Im Land der weissen Rose
gezügelt hatte, dass sein
Leihpferd mit ihr Schritt hielt. Offensichtlich kannte Gwyn das
Zuchtprogramm von Kiward Station in und auswendig, gab detaillierte
Angaben zur Abstammung der jeweiligen Tiere und kommentierte Fehler
und Erfolge der Zucht.
»Wir züchten nach wie vor reine Welsh Mountains und
kreuzen sie mit Cheviots – das gibt die perfekte Mischung.
Beides ist Down Type. Bei Welsh Mountains kann man 36 bis 48 Stränge
aus einem Pfund Rohwolle spinnen, bei Cheviots 48 bis 56. Das ergänzt
sich. Die Wollqualität ist gleichmäßig, während
es nicht so ideal ist, mit Merinos zu arbeiten. Das sagen wir den
Leuten auch immer, die reinrassige Welsh Mountains haben wollen, aber
die meisten halten sich für klüger. Merinos liefern ›Fine
Wool‹, das gibt 60 bis 70 Stränge aus einem Pfund. Sehr
schön, aber reinrassig kann man sie hier nicht züchten,
dafür sind sie nicht robust genug. Und kombiniert mit anderen
Rassen gibt es kein gleichmäßiges Ergebnis.«
George verstand von all dem nur die Hälfte, war aber
ausreichend beeindruckt – erst recht, als sie glücklich
die Ausläufer des Hochlands erreichten, wo die jungen Widder
frei weideten. Gwyneiras junge Hütehunde trieben die Herde
zunächst zusammen, separierten dann die beiden verkauften Tiere
– die Gwyneira auf Anhieb erkannte – und geleiteten sie
gelassen zu Tal. Gwyn verhielt ihre Stute und ritt im Tempo der
Schafe mit. George nutzte die Gelegenheit, endlich vom Thema »Schafe«
wegzukommen und eine Frage zu stellen, die ihm viel brennender am
Herzen lag.
»In Christchurch sagte man mir, Sie kennen Helen O’Keefe
...«, erkundigte er sich vorsichtig – und hatte gleich
darauf eine weitere Verabredung mit der Herrin von Kiward Station. Er
würde Gerald sagen, dass er am nächsten Tag nach Haldon
reiten wollte, und Gwyneira würde ihn ein Stück des Weges
begleiten, um Fleur in Helens Schule zu bringen. Tatsächlich
würde er ihr bis zur Farm der O’Keefes folgen.
George klopfte das Herz bis zum Hals.Morgen würde er sie
wiedersehen!
Â
3
Hätte Helen ihr Dasein in den letzten Jahren beschreiben
müssen – ehrlich und ohne die Beschönigungen, mit
denen sie sich tröstete und die Leser ihrer Briefe nach England
hoffentlich beeindruckte –, hätte sie das Wort »Überleben«
gewählt.
Während Howards Farm bei ihrerAnkunft noch ein
vielversprechendes Unternehmen zu sein schien, ging es seit Rubens
Geburt immer weiter bergab. Die Anzahl der Zuchtschafe nahm zwar zu,
die Qualität der Wolle aberschien eher schlechter zu werden, die
Verluste im Frühjahr waren erdrückend.Außerdem
versuchte Howard sich in Hinblick auf Geralds erfolgreiche Vorstöße
seit einiger Zeit mit der Rinderzucht.
»Ein Wahnsinn!«, wie Gwyneira es Helen gegenüber
kommentierte. »Rinder brauchen ein Mehrfaches an Gras und
Winterfutter als Schafe«, erklärte sie. »Auf Kiward
Station ist das kein Problem. Selbst mit dem Land, das jetzt schon
gerodet ist, könnten wir fast die doppelte Anzahl Schafe
ernähren.Aber euer Land ist karg, es liegt ja auch viel höher.
Da wächst nicht so viel, ihr kriegt ja schon die Schafe kaum
satt. Und dann erst Rinder! Das ist hoffnungslos.Man könnte es
mit Ziegen versuchen.Aber das Beste wäre, all das Viehzeug
abzustoßen, das ihr da herumlaufen habt, und mit ein paar guten
Schafen neu anzufangen. Qualität, nicht Quantität!«
Helen, für die Schaf bislang gleich Schaf gewesen war, musste
sich Vorträge über Rassen und Kreuzungen anhören, und
während sie am Anfang eher gelangweilt war, hörte sie
schließlich immer aufmerksamer zu, je öfter Gwyneira
dozierte. Wenn man ihrer Freundin glauben dürfte, war Howard
beim Ankauf seiner Schafe auf ziemlich dubiose Viehhändler
hereingefallen – oder hatte einfach kein Geld ausgeben wollen.
Auf jeden Fall waren seine Tiere wilde Mischungen, eine gleichmäßige
Wollqualität war nicht zu erreichen. Egal, wie sorgfältig
man Futterauswahl und Weideführung gestaltete.
»Das siehst du doch schon an den Farben, Helen!«,
erklärte Gwyneira. »Die sehen alle unterschiedlich aus.
Unsere dagegen ähneln sich wie ein Ei dem anderen. So muss das
sein, dann kannst du große Kontingente qualitativ guter Wolle
verkaufen und kriegst einen guten
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