Im Land der weissen Rose
riechen. Bei Vögeln
ist das eine Seltenheit!«
McKenzie begleitete Gwyneira in letzter Zeit häufig bei ihren
Ritten über Land. Wie erwartet hatte sie sich bei den
Viehtreibern rasch Respekt verschafft. Schon ihre erste Demonstration
von Cleos Fähigkeiten beim Viehtrieb begeisterte die Männer.
»Meine Seel, dieser Hund erspart ja zwei Treiber!«,
wunderte sich Poker und ließ sich tatsächlich dazu herab,
Cleo anerkennend den Kopf zu tätscheln. »Werden die
Kleinen auch so?«
Gerald Warden betraute jeden der Männer mit der Ausbildung
eines der neuen Sheepdogs. Sicher war es besser, wenn das Tier gleich
mit dem Mann lernte, der es dann auch führen sollte. In der
Praxis erledigte allerdings fast nur McKenzie die Arbeit mit den
Junghunden, höchstens noch unterstützt von McAran und dem
jungen Hardy. Den anderen Männern war es zu langweilig, die
Befehle immer wieder durchzugehen;außerdem betrachteten sie es
als überflüssig, die Schafe nur zur Übung für die
Sheepdogs hereinzuholen.
McKenzie dagegen zeigte Interesse und ein ausgesprochenes Talent
für den Umgang mit Tieren. Unter seiner Anleitung kam der junge
Daimon bald an Cleos Leistungen heran. Gwyneira beaufsichtigte die
Übungen, auch wenn Lucas es missbilligte. Gerald jedoch ließ
sie gewähren. Er wusste, dass die Hunde dadurch täglich an
Wert und Nutzen für die Farm gewannen.
»Vielleicht können Sie anlässlich der Hochzeit
eine kleine Vorführung machen, McKenzie«, sagte Gerald
zufrieden, nachdem er Cleo und Daimon wieder einmal in Aktion gesehen
hatte. »Das wird die meisten Besucher interessieren ... ach
was, die anderen Farmer werden umkommen vor Neid, wenn sie das
sehen!«
»Im Brautkleid kann ich den Hund aber nicht gut vorführen!«,
sagte Gwyneira lachend. Sie genoss das Lob, hatte sie im Haus doch
immer wieder das Gefühl, hoffnungslos unfähig zu sein. Bis
jetzt galt sie zwar noch als Gast, doch es war bereits absehbar, dass
man ihr als Herrin auf Kiward Station genau das abfordern würde,
was sie auch schon auf Silkham Manor gehasst hatte: die Führung
eines großen, herrschaftlichen Hauses mit Dienstboten und allem
Drum und Dran. Hier kam noch hinzu, dass keiner der Angestellten auch
nur halbwegs gut geschult war. In England konnte man mangelnde
Organisationsgabe überspielen, indem man fähige Butler oder
Hausdamen einstellte, beim Personal nicht mit dem Penny rechnete und
nur Leute mit erstklassigen Referenzen ins Haus holte. Dann lief der
Haushalt fast von allein. Hier dagegen wurde von Gwyneira erwartet,
dass sie die Maori-Dienerschaft anlernte, und dazu fehlte es ihr an
Begeisterung und Ãœberzeugungskraft.
»Warum putzen Silber jede Tag?«, stellte
beispielsweise Moana eine für Gwyn durchaus logische Frage.
»Weil es sonst anläuft«, antwortete Gwyn. So weit
kam sie immerhin noch.
»Aber warum nehmen Eisen, die verfärbt sich?«
Moana drehte das Silber unglücklich in der Hand. »Nehmen
Holz! Ist einfach, abspülen, sauber!« Das Mädchen
blickte Gwyneira Beifall heischend an.
»Holz ist nicht ... geschmacksneutral«, erinnerte Gwyn
sich an eine Antwort ihrer Mutter. »Und es wird unansehnlich,
wenn man es ein paar Mal benutzt hat.«
Moana zuckte die Schultern. »Dann einfach schnitzen neue
Besteck. Geht leicht, kann ich zeigen Miss!«
Das Schnitzen war eine Kunst, die Neuseelands Ureinwohner sehr gut
beherrschten. Gwyneira hatte vor kurzem das Maori-Dorf ausgemacht,
das zu Kiward Station gehörte. Es war nicht weit weg, lag aber
versteckt hinter Felsen und einem Wäldchen auf der anderen Seite
des Sees. Gwyneira hätte es wahrscheinlich nie gefunden, wären
ihr nicht Frauen beim Wäschewaschen aufgefallen,sowie eine Horde
fast nackter Kinder,die im See badeten. Bei Gwyneiras Anblick zogen
sich die kleinen braunen Leute scheu zurück, doch beim nächsten
Ausritt verteilte sie Zuckerzeug an die Nackedeis und gewann damit
ihr Zutrauen. Die Frauen luden sie daraufhin gestenreich in ihr Lager
ein, und Gwyn bewunderte ihre Schlafhäuser und Grillplätze
und vor allem das reich mit Schnitzereien geschmückte
Versammlungshaus.
Allmählich verstand sie auch die ersten Brocken Maori.
Kia ora hieß Guten Tag. Tane hieß der Mann, wahine die
Frau. Sie erfuhr, dass man nicht »Danke«, sagte, sondern
sich durch Taten dankbar erwies, und dass Maoris sich zur
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