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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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wie
Kiward Station gewohnt. Seine Familie und sein Stamm – auch
Marama – verstanden das nicht, doch Tonga fühlte sich
betrogen.
    Â»Ich sag Miss Helen, dass du geschwänzt hast!«,
rief er seinem Erzfeind jetzt hinterher, während Paul davon
trabte. Doch der Junge lachte nur darüber. Tonga knirschte
zornig mit den Zähnen. Wahrscheinlich würde er nicht
wirklich petzen. Es stand einem Häuptlingssohn nicht an, sich
zum Verräter zu erniedrigen. Die relativ geringe Strafe, die
Paul erhalten hätte,stand in keinem Verhältnis dazu.
    Â»Wo warst du denn?«, fragte Marama mit ihrer singenden
Stimme, als die Reiter sich ausreichend weit von Tonga entfernt
hatten. »Miss Helen hat dich gesucht.«
    Â»Ich hab Geheimnisse aufgedeckt!«, erklärte Paul
wichtig. »Du glaubst nicht, was ich herausgefunden habe!«
    Â»Hast du einen Schatz gefunden?«, fragte Marama sanft.
Es hörte sich nicht so an, als wäre ihr die Sache besonders
wichtig. Wie die meisten Maoris machte sie sich nicht viel aus den
Dingen, die pakeha als wertvoll erachteten. Hätte man Marama
einen Goldbarren und einen Jadestein hingehalten, hätte sie sich
wahrscheinlich für Letzteren entschieden.
    Â»Nein, sag ich doch, ein Geheimnis! Um Ruben und Fleur. Die
treiben es miteinander!« Paul wartete Beifall heischend auf
Maramas Reaktion. Die fiel allerdings sparsam aus.
    Â»Ach, das weiß ich doch, dass die sich lieben! Das
weiß jeder!«, behauptete Marama gelassen. Wahrscheinlich
betrachtete sie es als ganz selbstverständlich, dass die beiden
ihren Gefühlen auch Taten folgen ließen. Bei den Stämmen
herrschte eine sehr lockere Sexualmoral. Solange ein Paar sich unter
Ausschluss der Öffentlichkeit liebte, beachtete man es einfach
nicht. Bereiteten die beiden sich allerdings ein gemeinsames Lager im
Gemeinschaftshaus, galt eine Ehe als geschlossen. Das verlief
gänzlich unspektakulär und meist ohne größere
Vorverhandlungen der Eltern.Auch große Feste zur Feier einer
Hochzeit waren eher unüblich.
    Â»Aber sie können nicht heiraten!«, trumpfte Paul
auf. »Weil es eine alte Fehde zwischen meinem Großvater
und Rubens Vater gibt.«
    Marama lachte. »Aber es heiraten doch nicht Mr. Gerald und
Mr. Howard, sondern Ruben und Fleur!«
    Paul schnaubte. »Du verstehst das nicht! Hier geht es um
Familienehre! Fleur verrät ihre Ahnen...«
    Marama runzelte die Stirn. »Was haben denn die Ahnen damit
zu tun? Die Ahnen wachen über uns, die wollen unser Bestes. Man
kann sie nicht verraten. Glaub ich wenigstens. Jedenfalls habe ich
noch nie davon gehört.Außerdem ist noch gar nicht von
Hochzeit die Rede.«
    Â»Aber bald!«, erklärte Paul gehässig.
»Sobald ich Großvater von Fleur und Ruben erzählt
habe, wird sehr schnell von all dem die Rede sein! Das kannst du mir
glauben!«
    Marama seufzte. Sie hoffte, dann nicht im großen Haus zu
sein, denn sie hatte immer ein wenig Angst, wenn Mr. Gerald
herumpolterte. Miss Gwyn mochte sie gern und Fleur eigentlich auch.
Sie verstand nicht, was Paul gegen sie hatte.Aber Mr. Gerald...
Marama beschloss, gleich in die Siedlung zu gehen und dort beim
Kochen zu helfen, statt ihrer Mutter auf Kiward Station zur Hand zu
gehen. Vielleicht konnte sie ja wenigstens Tonga besänftigen.
Der hatte sie vorhin so wütend angesehen, als sie zu Paul aufs
Pferd geklettert war.Und Marama hasste es, wenn jemand ihr böse
war.
    Gwyneira erwartete ihren Sohn im Empfangszimmer, das sie
inzwischen zu einer Art Büro umfunktioniert hatte. Schließlich
gaben hier ohnehin niemals Gäste Visitenkarten ab, um dann die
Benachrichtigung der Familie beim Tee zu erwarten.Also konnte sieden
Raum auch anderweitig nutzen. Große Angst vor den Reaktionen
ihres Schwiegervaters hatte sie dabei nicht mehr. Gerald ließ
ihr mittlerweile bei fast allen Entscheidungen, die das Haus
betrafen, freie Hand und erhob auch selten Einwände, wenn sie
sich in die Angelegenheiten der Farm einmischte. Nun arbeiteten die
beiden auch auf diesem Gebiet gut zusammen. Sowohl Gerald als auch
Gwyneira waren geborene Farmer und Viehzüchter, und nachdem
Gerald vor einigen Jahren auch Rinder angeschafft hatte,
kristallisierten sich immer mehr klare Zuständigkeiten heraus:
Gerald kümmerte sich um die Longhorns, Gwyneira beaufsichtigte
die Schaf- und Pferdezucht. Letzteres war im Grunde die größere
Aufgabe,

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