Im Land des Eukalyptusbaums Roman
was damals vorgefallen ist, kann ich wenigstens begreifen, weshalb er sich so verhält.«
»Besser, ich hätte Ihnen rechtzeitig von Ellen erzählt. Das hätte Sie wenigstens vorgewarnt.«
»Was geschehen ist, ist geschehen. Wir wollen nicht mehr daran denken und uns lieber darauf konzentieren, daß er wieder gesund wird – wenigstens körperlich.«
Vom Erdgeschoß her hörten sie plötzlich einen schmerzerfüllten Schrei. Beide sprangen auf und rannten hinunter. Unten trafen sie Hank neben Wade stehend, der sich vor Schmerzen krümmte.
»Was ist los?« wollte Galen wissen.
»Ich habe ihm die Schulter wieder eingerenkt«, erklärte Hank.
»Weißt du denn, wie man so etwas macht?« fragte Nola.
»Keine Sorge. Ich hab’ das schon oft machen müssen. Mein Bruder hatte eine empfindliche Schulter. Leider wird es eine Zeitlang dauern, bis der Schmerz nachläßt.«
Im Schulhaus bettete Nola Shannon in ihr eigenes Bett und zog das Moskitonetz um sie herum. In kürzester Zeit schlief die Kleine tief und fest. Als Nola zum Haupthaus zurückkehrte und in Langfords Zimmer kam, traf sie Wade zu Füßen des Krankenlagers an.
»Wird er wieder auf die Beine kommen?« erkundigte sich Wade bei ihr.
»Zweifellos. Aber wenn er aufwacht, wird er wieder der alte Griesgram sein wie zuvor, besonders wenn er mich als Krankenpflegerin vor sich sieht. Abgesehen davon wird die Zeit wohl alle körperlichen Wunden heilen. Was seinen Verstand betrifft, bin ich allerdings nicht ganz so sicher.«
Wade nickte. Gemeinsam gingen sie ins Treppenhaus und setzten sich auf die oberste Stufe.
»Warum erklären Sie mir nicht endlich, was damals vorgefallen ist?« forderte Nola ihn auf.
Wade senkte den Kopf. »Das ist keine schöne Geschichte, Nola, und ich bin gar nicht stolz darauf, sie zu erzählen.« Er seufzte rauh und starrte ins Leere, ganz ähnlich wie Langford vor einer knappen Stunde.
»Nehmen Sie sich Zeit! Fangen Sie einfach damit an, mir zu erzählen, was Sie eigentlich gerade heute hierher geführt hat ...«
»Ich wollte Ihnen das Geld zurückgeben«, murmelte er und zog ein Bündel Scheine aus der Hosentasche.
»Aber wieso? Sie haben es sich redlich verdient! Ich war froh, daß ich es Ihnen geben konnte. Das Grundwasser, das Sie entdeckt haben, hat die Herde gerettet.«
Nola wartete geduldig, bis er seinen Bericht begann. Sie selbst war völlig verwirrt. Sie brauchte dringend jemanden, der ihr half, ihre Gedanken zu ordnen! Langford Reinhart lag bewußtlos in seinem Zimmer. Emilys Verschwinden war ein geheimnisvolles Dunkel. Langfords Frau hatte offenbar versucht, mit Wade davonzulaufen. Was war aus ihr geworden, und was war mit dem Kind, das sie unter dem Herzen trug? All das war viel zu kompliziert, um es zu begreifen. Wie Einzelteile eines Puzzles, die sich nicht zusammenfügen ließen.
»Es ist über vierzehn Jahre her, daß ich zum ersten Mal auf Reinhart war. Ich hatte Langford im Julia-Creek-Hotel kennengelernt, und er bat mich, auf seiner Farm nach Wasser zu suchen. In jenen Tagen hatte ich noch alle Hände voll zu tun. Ich versprach mit meiner Wünschelrute zu kommen, sobald ich Zeit hätte. Fast ein Monat verstrich, bis ich einen freien Nachmittag fand. Zum Anwesen ging ich erst gar nicht, denn Langford hatte mir erzählt, daß er mit einer Herde nach Süden unterwegs sein würde. Ich wußte nicht mal, daß er verheiratet war.« Er hielt inne, und seine Gedanken wanderten weit zurück. Die Erinnerung ließ seine Züge weich werden.
»Eines Tages ritt Ellen aus, und wir begegneten uns. Langford war schon seit über drei Wochen weg, wie sie sagte. Ich merkte sofort, wie einsam sie war. Ellen Reinhart war eine Schönheit, und ich muß gestehen, daß sie es mir auf der Stelle angetan hatte. Daß es nicht recht war, wußte ich nur zu gut, und ich verbarg meine Gefühle.Eine Zeitlang redete ich mir ein, ich empfände nichts als Freundschaft für sie, aber es fiel mir immer schwerer, denn sie kam nun jeden Tag heraus, um mich zu treffen. Ich fing an, absichtlich Fehler zu machen, um anderntags wiederzukommen. Ich fand Wasser neben einem ausgedörrten Flußbett nicht weit vom Haus und nahm mir unendlich viel Zeit mit dem Graben und dem Zusammenbau der Pumpe, der Mühle, des Wassertanks ...« Wieder seufzte er, und Nola spürte, wie sehr er sich schämte.
»Als Langford einige Wochen später schließlich zurückkam, konnten wir unser Verliebtsein nicht länger voreinander verheimlichen. Anfangs merkte Langford nichts. Er
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