein Edelstein in einer Gegend, die an New England in Amerika erinnert. Und auf der Rückseite können jene lesen, die Bingara verlassen: »Tell your friends!«, aber ja, den Freunden erzählen vom Glück, hier gewesen zu sein.
    Ich will frühstücken und frage nach einem Coffeeshop, vergeblich. Bis jemand eine Idee hat und wissen will, ob ich ein »Cafei« (sic!, mit Betonung auf dem ei ) suche. Auch das sollte ein Fremder lernen: Australian English. So muss Shakespeare geklungen haben, nachdem er von einem Traktor überrollt wurde.
    Eine Stadt wie aus Wildwest, flache Häuser, flache Vordächer über dem Trottoir. The Roxy haben sie hier, ein Kino, das alle drei Wochen aufmacht, einen Plakat-Cowboy, der mit seinen coolen Männeraugen den Horizont absucht, und Bob haben sie auch. Mit seinem riesigen Plunderladen voller Krimskrams aus den letzten drei Jahrhunderten. Ganz oben auf seinem Bücherhaufen – hartnäckig unberührt – liegt David Reubens Bestseller Every woman can! – Love and sexual fulfillment for the single, widow, divorced – and married . Wie erfreulich, dass sogar verheiratete Frauen – wenn sie auch am Ende der Liste stehen – eine Chance haben, erotische Erfüllung zu finden.
    Neben Bob lässt das Beerdigungsinstitut Southern Cross wissen, dass es »Australian owned« ist, fest in australischen Händen. Damit sich der Kunde auch als Toter keine Sorgen zu machen braucht. Drei Schaufenster weiter liegen Strickjacken und Pantoffeln in verknittertem Plastik verschnürt, so unansehbar, dass man nur unter Androhung einer zehnjährigen Gehaltskürzung bereit wäre, sie auszupacken. Zuletzt vor dem

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