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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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hatte die Kühe
gemolken, Ruben die Eier eingesammelt, und gleich würden die
Maori-Kinder zur Schule kommen. Helen hoffte auch auf einen Besuch
von Gwyneira. Fleurette würde quengeln, wenn sie wieder nicht
zur Schule durfte – eigentlich war sie noch viel zu klein, doch
sie brannte darauf, Lesen zu lernen und beim Vorlesen nicht mehr auf
die mangelnde Geduld ihrer Mutter angewiesen zu sein. Ihr Vater war
da zwar langmütiger, doch seine Bücher gefielen Fleur
nicht. Sie mochte nichts von braven kleinen Mädchen hören,
die verarmten und ins Unglück gerieten und dann nur durch Glück
oder Zufall irgendwie wieder herauskamen. Sie hätte den
ekelhaften Stiefmüttern, Pflegeeltern oder Hexen wahrscheinlich
eher das Haus angezündet als die Kamine befeuert! Lieber las sie
von Robin Hood und seinen Mannen oder ging mit Gulliver auf Reisen.
Helen lächelte bei dem Gedanken an den kleinen Wirbelwind. Kaum
zu glauben, dass der stille Lucas Warden ihr Vater war.
    George Greenwood hatte Seitenstechen vom schnellen Traben.
Gwyneira hatte sich diesmal dem Gebot der Schicklichkeit gebeugt und
ihr Pferd anspannen lassen. Die elegante Stute Igraine zog den
Zweisitzer mit Elan; sie hätte jedes Kutschenrennen gewinnen
können. Georges Mietpferd kam zum Teil nur im Galopp mit, mühte
sich meist aber nach Kräften und schüttelte George dabei
ziemlich durch. Obendrein war Gwyneira zum Plaudern aufgelegt und
verriet vieles über Howard und Helen O’Keefe, das George
brennend interessierte. Deshalb versuchte er mitzuhalten, auch wenn
ihm alles wehtat.
    Kurz vor Erreichen der Farm zügelte Gwyn allerdings ihr
Pferd. Schließlich wollte sie keins der Maori-Kinder
überfahren, die zur Schule kamen. Und auch dem kleinen
Wegelagerer, der ihnen gleich nach der Flussdurchquerung auflauerte,
durfte nichts passieren. Gwyneira schien mit so etwas gerechnet zu
haben, aber George war regelrecht erschrocken, als der dunkelhaarige
kleine Junge, das Gesicht mit grüner Farbe bemalt und Pfeil und
Bogen in der Hand, aus dem Unterholz sprang.
    Â»Halt! Was macht Ihr in meinen Wäldern? Nennt Euren
Namen und Euer Begehr!«
    Gwyneira lachte. »Aber Ihr kennt mich doch, Master Robin!«,
erklärte sie. »Schaut mich an! Bin ich nicht die
Anstandsdame von Lady Fleurette, der Dame Eures Herzens?«
    Â»Stimmt doch gar nicht! Ich bin Little John!«, krähte
Fleur. »Und das ist ein Bote der Königin!« Sie wies
auf George. »Der kommt aus London!«
    Â»Schickt Euch unser guter König Löwenherz? Oder
kommt Ihr von John, dem Verräter?«, erkundigte Ruben sich
argwöhnisch. »Womöglich Königin Eleanor mit dem
Schatz zu des Königs Befreiung?«
    Â»Genau!«, sagte George gewichtig. Der Kleine war zu
putzig in seiner Räuberverkleidung und seiner ernsthaften
Wortwahl. »Und ich muss heute noch weiter ins Heilige
Land.Also, wollt Ihr uns jetzt durchlassen? Sir ...«
    Â»Ruben!«, erklärte der Kleine. »Ruben Hood,
zu Euren Diensten!«
    Fleur sprang vom Wagen.
    Â»Er hat gar keinen Schatz!«, petzte sie. »Er
will nur deine Mummy besuchen.Aber aus London kommt er wirklich!«
    Gwyneira fuhr wieder an. Die Kinder würden die Farm wohl auch
allein finden. »Das war Ruben«, erklärte sie George.
»Helens Sohn. Ein aufgewecktes Kind, nicht wahr?«
    George nickte. Was das angeht, hat sie es richtig gemacht, ging es
ihm durch den Kopf. Er hatte wieder jenen endlos langweiligen
Nachmittag mit seinem hoffnungslosen Bruder William vor Augen, an dem
Helen ihren Entschluss fasste. Bevor er aber noch etwas sagen konnte,
kam jetzt die Farm der O’Keefes in Sicht. George war bei ihrem
Anblick genauso entsetzt, wie Helen sechs Jahre zuvor. Zumal die
Hütte jetzt nicht mehr neu war wie damals, sondern erste Zeichen
der Verwahrlosung zeigte.
    Â»So hat sie es sich nicht vorgestellt«, sagte er
leise.
    Gwyneira hielt ihren Dogcart vor der Farm an und schirrte die
Stute aus. George hatte derweil Zeit, sich umzusehen, und
registrierte die kleinen, spärlich ausgestreuten Ställe,
die mageren Kühe und das Maultier, das seine besten Jahre längst
hinter sich hatte. Er sah den Brunnen im Hof – Helen musste ihr
Wasser offensichtlich noch eimerweise ins Haus tragen – und den
Hauklotz für das Feuerholz. Ob der Herr des Hauses hier
wenigstens selbst für Nachschub sorgte? Oder musste Helen zur
Axt greifen,

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