Im Land des Eukalyptusbaums Roman
flüsterte sie.
»Ich würde ihr gern einen setzen«, sagte Wade. Dann wandte er sich zu Galen. Seine Gefühle überwältigten ihn, so daß er kaum ein Wort herausbrachte. »W-wenn ... natürlich nur, wenn Sie einverstanden sind, versteht sich ...«
Galen nickte stumm.
Aus einem der Zimmer der oberen Etage schleppten Galen und Hank ein Bett nach unten und stellten es in die Bibliothek. Sie bestanden darauf, daß Wade sich erst einmal zum Ausruhen hinlegte. Noch immer hatte er fürchterliche Schmerzen, deshalb widersetzte er sich auch nicht. Nola ging, um nach Shannon zu sehen und stellte zu ihrer Beruhigung fest, daß sie fest schlief. Es war ein schwerer Tag für sie gewesen, und Nola vermutete, daß sie erst in ein paar Stunden wieder aufwachen würde.
Galen und Hank kehrten wieder zur Herde zurück, und Nola ging in der Hütte umher, den Schaden begutachtend. Das Feuer hatte furchtbar gewütet. Die Küche war schwarz von Ruß, und im Dach klaffte ein großes Loch. Hier konnten sie unter diesen Umständen wirklich nicht mehr wohnen. Ob es sich überhaupt lohnte, die Hütte wiederherzustellen, vermochte Nola nicht zu sagen. Wenigstens waren die Lebensmittelkonserven, die sie angeschafft hatte, unversehrt, Butter, Käse und Reis waren allerdings ein für allemal dahin.
Nie zuvor war Nola, als sie jetzt ziellos über das Grundstück streifte, dankbarer für das unablässig schöne Wetter im Outback gewesen. Es war angenehm, allein zu sein und über alles nachdenken zu können. So vieles war geschehen, und obwohl sie es vor den anderen nie zugegeben hätte, es hatte sie in ihren Grundfesten erschüttert.
Nola wanderte zu den Ställen, beugte sich über das Gatter im Hof. Eine Zeitlang hatte sie so dagestanden, als sich ihr plötzlich eine Hand auf die Schulter legte. Sie drehte sich um und sah einen struppigen Jungen vor sich, einen Aborigine, nicht viel älter als Heath, der sich hinter den Zaun duckte. Offenbar wollte er nicht, daß ihn außer Nola irgendwer bemerkte.
»Lady kommen, wir in Not!« zischte er. »Lady kommen, wir in Not!« Diese Worte stieß er immer wieder hervor, als hätte er sie wie ein Papagei auswendig gelernt. Nola zögerte. Nach allem, was sie hinter sich hatte, war sie ziemlich mit den Nerven fertig.
»Jardijardi sagen, Lady kommen!«
»Jack! Hat Jack ... ist Jardijardi in Not?«
Nola wollte ins Haus eilen, aber der Junge zupfte sie am Ärmel. »Lady kommen!« drängte er.
Sie wollte Hilfe holen, aber Galen und Hank waren zur Herde unterwegs und Wade gesundheitlich nicht imstande, ihr Beistand zu leisten. Sie glaubte, Jack wäre ebenfalls draußen bei der Herde, aber wenn, dann waren auch die neuen Farmarbeiter bei ihm. Wo konnte er sein, und weshalb ließ er sie holen?
»Ich muß jemandem sagen, daß ich weg bin«, erklärte sie. Dann fiel ihr ein, wie töricht das war, denn der Junge konnte sie doch nicht verstehen.
Wieder griff er nach ihrem Ärmel, zog sie heftig weiter vom Gatter weg.
Nola blieb nichts übrig, als dem Jungen zu folgen. Er ließ sie gerade noch Shannons Pony aufzäumen, und ohne Sattel ritt sie dem Jungen nach, der im Eiltempo zu Fuß vor ihr herrannte.
Nach einer Weile wurde Nola klar, daß der Junge keineswegs das Viehcamp ansteuerte, sondern dorthin lief, wo der Wana-Mara-Stamm sein verstecktes Lager hatte. Daraus ließ sich nur schließen, daß Jack vermutlich dorthin zurückgekehrt und ihm irgendetwas zugestoßen war. Oder hatte das kranke Kind einen neuen Hustenanfall? Aber was immer sie erwarten mochte, bei aller Ungewißheit konnte sie die Laufkünste des Jungen nur bewundern. Selbst mit dem Pony gelang es ihr kaum, Schritt zu halten, und doch zeigte er keinerlei Anzeichen von Erschöpfung.
Im Lager der Aborigines hielt Nola nach Jack Ausschau, konnte ihn aber nirgends entdecken. Der Junge winkte sie in die Behausung, wo sie das kranke Kind besucht hatte, und dort sah sie die Mutter, die offenbar in den Wehen lag. Sie war eine so zierliche Person, daß Nola neulich ihre Schwangerschaft gar nicht bemerkt hatte; bei Tageslicht wirkte sie überdies viel jünger. Ohne Jack als Übersetzer wußte Nola nicht, was von ihr erwartet wurde.
Die Frau war völlig verängstigt und schien große Schmerzen zu haben. Obwohl sie versuchte, sich zusammenzureißen, war offensichtlich etwas nicht in Ordnung. Schlimmer noch, sie starrte Nola aus großen Augen an, als erwarte sie ein weiteres ›Wunder‹ von ihr.
Nola kniete sich neben sie und tastete nach
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