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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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Fuß. Ich fahre sofort runter auf zero tolerance . Wäre ich hier Besitzer, ich würde die beiden darauf hinweisen, dass der Karneval vorbei ist und wir uns schon seit Monaten wieder zivilisiert kleiden. Der Aufzug ist eine Beleidigung. Für alle, auch für die Umgebung. Aberwitzig, nein, obszön, wie die Frau jedes Mal die Gesichtswindel hochheben muss, um die Teetasse zum Mund führen zu können. Schöner Mund, schönes Gesicht. Vielleicht ist das der Grund, warum ihr Eigentümer sie versteckt. Jeder Schluck ein Akt der Erniedrigung. Und wer hat Schuld? Natürlich sie, das dumme Weib, das sich erniedrigen lässt, statt dem Wohlgenährten das nächste Stuhlbein über die Dunkelbirne zu brennen. Ich frage mich, was einen solchen Zorn in mir auslöst? Ich denke an die afrikanischen Mamans in Paris, die sich ganz anders kleiden als die Europäerinnen. Weil es ihnen gefällt, weil sie sich so schön finden. Und nicht, weil sie »gottgefällig« sein wollen. Auch sie mit Kopfschmuck, Kopftuch, Turban, aber bunt, aber offen, aber menschenwürdig. Frauen, die zum Reichtum der Welt beitragen, ja nebenbei beweisen, dass es noch andere Einfälle gibt als die von Prada und Dolce & Gabbana.
    Es ist der Zorn über die Macht von Religion, über die Macht, mit der sie Gehirne beschmutzt (nicht wäscht), Zorn über die Narrheit, die hier machtvoll zum Ausdruck kommt. Sicher hat der Herr Gatte gestern abend nochmals im holy book nachgeschaut, um sich, sagen wir, bei Vers 38, Sure 4 zu stärken: »Die Männer sind den Frauen überlegen (...), diejenigen, deren Widerspenstigkeit ihr fürchtet, warnt sie, verbannt sie in die Schlafgemächer, schlagt sie.« Und so sei es. Weil Mohammed, der Analphabet, via Gabriel, dem Erzengel, von Allah, »der Quelle alles Guten« (Al-Barr) und dem »Ehrverteiler« (Al-Mu'izz), »zu Medina geweissagt« bekam, dass man Gattinnen zu Zeiten verprügeln und demütigen muss, sitzt jetzt eine Vogelscheuche neben mir, die eigentlich als Frau geboren wurde, aber als Burka-Kasper ihr Leben hinter sich bringen muss.
    Wie sagte Romain Gary, der französische Schriftsteller: »La plus grande puissance spirituelle de tous les temps, c'est la connerie avec un grand C«, frei übersetzt: Die größte spirituelle Kraft aller Zeiten ist die heilige Dummheit.
    Am nächsten Tag wäre ich um ein Haar Gott in Perth begegnet. Einem richtigen. Denn beim Frühstück lese ich, der reine Zufall, dass Hank B. Marvin seit zwanzig Jahren hier lebt. Hank war vor langer Zeit mein Gottvater, der größte lebende Gitarrist aller Zeiten. Ein Übervater, der allen anderen Göttern – Jeff Beck, Eric Clapton, Mark Knopfler – Schauder der Bewunderung einjagte. Er war der Boss der Shadows , jener Mann, der die Mutter aller Gitarren-Soli komponiert hatte: Apache . Und je talentloser ich es einübte, desto uferloser stieg die Anbetung für einen Mann, der ich nie sein konnte. (Kurze Zeit später hat meine von mir gegründete Band mich fristlos entlassen.) Aber ich blieb Hank treu, eben als Ex-Bandleader und Käufer seiner Platten. Und jetzt sind wir beide in Perth. Das Schicksal ruft.
    Ich mache mich auf die Suche nach Gott. Verzweifelt, denn Hank, der heute 66-Jährige und noch immer Erfolgreiche, hat in dem Interview auch davon gesprochen, dass er inzwischen – jetzt festgurten – ein »Zeuge Jehovas« geworden sei. Und in seiner Freizeit von Tür zu Tür geht und anklopft, »um die frohe Botschaft zu predigen«. Er suchte Antworten, sagte er noch, und jetzt habe er sie gefunden. Ich muss ihn sprechen, jetzt mehr denn je, ich will auch Antworten. Von ihm, dringend.
    Ich führe 57 Telefongespräche, mit Zeitungen, mit Labels, mit Zeugen Jehovas, streiche durch die Cafés des Viertels, dessen Name (Leederville) als einziger Hinweis in dem Bericht erwähnt wurde, gehe ins dortige Rathaus, keiner weiß was, keiner rückt eine Information heraus. Doch einer, im Café 130 erbarmt sich ein Kellner, sagt, dass ein Freund von ihm » the expert of music and music business« sei, er wird ihn anrufen, ich soll in einer Stunde wiederkommen. Nach fünfzig Minuten bin ich zurück und bekomme die Adresse der DJ -Factory , des Musikladens, wo Experte Sam Pizzata regiert.
    Und Sam, enger Freund von Hank, verspricht, ihn zu kontaktieren und ihm von mir zu erzählen, dem Anbeter

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